Mit milliardenschweren Investitionen will Bayern zu einem international führenden Standort für Künstliche Intelligenz (KI) werden - und Würzburg soll dabei eine wichtige Rolle spielen. So hat es die Staatsregierung vier Monate vor der Landtagswahl angekündigt. Was aber wird von den versprochenen Stellen und Neubauten auch zügig finanziert? An der Julius-Maximilians-Universität (JMU) und der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (FHWS) schaut man gespannt auf den Doppelhaushalt 2019/20, den demnächst der Landtag verabschiedet.
Sechs neue Professuren für die Uni, vier für die FHWS
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gab den Macher: Algorithmen seien im globalen Wettstreit die "Bajonette der Zukunft". Und der Beschluss der Staatsregierung vom Juni 2018 war sehr konkret: Hier vier neue Professuren und ein "Kompetenzzentrum für Künstliche Intelligenz und Robotik" (CAIRO) für die Fachhochschule, dort sechs KI-Professuren und ein "Zentrum für Künstliche Intelligenz in Forschung und Anwendung" (CAIRA) für die Uni, wo gar ein Forschungsneubau errichtet werden soll. 50 Millionen Euro stehen dafür im Raum. Die KI-Begeisterung in München war so groß, dass die beiden mainfränkischen Hochschulen von den Zusagen überrascht wurden. Aber man nahm den Ball gerne auf und begann umgehend, konkrete Konzepte zu entwickeln.
Dagegen scheint man im Wissenschaftsministerium vier Monate nach der Landtagswahl ein wenig auf die Euphoriebremse zu treten. Zu konkreten Finanzen und Stellen wolle man sich erst nach Verabschiedung des Haushalts durch den Landtag äußern, heißt es auf Anfrage. Es gilt in München als offenes Geheimnis, dass die Staatsregierung vor der Wahl mehr versprochen hat, als der Etat hergibt. Hinter den Kulissen wird derzeit eifrig gefeilscht und gerungen.
Und in Würzburg? Hier bauen die Hochschulleitungen darauf, dass die KI-Offensive vor der Wahl ernst gemeint war. "Wir vertrauen auf den Ministerratsbeschluss", sagt Uni-Präsident Alfred Forchel, und "wir hoffen, dass man uns die zugesagten Stellen zeitnah besetzen lässt." Berufungsverfahren bräuchten in der Regel etwa ein Jahr. Finanziell würden sich die sechs Professuren also erst 2020 niederschlagen.
Informatik-Professor Andreas Hotho, verantwortlich für das geplante KI-Zentrum, setzt ebenfalls auf das versprochene Komplettpaket. "Das wäre wichtig für die Dynamik. Ansonsten haben wir Stückwerk." Der Fachmann warnt vor einem Standortnachteil: Je später die Professuren bewilligt werden, desto schlechter könne man an Bundesprogrammen teilnehmen. "Das schadet Bayern."
KI-Forscher sollen unter einem Dach zusammenarbeiten
Auf grünes Licht aus dem Landtag wartet die Uni auch für den KI-Neubau am Würzburger Hubland-Nord. Dort sollen zwölf Professoren forschen und Synergien entwickeln. Sechs von ihnen stammen aus fünf Fakultäten, in deren Fachgebieten KI-Themen aufschlagen - neben der Informatik in der Biomedizin, der Chemie, den Wirtschafts- oder auch in den Literaturwissenschaften.
In der Medizin etwa kann Künstliche Intelligenz die Ärzte in der Diagnostik unterstützen. Es geht um Fragen wie maschinelles Lernen, Datenverwertung, Bild- und Textanalyse, ethisch-rechtliche Aspekte oder den Transfer in die Wirtschaft: Laut Forchel kooperiert die Uni mit einigen großen Unternehmen in der Region bei der KI-Entwicklung, das Interesse sei enorm. Die Industrie sucht händeringend nach Spezialkräften. Für deren Ausbildung sind Uni und FHWS wichtige Partner.
Universität und FHWS wollen kooperieren
Hinzu kommen am KI-Zentrum der Uni die sechs neuen, zugesagten Professuren: Die Informatiker sollen Methoden und Algorithmen entwickeln. Während die FHWS mit ihrem Robotik-Schwerpunkt und einem eigenen Studiengang mehr die angewandte Forschung im Blick hat, erarbeitet die Universität vor allem die Grundlagen.
Idealerweise wirken beide Hochschulen bei der Künstlichen Intelligenz zusammen - genau dies ist geplant. Die Uni ist wiederum Teil des bayernweiten Netzwerkes "Künstliche maschinelle Intelligenz" - neben den Standorten München, Erlangen, Augsburg, Bayreuth, Ingolstadt und Amberg-Weiden.
Wissenschaftsminister: Jeder KI-Standort mit eigenem Schwerpunkt
Sind da Verteilungskämpfe vorprogrammiert? Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler spricht von einer "Schlüsseltechnologie". Er erwartet, dass sich die Kompetenzen ergänzen und Standorte nicht konkurrieren: "Jede Einrichtung und jede Region trägt mit ihrem Know-How dazu bei, den Freistaat international als führenden Standort Künstlicher Intelligenz sichtbar werden zu lassen."