Es ist ein Zeichen gestiegenen Selbstbewusstseins und der Lust auf die politische Debatte: Die Sozialdemokraten in Stadt und Landkreis Schweinfurt rechnen sich bei den Wahlen zum Landtag und Bezirkstag im Herbst 2023 echte Chancen aus. Sie wollen die Übermacht der CSU brechen, indem sie mit Schonungens Bürgermeister Stefan Rottmann und Landrat Florian Töpper ihre zwei beliebtesten und profiliertesten Kommunalpolitiker ins Rennen schicken.
Bei der Nominierungsversammlung am 10. September versicherte Stefan Rottmann, er sei "motiviert bis in die Haarspitzen". Er wolle sich nicht mehr den Bürgern vor Ort gegenüber für "verfehlte CSU-Politik in München" in allen möglichen Lebensbereichen rechtfertigen müssen. Wenn die Kommunen selbst entscheiden können, gehe auch etwas voran – bestes Beispiel sei die Entwicklung seiner eigenen Gemeinde Schonungen, deren Bürgermeister Rottmann seit elf Jahren ist.
Wie sieht die CSU die Nominierung von Rottmann, der sich als Nachfolger des früheren CSU-Staatssekretärs Gerhard Eck bewirbt, der im Frühjahr bekannt gab, nicht mehr zu kandidieren? Gelassen, wie die Schwebheimer Vorsitzende der Landkreis-CSU und Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber auf Nachfrage dieser Redaktion erklärt. Aufmerksam zur Kenntnis genommen hat man die Geschlossenheit der SPD sicher, doch das Selbstbewusstsein der Christsozialen ist zumindest nach außen hin nach wie vor groß genug, das Direktmandat verteidigen zu können.
Für das Direktmandat bewerben sich gleich vier CSU-Kandidaten
Gleichwohl verlief die Kandidaten-Suche der Christsozialen für die Eck-Nachfolge bisher nicht reibungslos. Das CSU-Kandidaten-Rennen im Stimmkreis Schweinfurt ist völlig offen, nachdem im Sommer der junge Gochsheimer Bürgermeister Manuel Kneuer sowie das Gerolzhöfer Stadtoberhaupt Thorsten Wozniak ihre Hüte selbst aus dem Kandidaten-Ring nahmen.
Bei der Nominierung am 7. Oktober im Marienbachzentrum in Dittelbrunn entscheiden jetzt 100 Delegierte (24 aus der Stadt, 76 aus dem Landkreis Schweinfurt), wer CSU-Direktkandidat oder -kandidatin wird. Eine Empfehlung gibt Anja Weisgerber nicht ab, "alle sind sehr geeignet, so eine Auswahl bedeutet gelebte Demokratie". Antreten werden der Junge-Union-Bezirksvorsitzende Thomas Siepak, die Frauen-Union-Kreisvorsitzende Martina Gießübel, der Bürgermeister von Waigolshausen Christian Zeißner sowie der Schweinfurter Stadtrat und BRK-Bezirksvorsitzende Bernd Weiß.
Letzterer war bereits CSU-Landtagsabgeordneter: Von 2003 bis 2013 vertrat der 54-Jährige den Stimmkreis Haßberge/Rhön-Grabfeld im Landtag, von 2008 bis 2009 war Weiß Staatssekretär im Innenministerium. Nach einem Streit mit Ministerpräsident Horst Seehofer trat er seinerzeit vom Kabinettsposten zurück.
Rottmann holte bei der Kreistagswahl mehr Stimmen als die jetzigen CSU-Konkurrenten
Ein Blick auf die vergangenen Kommunalwahlen zeigt, dass es trotz allem kein Selbstläufer für die CSU sein könnte. Rottmann sitzt in Schonungen fest im Sattel, wurde 2020 mit über 80 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Er ist gut vernetzt in der Partei und der Region rund um Schweinfurt, zumal der Stimmkreis für die Landtagswahl die Stadt und den Altlandkreis Schweinfurt umfasst, nicht aber die Region Gerolzhofen, die dem Stimmkreis Kitzingen zugehörig ist.
Außerdem hatte Rottmann bei der Kreistagswahl 2020 das zweitbeste Ergebnis der SPD nach Landrat Florian Töpper. 29.709 Stimmen sind ein Pfund und waren deutlich mehr für den jetzigen Fraktionsvorsitzenden im Kreistag, als sie die CSU-Männer Siepak (23.449) oder Zeißner (14.242) hatten. Lediglich Martina Gießübel, die Tochter des verstorbenen früheren Grafenrheinfelder Bürgermeisters Robert Gießübel, lag mit 32.847 Stimmen vor Rottmann. Wie bekannt und beliebt der Schweinfurter Stadtrat Bernd Weiß in den Landkreis-Gemeinden ist, ist schwer vorherzusagen.
Nicht zu vergessen: Bei der Wahl 2018 hatte nicht SPD-Kandidatin Kathi Petersen die zweitmeisten Stimmen nach Gerhard Eck, sondern der Grünen-Kandidat Paul Knoblach mit 14,5 Prozent. Er zog dann überraschend über die Liste in den Landtag ein und kandidiert auch 2023 wieder.
Ob es ein knapper Wahlabend wird und es eine Überraschung wie 2018 mit dem Grünen-Abgeordneten Patrick Friedl in Würzburg auch in Schweinfurt gibt, bleibt abzuwarten. Erfahrung mit knappen Wahlergebnissen hat Stefan Rottmann: Als er 2010 zum damals jüngsten Bürgermeister in Deutschland gewählt wurde, hatte er drei Stimmen mehr als CSU-Konkurrent Martin Oßwald. Bayerns damaliger SPD-Chef Florian Pronold nannte ihn "eines unserer größten politischen Talente". Und er weiß, wie man einen auf die Bedürfnisse der Wählenden gerichteten Wahlkampf führt, insbesondere in den Sozialen Medien.
Kann SPD-Landrat Florian Töpper seine Position weiter festigen?
Mindestens ebenso interessant ist im Herbst 2023 der Blick auf die Bezirkstagswahl. Spätestens seit der Landrats-Wahl 2020, die Amtsinhaber Florian Töpper mit drei Viertel der Stimmen klar gegen CSU-Herausforderer Lothar Zachmann gewann, ist das Verhältnis zwischen dem Landrat und den Christsozialen angespannt. Zumal es Töpper gelang, eine sogenannte "bunte" Mehrheit ohne CSU und AfD im Kreistag zu schmieden.
Töpper war bei der Kreistagswahl der absolute Stimmenkönig, holte mit 53.908 sogar mehr als CSU-Urgestein Gerhard Eck mit 50.893 oder Anja Weisgerber (49.473). Dass der Landrat auch im Bezirkstag Weichen stellen will, ist angesichts des Bezirkskrankenhauses in Werneck nachvollziehbar.
Seine Kandidatur ist aber mehr: Sie ist eine Kampfansage an die CSU, für die der seit 2013 im Bezirksrat sitzende Stefan Funk wieder antritt. Der ist als Fraktionsvorsitzender im Schweinfurter Stadtrat ebenso gut vernetzt und als Bezirkstags-Fraktionsvorsitzender auch einer der Kandidaten für die Nachfolge des scheidenden Bezirkstags-Präsidenten Erwin Dotzel. Nach der Kommunalwahl 2020 in Schweinfurt, bei der die CSU vier Mandate verlor, schmiedete er die schwarz-grüne Koalition, sicherte so seiner Partei die Mehrheit im 44-köpfigen Stadtrat.
Der Druck liegt auf Stefan Funk, der diese Herausforderung seinem Naturell entsprechend gerne annimmt. Das Direktmandat für den Bezirkstag gegen den SPD-Landrat zu verlieren, hätte wohl auch Folgen für die Kommunalwahl 2026: Es würde die Stellung von Florian Töpper mutmaßlich weiter stärken und die CSU-Rückkehr ins Landrat-Büro sicher erschweren. Umgekehrt bedeutet es aber auch, dass eine Niederlage gegen Stefan Funk an Töppers Nimbus kratzt. Ein spannender Wahlkampf steht bevor.
Sowohl für die Bildauswahl als auch für die Sensibilität wie man einen Kandidaten puschen kann, bekommt die Mainpost für diesen Artikel die Note 1 - aus Sicht von Stefan Rottmann und der SPD.
Wie kann man für die CSU das Bild eines Kandidaten drucken, wenn wie selbst im Artikel berichtet, vier Kandidaten zur Verfügung stehen. Von Stefan Funk gibt es sicher hunderte Archivbilder bei der MP aber man wählt ein Bild aus, welches den Bewerber unvorteilhaft darstellt. Wieso hat man nicht auch über Kandidaten anderer Parteien spekuliert? Wieso gibt es hierzu keine Bilder? Es ist seit langem deutlich erkennbar, dass die Mainpost über Anträge, Fragen und Wortmeldungen von Gemeinderäten aus den Gemeinderatssitzungen in Schonungen nicht berichtet. Das ist gegenüber den ehrenamtlichen Gemeinderäten die sich vorbereiten und Sachverstand einbringen eine Sauerei.
Berichte über Gemeinderatssitzungen aus anderen Mainpost-Regionen zeigen, dass es auch anders geht.