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Altertheim/Iphofen
Knauf-Gipsbergwerk bei Würzburg: Kommt es und wie hoch ist dann das Risiko für das Grundwasser?
In der Altertheimer Mulde im Landkreis Würzburg hat Knauf nun alle Erkundungsbohrungen abgeschlossen und Grundwasser-Messstellen eingerichtet. Wie es jetzt weitergeht.
Ingenieur Ralf Richter von der DTM, einer Tochterfirma des TÜV Nord, misst an einer Bohrstelle in der Altertheimer Mulde (Lkr. Würzburg) mit einem Lichtlot, in welcher Tiefe Grundwasser vorhanden ist. Trifft das Maßband auf die Wasseroberfläche unter der Erde, leuchtet die Lampe.
Foto: Silvia Gralla | Ingenieur Ralf Richter von der DTM, einer Tochterfirma des TÜV Nord, misst an einer Bohrstelle in der Altertheimer Mulde (Lkr. Würzburg) mit einem Lichtlot, in welcher Tiefe Grundwasser vorhanden ist.
Angelika Kleinhenz
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:29 Uhr

Entsteht bald Bayerns größtes Gipsbergwerk im Landkreis Würzburg? Die Firma Knauf ist ihrem Ziel, in der Altertheimer Mulde, also im hügeligen Dreieck zwischen Oberaltertheim, Helmstadt und Waldbrunn, Gips abzubauen, ein großes Stück näher gekommen. Alle 18 Bohrungen, um die Grundwasser- und Gesteinsschichten im Untergrund zu erkunden, sind abgeschlossen. 17 Bohrstellen wurden zu neuen Grundwasser-Messstellen ausgebaut. Für Bohrungen und Gutachten nimmt Knauf einen Millionenbetrag in die Hand. Doch noch immer hängt das Großprojekt an der alles entscheidenden Frage: Hätte das Bergwerk einen negativen Einfluss auf das Grundwasser bei Würzburg?

Denn südwestlich von Würzburg, zwischen Zell am Main und Altertheim, fließen unter der Erde wasserreiche Grundwasserströme. Seit 1915 bezieht nicht nur die Hälfte der Bevölkerung Würzburgs, also etwa 65.000 Menschen, ihr Trinkwasser aus diesem Wasserreservoir, das in den Zeller Quellstollen ans Tageslicht sprudelt. Auch die Trinkwasserbrunnen der Landkreis-Gemeinden Waldbrunn und Altertheim liegen im Wassereinzugsgebiet. Deshalb plant die Trinkwasserversorgung Würzburg GmbH auch, ihr bestehendes Trinkwasserschutzgebiet "Zeller Quellen" von aktuell acht auf künftig 66 Quadratkilometer zu erweitern.

Wasserwirtschaftsamt: Sorgfältige Prüfung, ob Bergbau mit Trinkwassergewinnung vereinbar

Knauf wiederum plant, unter dem "Aquifer", den die Trinkwasserversorgung der Stadt Würzburg nutzt, Gips abzubauen. Ein Aquifer ist eine mit Grundwasser gesättigte Gesteinsschicht unter der Erde. Per se sei eine solche Abbausituation nicht ausgeschlossen, schreibt der Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Aschaffenburg, Friedrich Altmann. Doch aufgrund dieser Rahmenbedingungen gelte es, nun sehr sorgfältig zu prüfen, ob der Bergbau mit der Trinkwassergewinnung vereinbar sei.

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Die Frage klären soll jetzt ein Fachgutachten der DMT, der Deutschen Montan Technologie GmbH, einer Tochterfirma des TÜV Nord. Das Gutachter- und Ingenieurbüro hat sich darauf spezialisiert, Nutzungskonflikte zwischen Rohstoff-Abbau und Grundwasser frühzeitig zu erkennen und zu bewerten.

Anhand hydrogeologischer Daten aus den einzelnen Bohrstellen könne der Gutachter errechnen, in welche Richtung und mit welcher Geschwindigkeit Grundwasser im Untergrund fließt und wie durchlässig die einzelnen Gesteinsschichten sind, sagt Bergbauingenieur Jakob Herrmann, bei Knauf zuständig für die technische Realisierung des geplanten Bergwerks in der Altertheimer Mulde.

Gutachten der DMT soll im ersten Halbjahr 2023 vorliegen

Erst, wenn das Gutachten der DMT dem Bergwerk keinerlei negativen Einfluss auf das Grundwasser bescheinigt, wird das Bergamt Nordbayern der Regierung von Oberfranken das Genehmigungsverfahren eröffnen. Gleichzeitig soll dann ein integriertes Raumordnungsverfahren seitens der Regierung von Unterfranken stattfinden. 

Alle Beteiligten warten jetzt also auf den "Schlussbericht" der DMT. Er soll dem Bergamt in der ersten Jahreshälfte 2023 vorgelegt werden, so eine Sprecherin der Regierung von Oberfranken.

Bohrkerne aus dem Untergrund der Altertheimer Mulde: Anhand der Gesteinsschichten aus unterschiedlichen Tiefen können Mathematiker und Geologen ein Modell des Untergrundes errechnen.
Foto: Silvia Gralla | Bohrkerne aus dem Untergrund der Altertheimer Mulde: Anhand der Gesteinsschichten aus unterschiedlichen Tiefen können Mathematiker und Geologen ein Modell des Untergrundes errechnen.

Geht es nach den Plänen der Firma Knauf, könnte 2026 der erste Gips abgebaut werden. Bis dahin müsste aber die Infrastruktur für das Bergwerk stehen. Insgesamt 40 Millionen Tonnen Naturgips sollen in der Altertheimer Mulde gewinnbar sein. Bis zu einer Million Tonnen Gips pro Jahr könnte Knauf aus der Lagerstätte holen, die am Ende eine Ausdehnung von rund sieben Quadratkilometern haben soll. Mit 43 Millionen Euro Investitionsvolumen rechnet man bei Knauf, bevor der erste Brocken Gips aus dem Bergwerk nach Iphofen transportiert wird.

Knauf könnte bald der Gips ausgehen

Es ist das derzeit wohl wichtigste Großprojekt des mainfränkischen Familienkonzerns aus Iphofen (Lkr. Kitzingen). Denn dem Gips-Weltmarktführer mit seinen zwölf Milliarden Euro Jahresumsatz und 40.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf allen Kontinenten geht der Gips aus - vielleicht schon 2030, spätestens aber 2038, wenn mit dem Kohleausstieg in Deutschland der sogenannte REA-Gips vom Markt verschwindet. Der synthetische Gips entsteht in Anlagen zur Rauchgasentschwefelung (kurz: REA) von Kohlekraftwerken.

Noch ist man bei Knauf optimistisch, dass der Gipsabbau im Landkreis Würzburg genehmigt wird. Marco Pabstmann, der technische Leiter der Knauf-Gruppe für Zentraleuropa, sagt: "Aus jetziger Sicht ist unser Zeitplan sportlich, aber nicht gefährdet."

Bergbauingenieur Jakob Herrmann (links), Marco Pabstmann (Mitte), technischer Leiter der Knauf-Gruppe für Zentraleuropa und Diplomingenieur Ralf Richter von der DMT, einer Tochterfirma des TÜV Nord.
Foto: Silvia Gralla | Bergbauingenieur Jakob Herrmann (links), Marco Pabstmann (Mitte), technischer Leiter der Knauf-Gruppe für Zentraleuropa und Diplomingenieur Ralf Richter von der DMT, einer Tochterfirma des TÜV Nord.

Für Geologen sei die Untersuchung der Gesteinsschichten, die man bei den Bohrungen aus teils 100 Metern Tiefe geholt hat, wie ein Blick in die Erdgeschichte, bis zu 250 Millionen Jahre zurück. Weil es diese riesige Gipslagerstätte im Untergrund der Altertheimer Mulde seit mehr als 200 Millionen Jahren gebe, sich der Gips also nicht mit der Zeit durch eindringendes Wasser aufgelöst habe, bedeute das auch, dass die Gesteinsschichten außen herum sehr dicht seien, folgert Marco Pabstmann.

Wir sind keine Heuschrecke, die einfach kommt und sich den Gips nimmt."
Marco Papstmann, technischer Leiter der Knauf-Gruppe für Zentraleuropa

Dies werde jetzt aber noch ganz genau von der DMT überprüft. Pabstmann sagt: "Wir sind keine Heuschrecke, die einfach kommt und sich den Gips nimmt. Knauf gibt es seit fast 100 Jahren in Mainfranken. Unsere Mitarbeiter leben hier. Uns geht es darum, Verantwortung für die Region zu tragen und das Grundwasser auch für nachfolgende Generationen zu sichern."

Und was sagt der TÜV zum geplanten Bergwerk in einem geplanten Trinkwasserschutzgebiet? Ralf Richter, Ingenieur bei der DMT, will sich noch nicht festlegen. Erst müssten alle Daten, alle Wasserstands - und Abflussmessungen in ein mathematisches Modell überführt werden. Er sagt: "Es ist wie ein Mosaik. Erst, wenn jedes Steinchen zu einem großen Gesamtbild zusammengesetzt worden ist, gibt es ein Ergebnis."

 
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Kommentare
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  • Unterfrank
    Wenn schon im Vorfeld so viel Geld in die Hand genommen wird, dürfte es für Knauf kein Problem sein, sich am Ausbau einer Kriechspur die Weinstraße hoch zu beteiligen, verbunden mit einem dringend nötigen Radweg neben der Strecke. Es ist ja geplant, dass sich ja alle 5 Minuten ein Vierzigtonner den Berg hoch quälen soll.
    Auch ein Garantievertrag über die Übernahme der Anschlusskosten der Altertheimer Wasserversorgung ans Fernwassersystem seitens Knauf - falls doch was passiert - ist vor Genehmigung dringend notwendig. Für Knauf nur "Peanuts", für die Altertheimer Bürger eine schwere Hypothek.
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  • klaus1618
    Wem gehört dieses Gipsvorkommen in der "Altertheimer Mulde"!?

    Knauf der GIPS!?
    Das GRUNDWASSER vor Ort den etwa 63.000 Würzburgern!?

    Wenn man vorstehende Einlassungen verinnerlicht, scheint offensichtlich ein manifestierter Rechtsanspruch auf kostenlose Nutzung seitens dieses Konzerns existent zu sein, während damit seitens der Familie Knauf alljährlich Milliarden gescheffelt werden. Die Grundwasserthematik ist ähnlich gelagert, dieser gnadenlose Entzug im ländlichen Umfeld ist ebenfalls kostenlos!

    Alles, was nichts kostet ist auch nichts wert! Sprechen wir hier im eigentlichen nicht sogar von "Diebstahl". Wehe, wehe, wenn das Nass von oben fehlt.

    Grundwasser wird von 63.000 Städtern genutzt - Gips bedient Millionen Verbraucher zwecks Errichtung ihrer neuzeitlichen Höhlenbehausungen. - Beides sind sehr endliche Ressourcen, das sollte man niemals außer Acht lassen wollen; Rea-Gips mutiert aber zur Mangelware demnächst, daher wohl auch dieser ambitioniert "sportliche Zeitplan"...
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  • Arcus
    Mich interessiert, wer das Gutachten bei der DMT in Auftrag gegeben hat und bezahlt. Wenn eine Genehmigung erteilt werden sollte, müßte die mit der Auflage verbunden sein, nur soviel Gips aus der Grube zu holen, wie Knauf Gips recycelt.
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