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Eisingen/Altertheim/Iphofen
Wasserschutz kontra Gipsabbau? Hitzige Debatte zwischen Konzern Knauf, Umweltschützern und Bürgern in Eisingen
Die Bergbau-Pläne sind groß, doch Knauf-Ingenieure versprechen Sicherheit für Würzburgs Trinkwasser. Bei einem SPD-Infoabend aber können sie nicht alle Ängste ausräumen.
Wasserschützer und Knauf in hitziger Debatte: In Eisingen (Lkr. Würzburg) diskutierten Bürgerinnen und Bürger auf Einladung der SPD mit Vertretern der Firma Knauf über das geplante Gipsbergwerk in der Altertheimer Mulde.
Foto: Silvia Gralla | Wasserschützer und Knauf in hitziger Debatte: In Eisingen (Lkr. Würzburg) diskutierten Bürgerinnen und Bürger auf Einladung der SPD mit Vertretern der Firma Knauf über das geplante Gipsbergwerk in der Altertheimer Mulde.
Angelika Kleinhenz
 |  aktualisiert: 25.04.2024 02:48 Uhr

"Es geht um unser Wasser!" - so emotional wie der Titel der Veranstaltung, so emotional war auch die Diskussion zwischen Vertretern der Firma Knauf, Wasser- und Umweltschützern und besorgten Bürgerinnen und Bürgern. Die SPD hatte am Freitag zu einem Infoabend nach Eisingen (Lkr. Würzburg) geladen. Thema: das Gipsbergwerk, das das Unternehmen Knauf aus Iphofen (Lkr. Kitzingen) in der Altertheimer Mulde im geplanten Trinkwasserschutzgebiet der Würzburger Zeller Quellen errichten will.

Etwa 80 Interessierte aus Eisingen, Altertheim, Kist, Zell am Main und weiteren Landkreisgemeinden waren gekommen. Er freue sich, dass eine SPD-Veranstaltung so gut besucht sei, scherzte Knaufs Bergbauingenieur Jakob Herrmann eingangs. Doch je länger der Abend, desto angestrengter die Miene des Knauf-Vertreters.

Nach drei Stunden Diskussion bringt es der Moderator des Abends, der Ochsenfurter SPD-Landtagsabgeordnete Volkmar Halbleib, auf den Punkt: "Die Frage ist doch, wie viel Risiko sind wir bereit zu tragen, wenn es um die zentrale Trinkwasserversorgung der Stadt Würzburg geht?" 

Ingenieure von Knauf: Risiko beherrschbar

"Wir machen das Risiko beherrschbar", versichern die Knauf-Ingenieure Jakob Herrmann und Jonas Heinzler. Es gebe 19 Erkundungsbohrungen und 17 Grundwassermessstellen rund um Altertheim, eine Tochterfirma des TÜV Nord erstelle aktuell ein Gutachten, dazu kämen neueste Bergbau-Technik sowie die Erfahrung, die Knauf mit Bergwerken mit geologisch ähnlichem Untergrund gesammelt habe. Das Unternehmen hafte für jegliche Schäden - auch für die Zeit nach dem Abbau, wenn der Gips aus der Erde geholt ist.

Knauf-Ingenieur Jonas Heinzler sagt, Knauf habe Erfahrungen mit Bergwerken mit ähnlichen geologischen Verhältnissen - zum Beispiel in Russland.
Foto: Silvia Gralla | Knauf-Ingenieur Jonas Heinzler sagt, Knauf habe Erfahrungen mit Bergwerken mit ähnlichen geologischen Verhältnissen - zum Beispiel in Russland.
 Knauf-Ingenieur Jakob Herrmann sagt: 'Wir machen das Risiko fürs Wasser beherrschbar.'
Foto: Silvia Gralla |  Knauf-Ingenieur Jakob Herrmann sagt: "Wir machen das Risiko fürs Wasser beherrschbar."

"Wir brauchen im Zweifel kein Geld, sondern Wasser", kontert Norbert Herrmann vom Bund Naturschutz in Zell am Main. Die Grundwasserneubildung in Unterfranken sei seit 20 Jahren rückläufig. Das Wasser aus den Zeller Quellen, das seit 100 Jahren die Hälfte der Bevölkerung der Stadt Würzburg versorgt, sei ein "Schatz, den es angesichts des Klimawandels zu bewahren gilt", meint Christiane Dehmer.

"Trinkwasserschutz ist nicht nur für Sie wichtig, sondern auch für uns", entgegnet Marco Pabstmann, technischer Leiter der Knauf-Gruppe für Zentraleuropa. Knauf investiere aktuell mehr als 250 Millionen Euro in die Standorte in der Region. 

Knauf-Versprechen: Lagerstätte bleibt zur Hälfte stehen, keine Chemikalien

Der Gips, den Knauf in der Altertheimer Mulde abbauen will, liegt neun Meter unter dem zentralen Grundwasserleiter, aus dem sich Würzburgs Trinkwasser speist. Das Bergwerk werde stabil gebaut, sagt Pabstmann: Die Hälfte der Gips-Lagerstätte soll stehen bleiben, Chemikalien oder Wasser sollen nicht zum Einsatz kommen.

Marco Pabstmann, Direktor Technik der Knauf-Gruppe für Zentraleuropa, sagt: 'Trinkwasser ist nicht nur für Sie wichtig, sondern auch für uns.'
Foto: Silvia Gralla | Marco Pabstmann, Direktor Technik der Knauf-Gruppe für Zentraleuropa, sagt: "Trinkwasser ist nicht nur für Sie wichtig, sondern auch für uns."

Die geplante 700 Meter lange Rampe, über die der Gips an die Erdoberfläche transportiert werden soll, sowie der Wetterschacht müssen die Grundwasserschichten durchqueren. Doch Verpressverfahren würden verhindern, dass Wasser eindringe, sagt Pabstmann. Rampe und Schacht seien nichts weiter als "Nadelstiche in der Fläche". 

Ein Gutachten solle in Kürze den Nachweis erbringen, dass "Trinkwasserschutz und Bergbau zu 100 Prozent vereinbar" seien, so der Technik-Direktor der Knauf-Gruppe. Die Bodenschicht zwischen Grundwasser und darunter liegendem, geplantem Bergwerk sei wasserundurchlässig. Nur deshalb sei das riesige Vorkommen an wasserlöslichem Gips im Untergrund der Altertheimer Mulde seit mehr als 200 Millionen Jahren erhalten geblieben.

Beeinträchtigungen in Qualität und Quantität: Was Wasserschützer befürchten

Es sei aber auch das erste Mal seit 200 Millionen Jahren, dass die Grundwasser- und Bodenschichten mit einer Bergwerksrampe und einem Schacht durchstoßen werden sollen, gibt Volkmar Halbleib zu bedenken.

Christiane Dehmer vom Bündnis 'Wasser am Limit' sagt: 'Die Zeller Quellen sind ein Schatz, den es angesichts des Klimawandels zu bewahren gilt.'
Foto: Silvia Gralla | Christiane Dehmer vom Bündnis "Wasser am Limit" sagt: "Die Zeller Quellen sind ein Schatz, den es angesichts des Klimawandels zu bewahren gilt."
Norbert Herrmann vom Bund Naturschutz in Zell am Main sagt: 'Wir brauchen im Zweifel kein Geld, sondern Wasser.'
Foto: Silvia Gralla | Norbert Herrmann vom Bund Naturschutz in Zell am Main sagt: "Wir brauchen im Zweifel kein Geld, sondern Wasser."

Die Befürchtungen der Wasserschützer fasst Christiane Dehmer zusammen: Das Bergwerk könnte Grundwasserströme umleiten, so dass weniger Wasser in Zell ankomme. Grundwasser könnte mit Sulfat verunreinigt werden. Erdeinbrüche könnten das Wasser in Quantität und Qualität beeinträchtigen. Eine hundertprozentige Garantie gebe auch kein Gutachten. 

"Ich nehme mit, dass Sie ernsthafte Anstrengungen unternehmen, aber ich bin nicht überzeugt, dass sie ausreichen", sagt Norbert Herrmann vom Bund Naturschutz. Und er fügt hinzu: "Wir sind nicht gegen Knauf, wir sind für die Sicherung der Trinkwasserversorgung".

 
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  • Martin Deeg
    …"Wir machen das Risiko beherrschbar"…

    …“Rampe und Schacht seien nichts weiter als "Nadelstiche in der Fläche". …

    Erstklassiges griffiges Bild für die Öffentlichkeit - vermutlich das Ergebnis geballter, in endlosen und hochbezahlten Fortbildungen geschulter Überzeugungskraft, damit aus Geld noch mehr Geld wird. Und jeder Ingenieur ein kleines Genie, so wie Philip Amthor der nächste Bundeskanzler….

    Allerdings, wenn man genau hinschaut, widersprechen sich die beiden Aussagen. Denn worin genau soll überhaupt ein „Risiko“ bestehen, wenn das nichts weiter als „Nadelstiche in der Fläche“ sind?
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  • Armin Genser
    Ja, ja, die Verhinderernation.
    Gips lässt sich ersetzen. Trinkwasser nicht. Wie wäre es erst mal mit Gipsrecycling anzufangen. Einige Länder sind da ein ganzes Stück weiter. Mit dem billigen Gips aus der Entschwefelung wurden Gipsprodukte gepuscht. Es geht auch mit Alternativen, z.B. aus nachwachsenden Rohstoffen. Auch Kunstgips aus der chem. Industrie wäre eine der Möglichkeiten. Knauff ist doch innovativ. Deutschland verbraucht mehr Gips als jedes andere europäische Land. Naturgipsabbau ist häufig mit Naturzerstörung verbunden (Südharz). Nein, wir müssen "woanders"
    mit Rohstoffabbau die Umwelt nicht zerstören. Es steht uns frei, genau hinzuschauen und Verantwortung zu übernehmen. Übrigens hilft das Lieferkettengesetz da ein Stück weiter. Aber da gab es ja auch wieder lautes Geschrei...
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  • Johannes Metzger
    Das sehe ich ähnlich. Auch beim Betonrecycling tun wir uns schwer.
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  • Johannes Metzger
    Mal abgesehen davon, dass auch Knauf die Restrisiken für das wertvolle Trinkwasser nicht ausräumen kann, würde ich dem Knaufkonzern, der mit dem Kriegsverbrecher Putin und seinen Vasallen Geschäfte macht, nicht über den Weg trauen. Im Falle eines Falles siegt die Geldgier über alles andere.
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  • Hermann Spitznagel
    Gehört nicht zum Thema hier,
    aber das Geld das Knauf angeblich abkassiert, fehlt doch Putin in seiner Kriegskasse , oder?
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  • Andrea Angenvoort-Baier
    Nach Rücksprache auf eigenen Wunsch gelöscht.
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  • Martin Deeg
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  • Kai-Uwe Patz
    Ich finde auch, wir sollten alles, was irgendwie die Umwelt belastet importieren. Sei's nur Gips oder Stahl oder Aluminium oder sonstige dreckige Industrieprodukte... Dann entsteht der ganze Schmutz, die Umweltbelastung und die Kinderarbeit woanders - Hauptsache, wir können unsere Hände in Unschuld waschen und großspurig auf "die anderen (Umweltverschmutzer)" schimpfen. Typisch Deutsch. Ach so - Windräder und Bahnstrecken bauen wir auch besser woanders. Betonung auf "woanders" = nicht hier. Ich kann dieses diabolische Verhalten von Deutschen und teilweise auch Europäern wirklich nicht mehr ertragen
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  • Hermann Spitznagel
    Man muß sich mal fragen, woher beziehen Millionen Menschen im Ruhrgebiet ihr Trinkwasser, da sie ja seit Jahrhunderten auf einem Schweizer Käse sitzen?
    alles aus dem Rhein?
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  • Jürgen Huller
    Ja, läuft super, dort im Ruhrgebiet. Schonmal was von den Ewigkeitsaufgaben/-kosten gehört?

    https://www.rag-stiftung.de/ewigkeitsaufgaben/

    Alles halb so wild, oder? Bis dahin sind wir doch eh alle tot. Dann haben die nach uns das Problem.

    Hey, ich habe eine Idee! Man könnte doch die Altertheimer Mulde nach dem Gipsabbau als Atommüllendlager benutzen!

    Warum nicht? Bis dahin bin ich tot, was danach kommt ist mir doch egal...
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  • Robert Hippeli
    Das Trinkwasser im Ruhrgebiet wird überwiegend entlang der Ruhr und den neben Flüssen (Quasi Flusswasser über Uferfiltrat aufwändig gefiltert und aufbereitet), sowie aus Regionen Münsterland und im Sauerland gewonnen. Quelle: AWWR

    Grundwasser ist dort kaum nutzbar und Grubenwasser ist wohl ehr eine Last für künftige Generationen!
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  • Robert Hippeli
    Das war ja bestimmt eine interessante Veranstaltung. Vielleicht ein bisserl einseitig, aber Respekt, die volle Kompetenz von Knauf war wohl immerhin vertreten.
    Ich frage mich nur, wo waren da die Betreiber genannten Zeller Quellen? Wollte man die gar nicht hören?
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  • Werner Rau
    Es wird wohl wie immer laufen, siehe Tesla in Brandenburg:
    Geld vor Umwelt - bis keine mehr da ist.
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  • Helga Scherendorn
    e-mobilität und Bau hat eben seinen Preis
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  • Wolfgang Sobtzick
    Fossile Mobilität auch...
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  • Jürgen Huller
    der nahe LEAG Braunkohletagebau in Brandenburg, der beinahe 25x soviel Wasser verplempert als die Tesla Fabrik ist aber OK, richtig?

    https://www.bz-berlin.de/brandenburg/das-sind-brandenburgs-10-groesste-wasserverbraucher

    Man sieht halt nur das, was man sehen will...
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  • Jürgen Huller
    Alles nur heiße Luft, Spaltungsversuche, Fake News und Desinformation.

    Tesla verbraucht ca. 2,25 cbm Wasser pro Fahrzeug:

    https://www.rbb24.de/wirtschaft/beitrag/2024/03/brandenburg-wirtschaft-tesla-wasserverbrauch-niedriger-als-erwartet.html

    Und nun Überraschung: Auch BMW braucht nach eigenen Angaben ca. 2,25 cbm pro Fahrzeug:

    https://www.bmwgroup.com/de/news/allgemein/2021/water.html

    Glaubt irgendjemand, VW, MB und wie sie alle heißen, sind besser?
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  • Kai-Uwe Patz
    Also dann - los! Ab sofort gar kein Auto mehr, keine industriellen Produkte, kein verarbeitetes Fleisch, keine Häuser aus Zement oder Gipsplatten - denn hier in Deutschland gegen alles Amok laufen und dann die Importprodukte kaufen, ist keine Lösung. (Ach so - auch keine Produkte/Häuser aus Holz, da alle nutzbaren Wälder hier mittlerweile zu Naturschutzgebieten werden; Beispiel Schwarzwald, ehemaliger Hauptlieferant für Fichtenplatten und Bauholz -jetzt weg vom Markt)
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