
Die Würzburger Erlöserschwestern erklärten Ende Juli, sie wollen Ende des Jahres das Krankenhaus St. Josef mit 272 Betten und 800 Mitarbeitenden aus Kostengründen schließen. In den vergangenen Wochen wurden zwar offenbar Gespräche mit Interessenten für eine Übernahme geführt, doch mit wenig Hoffnung auf Erfolg. Viele Bürgerinnen und Bürger hoffen nach wie vor darauf, dass es eine Lösung gibt, das Krankenhaus doch zu erhalten.
Einen Ansatz hatte es tatsächlich schon vor gut zweieinhalb Jahren gegeben, nämlich die unter dem Namen "Schweinfurter Modell" bekannt gewordene Kooperation. Doch was waren die Hintergründe und welche Vorschläge machte der von St. Josef wie Leopoldina beauftragte Gutachter Professor Dr. Norbert Roeder aus Münster konkret?
Was ist der Ursprung des "Schweinfurter Modells"?
Schon während der Corona-Pandemie begannen Gespräche über eine enge Kooperation zwischen dem Leopoldina-Krankenhaus der Stadt Schweinfurt mit 711 Betten und 2700 Mitarbeitenden sowie dem Josefs-Krankenhaus der Kongregation der Schwestern des Erlösers mit 272 Betten und 800 Mitarbeitenden. "Kooperation statt Konkurrenz" war das Motto beider Häuser. Als am 27. April 2022 in einer Pressekonferenz die Kooperation verkündet wurde, die bis 2030 eine Verschmelzung beider Häuser mit einer Zwei-Träger-Lösung zur Folge gehabt hätte, waren davon die Mitarbeitenden in St. Josef wie die Öffentlichkeit überrascht.
Damals war zunächst geplant, dass das Leopoldina-Krankenhaus sich zu einem Zentralklinikum entwickelt, mit akutstationärer Versorgung, Notfallversorgung und ambulanten Angeboten in Ergänzung zum stationären Leistungsspektrum. Das Josefs-Krankenhaus sollte neue Schwerpunkte haben als Bildungszentrum für Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie Sozialzentrum für Altersmedizin, Tagesklinik für Schmerztherapie, Palliativmedizin, Sozialstation und Pflegeheim sowie ambulante Versorgung inklusive MVZ.
Was war die Empfehlung von Professor Roeder?
Der in der Branche geschätzte Gutachter wurde beauftragt, nachdem es vor allem in St. Josef Kritik aus den Bereichen Pflege und Medizin gegeben hatte. Er sollte das Vorhaben überprüfen und führte im Herbst und Winter 2022 und 2023 Gespräche mit allen Beteiligten. Roeder beurteilte das Vorhaben der engen Kooperation als den richtigen Weg und schlug ein Modell vor, das ein zentrales Krankenhaus mit zwei Betriebsstätten vorsah. Unabdingbar für Roeder war, dass es nur eine Träger-Gesellschaft gibt, an der sich Stadt wie Kongregation beteiligen. "Das St. Josef Krankenhaus bleibt Krankenhaus als Bestandteil eines großen Schweinfurter Krankenhausunternehmens", so Roeders Empfehlung im Herbst 2023.

In St. Josef hätte es demnach die Abteilungen Orthopädie, Geriatrie mit Alterstraumazentrum, eine Basisversorgung der Inneren Medizin, Palliativmedizin, HNO als Belegabteilung, eine Intermediate Care Station sowie das Ambulanzzentrum geben sollen. Im Leopoldina wären die zentrale Notaufnahme sowie die Unfallchirurgie gewesen sowie Allgemein- und Viszeralchirurgie, Gefäßchirurgie, Urologie, Neurologie, Neurochirurgie, Innere Medizin, Intensivtherapie und das Eltern-Kind-Zentrum mit Kinder- und Jugendmedizin, Neonatologie, Gynäkologie und Geburtshilfe.
Was war die Empfehlung für Ambulanzzentrum und Pflegeschule?
Ein gemeinsames Ambulanzzentrum, aufbauend auf den bestehenden Strukturen, wurde als sinnvoll erachtet und wäre vor allem am Standort St. Josef gebündelt worden. Mit einer zentralen Anmeldung für alle ambulanten Angebote hätte man aus Sicht des Gutachters "planbare ambulante Operationen qualitativ hochwertig, aber auch wirtschaftlich effizient erbringen können". Als wichtigen Baustein für die Personalsicherung der Zukunft und logische Folge der Zusammenführung als ein Klinikum sah Professor Roeder den Zusammenschluss der beiden Pflegeschulen an einem Standort, unter Umständen auch in einem Neubau, an.

Warum sind die Erlöserschwestern dem Gutachter-Vorschlag nicht gefolgt?
Bereits bei den ersten Gesprächen zwischen Stadt und Kongregation wurde nach Informationen von Beteiligten intensiv darüber gesprochen, wie die christlichen Werte von St. Josef in ein kommunal geführtes Krankenhaus übernommen werden können. Gleichwohl war bei den ersten Überlegungen eine Zwei-Träger-Lösung im Gespräch, die Professor Roeder ausschloss. Ein Weg, den die Kongregation nicht mitgehen wollte.
Aus "weltanschaulichen Gründen", so Generaloberin Monika Edinger, stieg die Kongregation aus dem "Schweinfurter Modell" aus. "Eine Ein-Träger-Lösung in gemeinsamer Gesellschaft mit einem kommunalen Träger würde unserer Identität und unserem christlichen Auftrag zuwiderlaufen", erklärte die Generaloberin im Oktober 2023. Diese Haltung hat sich bis heute nicht geändert, im Ferienausschuss im August verteidigte der Geschäftsführer der Kongregation, Martin Stapper, den Standpunkt gegen massive Kritik von Seiten der Kommunalpolitik.

Warum konnte die Stadt das "Schweinfurter Modell" nicht alleine stemmen?
Die Stadt prüfte das Angebot der Kongregation, St. Josef zu kaufen, intensiv. Doch es scheitert an den Finanzen. "Die krankenhauspolitischen Umstände sowie die wirtschaftliche Situation des Leopoldina-Krankenhauses und der Stadt Schweinfurt, bieten derzeit keinen Spielraum für das geplante Projekt", erklärt die Stadt im April 2024. Das Ende des "Schweinfurter Modells" führt dazu, dass die Kongregation nach anderen Käufern sucht. Als der Bezirk im Juli absagt, entscheidet man sich für die Schließung zum 31. Dezember.
Am Dienstag, 17. September, veranstaltet das Schweinfurter Tagblatt ab 20 Uhr in der Stadthalle eine Podiumsdiskussion zur Zukunft der Krankenhauslandschaft in Schweinfurt. Zugesagt für die Diskussion haben die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU), die Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Sabine Dittmar (SPD), Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) und der Geschäftsführer des Leopoldina-Krankenhauses in Schweinfurt, Jürgen Winter. Moderatoren sind Marcel Dinkel sowie Oliver Schikora.