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Würzburg
Uniklinik Würzburg: Was der neue Chef plant und die Herausforderung ist
Erst Kinderarzt, jetzt Krankenhaus-Manager: Wer ist Jens Maschmann, der neue Ärztliche Direktor der Würzburger Uniklinik? Und wie packt er die gewaltigen Aufgaben an?
Vom Kinderarzt zum Chefmanager: Prof. Jens Maschmann ist neuer Ärztlicher Direktor des Uniklinikums Würzburg.
Foto: Daniel Peter | Vom Kinderarzt zum Chefmanager: Prof. Jens Maschmann ist neuer Ärztlicher Direktor des Uniklinikums Würzburg.
Andreas Jungbauer
 und  Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 18:25 Uhr

Seine Amtszeit beginnt mitten in der Corona-Pandemie, die ersten Tage waren vom Kampf gegen die zweite Infektionswelle geprägt. Seit Januar ist Prof. Jens Maschmann neuer Ärztlicher Direktor des Uniklinikums Würzburg. Der ausgebildete Kinderarzt interessierte sich früh für die Funktionsweise von Kliniken und entschied sich für den Weg ins Management. In Würzburg hat der 51-Jährige die Nachfolge von Prof. Georg Ertl angetreten. Ein Gespräch über Lehren aus der Pandemie, den überfälligen Baubeginn im Norden des Klinikums und die wichtigste Stellschraube im Gesundheitswesen.

Frage: Wie wird man denn vom Kinderarzt zum Chefmanager einer Uniklinik?

Prof. Jens Maschmann: Anfangs war ich innerlich noch hin- und hergerissen zwischen einer Laufbahn als Kinderarzt und einer managementorientierten Karriere. Nach Stationen an den Kinderkliniken in Tübingen und Würzburg habe ich 2002 eine Stelle in der Strategischen Planung in Bielefeld angenommen. Mich hat damals schon die Frage interessiert: Wie funktioniert ein Klinikum als Gesamtorganismus? Innerlich habe ich mich dann langsam von der ärztlich-klinischen Tätigkeit verabschiedet.

Sind Sie heute also eher Manager als Mediziner?

Maschmann: Ich bin beides. Natürlich betreue ich nicht mehr mit dem Stethoskop um den Hals Kinder und bin nicht mehr ärztlich tätig. Mir geht es darum, Medizin am Standort Würzburg und im Uniklinikum bestmöglich sicherzustellen und möglich zu machen.

Wird man es der Uniklinik anmerken, dass nun ein Pädiater anstelle eines Kardiologen an der Spitze steht?

Maschmann: Aus der Managementperspektive geht es mir immer um das Ganze, ich habe keine Präferenzen. Sicher bin ich von der Prägung Pädiater und das Herz schlägt nach wie vor für die Kinderheilkunde. Mein Ziel aber ist es, das Gesamthaus mit allen Anforderungen und Anliegen bestmöglich zu entwickeln.

Das Ganze – das heißt bei einer Uniklinik immer medizinische Versorgung, Forschung und Lehre. Wo könnte sich Würzburg am ehesten profilieren?

Maschmann: Da gibt es drei wesentliche Säulen: Zum einen die onkologische Forschung und Versorgung, da sind wir bärenstark und der Zuschlag als Nationales Tumorzentrum unterstreicht das. Der zweite Bereich ist, allein schon aus der Entwicklung heraus, die Herzmedizin. Und eine dritte Säule ist der Infektiologische Bereich, den wir noch mehr mit der Klinik verzahnen wollen. Klar ist: Man wird nicht immer alles machen können, weil das Geld endlich ist.

Ein Schwabe in Unterfranken: Prof. Jens Maschmann ist neuer Ärztlicher Direktor der Uniklinik Würzburg.
Foto: Daniel Peter | Ein Schwabe in Unterfranken: Prof. Jens Maschmann ist neuer Ärztlicher Direktor der Uniklinik Würzburg.
Welche Rolle wird Corona spielen?

Maschmann: Ich habe den Eindruck, dass die Krisenbewältigung hier bislang gut gelaufen ist. Was ich jedoch aus meiner vorherigen Station am Uniklinikum Jena weiß: Die Pandemie zwingt dazu, die Taktung umzustellen. Schnelles Entscheiden und Umsetzen allerdings ist man in akademischen Einrichtungen nicht immer so gewohnt. Da ändert sich einiges und dabei wird die Managerseite gefordert.

Was hat man in der Uniklinik bislang aus der Pandemie gelernt? Gibt es konkrete Veränderungen, die dauerhaft bleiben sollen?

Maschmann: Ein Punkt sind definitiv die baulichen Anforderungen. Beispiel Zimmergröße: Wir haben noch viele Drei- und Vierbett-Zimmer, die wir während der Pandemie reduzieren mussten. Dadurch nimmt man sich Kapazität, die man anderweitig gut gebrauchen könnte. Das wird beeinflussen, wie wir in Zukunft die Raumstruktur planen. Auch die Größe von Stationen ist ein Thema.

Mehr Isolationsstationen?

Maschmann: Nicht unbedingt. Vorteilhaft sind aber baulich trennbare Stationen. Diese kann man leichter vom übrigen Klinikbetrieb entkoppeln – etwa eine Brandschutztür schließen und die Station dann ein Stück weit autonom betreiben. So etwas lässt sich nicht von heute auf morgen umsetzen, aber wir werden das in die Bauplanung aufnehmen.

Um den Erweiterungsbau der Uniklinik im Norden wird in Würzburg ja seit Jahren gerungen. Sie dürfen jetzt planen. Wie stellen Sie sicher, dass auch gebaut wird?

Maschmann: Nach den ewigen Überlegungen, all den Ideen, die wieder verworfen wurden, geht es jetzt in die Konkretisierung. Solche Vorhaben bekommen dann eine gewisse Eigendynamik und irgendwann kommt ein "point of no return", an dem man gar nicht mehr am Bau vorbei kommt. Ich habe keinen Zweifel, dass die Gelder fließen werden. Natürlich habe ich keine Glaskugel und weiß nicht, wie sich die Finanzsituation des Bundes und der Länder entwickelt. Aber die Willensbekundung ist ganz klar, dass eine Milliarde Euro zur Verfügung stehen.

Im nördlichen Anschluss der Uniklinik Würzburg (gelber Pfeil) sollen die Neubauten für eine Kopfklinik und ein Zentrum Frauen-Mutter-Kind entstehen.
Foto: Berthold Diem / Uniklinikum Würzburg | Im nördlichen Anschluss der Uniklinik Würzburg (gelber Pfeil) sollen die Neubauten für eine Kopfklinik und ein Zentrum Frauen-Mutter-Kind entstehen.
Was erwarten Sie konkret von der Politik?

Maschmann: Die Erwartungshaltung ist schlicht, dass die Norderweiterung nun realisiert wird. Und dass das mit Konsequenz und Nachdruck unterstützt wird. Es kann nicht sein, dass wieder jahrelang für nichts geplant wird. Man muss sichere Rahmenbedingungen setzen – und dann muss es auch voran gehen. Sonst bleibt nur Frust.

Ist der Bau im Norden Ihre größte Herausforderung?

Maschmann: Es ist eine große Herausforderung. Eine schöne, da man gestalten kann, aber sicher auch eine mit Dekaden-Horizont, da mache ich mir keine Illusionen. Bis wir im Norden den Schlüssel umdrehen können, wird es Ende der 2020er Jahre werden. Entscheidend wird sein, diese Planung voranzutreiben und trotzdem den Standort weiterzuentwickeln. Darin sehe ich eigentlich die größte Herausforderung: dass der Bau des Neuen nicht den Unterhalt und die Entwicklungsfähigkeit des Bestehenden einschränkt.

Ist auch die Digitalisierung eine Herausforderung im Klinikalltag?

Maschmann: Die Digitalisierung bietet Chancen, um unsere Expertise in der Region verfügbar zu machen. Das war auch eine Erkenntnis aus Corona: Zwischen den einzelnen Kliniken in Unterfranken und ganz Bayern fand in der Pandemie zwangsweise viel mehr Abstimmung statt. So wurde zum Beispiel digital intensivmedizinische Kompetenz dorthin gebracht, wo Intensivpatienten versorgt werden mussten. Nur: Am Ende sind es die Menschen, die die Versorgung ermöglichen. Ohne Personal funktioniert Medizin nicht. Das ist die entscheidende Stellschraube im Gesundheitswesen in Deutschland: Haben wir genug Arbeitskräfte oder nicht? Da hilft auch die Digitalisierung nicht so viel.

Sie sind also doch eher ein Mediziner "nah am Menschen" als an der Software?

Maschmann: Natürlich. Als Klinikum kann man den technischen Fortschritt nutzen, beispielsweise Künstliche Intelligenz oder Robotik. Und sicher ist eine digitale Patientenakte sinnvoll. Aber wenn man keine Leute hat, keine Pflegekräfte, Hebammen oder Ärzte, die Medizin verstehen, dann nützt das nichts. Am Ende braucht es immer noch jemanden, der mit den Patienten interagiert.

Ist es ein Problem, qualifizierte Kräfte zu finden?

Maschmann: So wie ich es bisher wahrgenommen habe, steht Würzburg noch ganz gut da. Das müssen wir unbedingt erhalten.

Wie soll das gelingen?

Maschmann: Es geht vor allem darum, den Pflegeberuf attraktiver zu machen. Um mehr Personen anzusprechen, könnte man stärker differenzieren und speziellere Tätigkeiten ausweisen, wie die operationstechnische oder anästhesietechnische Assistenz. Gleichzeitig treiben wir die Akademisierung voran und richten eigene Studiengänge für Pflegewissenschaften und Hebammen ein. Das soll Entwicklungsperspektiven schaffen.

Und wie sieht Ihre Entwicklungsperspektive für Würzburg aus? Wohin wollen Sie die Uniklinik in den nächsten zehn Jahren führen?

Maschmann: Wichtig ist es vor allem, den Dreiklang Forschung, Lehre und Krankenversorgung immer vor Augen zu haben und bei allen Entscheidungen mit zu berücksichtigen. Da müssen wir intern weiterhin gut daran arbeiten, denn das ist ein Schlüsselfaktor für Erfolg. Daneben wird das angesprochene Werben um gutes Personal sicher noch schwieriger und wichtiger. Insgesamt ist die Entwicklung einer Uniklinik aber immer nur im Team voranzubringen. Da wäre es vermessen, zu sagen, ich als Einzelperson stelle mir das so oder so vor.

Prof. Dr. Jens Maschmann

Der neue Ärztliche Direktor kennt Würzburg bereits aus seiner Zeit als Assistenzarzt an der Uni-Kinderklinik: Von 1999 bis 2002 absolvierte der Mediziner seine pädiatrische Facharzt-Ausbildung am Uniklinikum, übernahm dort früh Aufgaben der Digitalisierung und schloss die Zusatzausbildung "Medizinische Informatik" an.
Als Leiter der Stabsstelle Strategische Planung am Evangelischen Krankenhaus Bielefeld von 2002 bis 2006 wandte sich Jens Maschmann dem Klinik-Management zu. Nach verschiedenen Positionen im Verband ist er seit 2017 Vorsitzender der Gesellschaft für Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversorgung.
Ab 2006 war er an der Uniklinik Tübingen als Geschäftsführer für das Struktur-, Prozess- und Qualitätsmanagement verantwortlich, 2014 wechselte er als Medizinischer Vorstand ans Uniklinikum Jena. 2015 habilitierte er an der Uni Tübingen in der Kinder- und Jugendmedizin und wurde 2020 außerplanmäßiger Professor. Zum 1. Januar trat Jens Maschmann am Uniklinikum Würzburg die Nachfolge von Prof. Georg Ertl als Ärztlicher Direktor an.
Maschmann (Jg. 1969) ist in Bad Urach (Lkr. Reutlingen) aufgewachsen und studierte in Tübingen und Bordeaux Medizin. Seine Bundeswehrzeit führte ihn mit der Sanitätsschule der Luftwaffe nach Mainfranken – in die damalige Klingholz-Kaserne im Landkreis Würzburg. Jens Maschmann ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Quelle: Uniklinik/aj/sp
 
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