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Würzburg
Viel Kritik an Söders Modernisierungsgesetz: Weniger Bürokratie in Unterfrankens Gemeinden, aber mehr Schottergärten?
Kommunen wie Würzburg, Schweinfurt oder Münnerstadt haben Regeln, die für grüne Vorgärten sorgen. Was würde passieren, wenn der Freistaat diese Möglichkeit abschafft? 
Schottergärten wie dieser in Gerolzhofen (Lkr. Schweinfurt) sind in vielen Neubaugebieten in der Region entstanden. Einige Kommunen stellten deshalb Regeln für die Begrünung von Vorgärten auf.
Foto: Josef Lamber (Archivbild) | Schottergärten wie dieser in Gerolzhofen (Lkr. Schweinfurt) sind in vielen Neubaugebieten in der Region entstanden. Einige Kommunen stellten deshalb Regeln für die Begrünung von Vorgärten auf.
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 17.08.2024 02:34 Uhr

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will Bürokratie abbauen und hat ein Modernisierungsgesetz angestoßen. Das Gesetz will "Mehr Freiheit statt Regulation" und dazu vor allem Bau-Vorschriften streichen. So sollen zum Beispiel der Bau von Pools oder der Dachausbau künftig ohne Baugenehmigung möglich sein. Außerdem sah der erste Gesetzesentwurf die Streichung von kommunalen Satzungen vor, mit denen Gemeinden beispielsweise Schottergärten verhindern können.

Worum geht es und was würde der Wegfall der Vorschriften bedeuten? Antworten im Überblick.

Warum haben Kommunen Regeln für die Gartengestaltung?

Statt Vorgärten gibt es vielerorts immer mehr Schottergärten oder befestige Stellplätze. Mit eigenen Freiflächengestaltungssatzungen können Kommunen das verhindern. Diese legen fest, dass bei Neubauvorhaben unbebaute und nicht als Stellplatz genutzte Flächen eines Grundstücks zu bepflanzen sind. Auch die Art der Begrünung, zum Beispiel mit heimischen oder trockenresistenten Pflanzen, wird geregelt.

Sind grüne Gärten gut und Schottergärten schlecht?

Der Klimawandel macht es notwendig: Laut dem aktuellen Hitze-Check der Deutschen Umwelthilfe werden Städte mit viel Beton und wenig Grün zu "Hitze-Höllen". Begrünte Flächen haben aufgrund ihrer Verdunstungsleistung und Beschattung einen Kühlungseffekt. In Schottergärten wachsen kaum Pflanzen, Regenwasser wird nicht aufgenommen. Ebenso wie Asphaltflächen heizen Schottergärten die Umgebung auf und bieten Tieren kaum Lebensraum.

Für das städtische Mikroklima seien Schottergärten "Gift", kritisiert der Bund Naturschutz Bayern. Jede noch so kleine Grünfläche leiste "einen wichtigen Beitrag, um das Leben in Hitzeperioden erträglicher zu machen".

Im Würzburger Stadtteil Sanderau wurde im Frühjahr ein Vorgarten asphaltiert. Die Verantwortlichen müssen dies nun rückgängig machen. 
Foto: Thomas Obermeier | Im Würzburger Stadtteil Sanderau wurde im Frühjahr ein Vorgarten asphaltiert. Die Verantwortlichen müssen dies nun rückgängig machen. 

Wo in Unterfranken gibt es Satzungen für die Gartengestaltung?

Der Eingriff in die Gestaltungsfreiheit von Bauherren ist umstritten: In Kitzingen und Veitshöchheim (Lkr. Würzburg) beispielsweise haben sich Stadtrat beziehungsweise Gemeinderat gegen eine Satzung entschieden. In SchweinfurtWürzburgDettelbach (Lkr. Kitzingen) oder Münnerstadt (Lkr. Bad Kissingen) dagegen gibt es Freiflächensatzungen. Auch Gemeinden wie Rottendorf (Lkr. Würzburg) und Gochsheim (Lkr. Schweinfurt) zum Beispiel haben entsprechende Freiflächensatzungen.

Wie sorgen Kommunen alternativ für mehr Grün?

Kitzingen fördert die Umwandlung von Schottergärten in Begrünung mit 20 Euro pro Quadratmeter. Allerdings wird das Angebot wenig genutzt und wieder abgeschafft. Bad Kissingen setzt auf eine Beratung. Volkach (Lkr. Kitzingen) hat im Bebauungsplan für ein neues Baugebiet in Astheim reine Kies- und Steingärten verboten.

Wie viel Bürokratie steckt in der Freiflächengestaltungssatzung?

Bei der Baugenehmigung auch den Grünanteil zu überprüfen, bedeute mehr Arbeit für die Verwaltung, erklärt Benjamin Schneider, Baureferent in Würzburg. Seit 2021 werden in der Stadt Vorgaben für die Gestaltung von Freiflächen angewandt.  

Wenige Verstöße sind laut Scheider bislang im Baureferat bearbeitet worden - zum Beispiel die Asphaltierung eines Vorgartens in der Sanderau und die Umwandlung einer Grünfläche in Stellplätze in Heidingsfeld. "Bei Eingriffen in vorhandene Gärten ist die Überprüfung aufwendig", sagt Schneider. Denn dazu sei sowohl baurechtliche als auch gärtnerische Expertise notwendig. 

Was hält die Stadt Würzburg von der Idee, die Satzung abzuschaffen? 

Trotz des Aufwands hält Würzburgs Baureferent die Freiflächengestaltungssatzung für wichtig. "Ohne sie gäbe es ungezügelte Versiegelung." Dabei geht es Benjamin Schneider nicht nur um klimatische, sondern auch um ästhetische Aspekte. Vorgärten hätten auch eine gestalterische Qualität, sagt Schneider: "Natürlich herrscht auf den Freiflächen heute ein großer Nutzungsdruck, aber mit etwas guten Willen lassen sich gute Lösungen finden." 

Wer kritisiert die Abschaffung von kommunalen Satzungen? 

Der bayerische Städte- und Gemeindetag droht mit Klage gegen die Pläne der Staatsregierung, auch zahlreiche Verbände äußern Kritik. Laut Bayerischem Landesverein für Heimatpflege braucht es kommunale Freiflächensatzungen, weil eine "qualitätsvolle Grünordnung wesentlich zum Wohlbefinden der Bevölkerung und der zukünftigen Generationen" beitrage. Die Bayerische Architektenkammer hält "starke und wirksame Instrumente, wie Freiflächengestaltungssatzungen" für nötig, um "Klimaanpassung, Biodiversitätskrise und notwendige Durchgrünung der Siedlungsräume" zu gestalten.  

Die Würzburger Kreisgruppe des Bund Naturschutz (BN) befürchtet, dass die "Antibürokratisierung" auf Kosten der Artenvielfalt und des Klimas geht: "Für Schottergärten wären mit dem Gesetz Tür und Tor geöffnet."

"Unsere Kommunen ächzen unter der Klimaerhitzung, sind zunehmend gefährdet von Hitzewellen, Starkregen und Sturzfluten", sagt der Würzburger Grünen-Landtagsabgeordnete Patrick Friedl. Statt sie mit den nötigen finanziellen Mitteln zur Klimaanpassung auszustatten, wolle die Staatsregierung den Gemeinden jetzt ein wichtiges Instrument für Arten- und Hitzeschutz wegnehmen.

 
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  • Manfred Englert
    Da geht sie schon los, die Diskussion zur Entbürokratisierung.

    Jede Vorschrift wurde ja nicht aus Jux und Tollerei erlassen, sondern hatte irgendeinen Grund. Kaum sollen da einige dieser gestrichen werden, beginnt die Diskussion, beispielsweise wie hier über grüne oder geschotterte Vorgärten.

    Das heißt, ohne Verbotsvorschrift werden einige Schottergärten nicht zu verhindern sein und mit Vorschrift wird der Vorschriftendschungel nicht zu lichten sein.

    Auch mit Ihrer reißerischen Überschrift, Frau Göbel, schaffen Sie keine Entbürokratisierung
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  • Alfred Holler
    reißerisch? Ich meine sogar manipulativ , weil mit "würde" eine fiktive Situation hochgespielt werden soll; warum wohl?
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  • Hartmut Haas-Hyronimus
    Wo Schottergärten doch soooo schon sind!
    Fehlen nur noch einen paar Eisenbahnschienen, die darauf verlegt sind.
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  • Alfred Holler
    ich empfehle, meinen Kommenarnoch einmal aufmerksam zu studieren!! Wo wurde da einem Schottergarten das Wort geredet??
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