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Iphofen
Gipskonzern Knauf zieht sich überraschend aus Russland zurück: Unternehmen lässt viele Fragen offen
Nun also doch: Knauf beendet das Russland-Geschäft. Nach der bisherigen Haltung kommt diese Ankündigung überraschend. Wichtige Details nennt der Konzern aus Iphofen nicht.
Überraschende Ankündigung am Montag: Der unterfränkische Gipskonzern Knauf aus Iphofen (Lkr. Kitzingen) steigt nun doch aus seinem Russland-Geschäft aus.
Foto: Thomas Obermeier | Überraschende Ankündigung am Montag: Der unterfränkische Gipskonzern Knauf aus Iphofen (Lkr. Kitzingen) steigt nun doch aus seinem Russland-Geschäft aus.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 15.07.2024 11:45 Uhr

Monatelang hat Knauf beharrlich seine Geschäfte in Russland weitergeführt, nun die überraschende Ankündigung: Der Gipskonzern aus Iphofen bei Kitzingen will sich aus dem international geächteten Land zurückziehen. Das gab das Unternehmen an diesem Montag bekannt.

Die Mitteilung des Konzerns besteht nur aus drei Sätzen, hat aber enorme Wucht: Knauf trennt sich demnach nach gut 30 Jahren von einem Markt, der für den Konzern bis zuletzt eine große Rolle spielte. Nun scheint der öffentliche Druck aber zu groß geworden. Trotz detaillierter Anfragen dieser Redaktion am Montag gab Knauf über die kurze Mitteilung hinaus keine Antworten.

So bleibt vage, wie der Rückzug des Unternehmens laufen soll. "Es ist der Wunsch des Unternehmens, das gesamte Geschäft in Russland inklusive Rohstoffgewinnung, der Produktion und des Vertriebs auf das lokale Management zu übertragen", heißt es in der Mitteilung nur. Das Vorhaben stehe unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch russische Behörden.

14 Werke, 4000 Beschäftigte - genauer Umsatz von Knauf in Russland unklar

Knauf hat nach eigenen Angaben in Russland 14 Werke mit zusammen 4000 Beschäftigten. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehe das Unternehmen in der Verantwortung, lautete bislang immer die Begründung des Konzerns dafür, an den Geschäfte in Russland festzuhalten.

Der Weltmarktführer für Baustoffe hält sich bei Details und Zahlen seines Russland-Geschäfts meistens bedeckt. So blieb das wirtschaftliche Volumen lange Zeit nebulös. Geschäftsführender Gesellschafter Uwe Knotzer ließ vor zwei Jahren immerhin durchblicken, dass der Umsatz in Russland bei mindestens einer Milliarde Euro pro Jahr liegt.

Knauf ist in 90 Ländern vertreten, hat 40.000 Beschäftigte und machte zuletzt 15,4 Milliarden Euro Umsatz. Russland hatte stets eine besondere Stellung im Konzern, Firmenpatriarch Nikolaus Knauf war jahrelang russischer Honorarkonsul in Deutschland. Kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 trat der 88-Jährige von diesem Ehrenamt zurück.

Knauf und das besetzte Mariupol: Stark in der Kritik der Öffentlichkeit

Zuletzt war das 92 Jahre alte Familienunternehmen Anfang April in die Schlagzeilen geraten: Medienberichten zufolge werden Knauf-Produkte für den Wiederaufbau der von Russland besetzten Stadt Mariupol in der Ostukraine verwendet. Das Vorhaben gilt als Prestigeobjekt des russischen Machthabers Wladimir Putin.

Knauf wies die Kritik zurück, in Mariupol im Dienste von Putin zu handeln. Man halte sich an alle Sanktionen des Westens gegen Russland. Der Frankfurter Sanktionsrechtler Viktor Winkler betonte  gegenüber dieser Redaktion, dass Knauf nicht gegen solche Vorschriften verstoße.

Doch in der Öffentlichkeit gibt es vor allem wegen moralischer Bedenken große Kritik. Wie es nun zum Umdenken bei Knauf kam und ob sich das Unternehmen nicht doch Optionen in Russland offen hält, darüber war am Montag beim Konzern in Iphofen keine Antwort zu bekommen.

In der Westukraine will sich Knauf engagieren

Der Gipskonzern ist nicht das einzige Großunternehmen aus Deutschland, das in Russland aktiv ist. Dort machen dem Nichtregierungsportal B4Ukraine zufolge nach wie vor gut 270 deutsche Firmen Geschäfte.

Erst im März hatte das Unternehmen angekündigt, in der Westukraine ein neues Werk aufbauen zu wollen. Wenige Monate nach Kriegsbeginn war eine Knauf-Fabrik im stark umkämpften Osten des Landes von Raketen zerstört worden.

Konzern mit zahlreichen Unterfirmen weltweit

Knauf ist ein Konzern mit einer unüberschaubaren Zahl von Unterfirmen in aller Welt. Neben den externen Managern Uwe Knotzer und Jörg Kampmeyer steht mit Alexander Knauf ein Mitglied der nach wie vor einflussreichen Gründerfamilie gleichberechtigt an der operativen Spitze.

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  • Hans Schwinger
    Hans Schwinger
    2 Bemerkungen: Wladimir ist nicht Machthaber, sondern gewählter Präsident Russlands.
    Und: Knauf beugt sich den USA.
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  • Peter Koch
    Wladimir Putin ist ein Kriegsverbrecher und Diktator.
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  • Hans Schwinger
    Hans Schwinger
    2 Bemerkungen: wladimir Putin ist nicht Machthaber, sondern Präsident von Russland.
    Und: Knauf b
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  • Robert Hippeli
    All die vielen Waffen für die Ukraine helfen nichts und führen nur zu Tod und Leid, solange in der EU das Russland-Embargo ständig umgangen wird!

    So kauft z. B. Österreich (u. A.) weiterhin Gas in Russland (2023 für 3,7 Milliarden!),
    Frankreich kauft weiter hin Uran für seine Atomkraftwerke,
    und unsere Industrie, vor allem die Global Player, nutzen viele viele Schlupflöcher!

    Insofern nutzen die Waffenlieferungen in erster Linie der Rüstungsindustrie und die Zeche zahlen die Steuerzahler und noch viel schlimmer zahlt dies die Ukrainische Bevölkerung mit viel Leid und mit dem Leben!
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  • Ralf Eberhardt
    Das sind nur Phrasen: "auf das lokale Management übertragen" !? Das hat doch nichts damit zu tun, ob Knauf dort weiterhin Gewinne erzielt? Oder? Einen Verkaufsgewinn auf alle Fälle. Verschenken wird man seine aufgebaute Infrastruktur wohl nicht.
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  • Johannes Metzger
    was uns der Knauf Konzern da an Informationslücken bietet, ist an Intransparenz kaum zu überbieten. Und so einem Unternehmen sollen wir Schürfrechte im wichtigsten Trinkwassereinzugsgebiet von Würzburg überlassen?
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  • Hiltrud Erhard
    Was geht Sie das eigentlich an? Und warum sind Sie derart voreingenommen?
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  • Fabian König
    Da könnte ich genauso sagen: Und was geht Sie es an, dass Herr Metzger seine Meinung äußert? Inhaltlich bin ich auf dessen Seite.
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  • Johannes Metzger
    Liebe Frau Hiltrud, sind Sie nicht der Meinung, dass das was uns Knauf an Information liefert, vergleichsweise weniger ist, als ein knapper Stringtanga? Erwartet hätte ich eine robuste Winter-Unterhose, von Schiesser, aus den frühen Fünfziger Jahren. Gerne auch mit ……………..
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  • Erich Spiegel
    Vermutlich muss Knauf für einen symbolischen Euro verkaufen. Der Diktator diktiert den Preis. Wie das Beispiel zeigt: Auf lange Sicht lohnen sich Geschäfte mit kriminellen Diktaturen nicht. Das gleiche Debakel droht mit China. In den China Ablegern deutscher Firmen sitzen zunehmend chinesische Parteifunktionäre als Aufpasser. Deutsche Firmen werden systematisch bei Ausschreibungen benachteiligt. Irgendwann wird China sie ganz davon jagen, wenn man sie nicht mehr braucht. Manager von VW, BMW und Co. machen trotzdem munter weiter und investieren Rekord Summen in China. Wenn es brenzlich wird verduften die Bosse klamm heimlich mit ihren Millionen. Die deutschen Arbeitnehmer sind die Dummen, auch in Schweinfurt bei den Zulieferen (z.B. SKF, ZF, Rexroth, Schäffler).
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