
Am 23. Juli gab die Kongregation der Schwestern des Erlösers aus Würzburg bekannt, dass sie das Krankenhaus St. Josef in der Schweinfurter Innenstadt nach 93 Jahren zum Jahresende schließen muss. Der Grund: Der Orden kann sich aufgrund der Unwägbarkeiten bei der Finanzierung der deutschen Krankenhäuser den Betrieb nicht mehr leisten. Doch wie lief das vor gut einem Jahr mit dem sogenannten Schweinfurter Modell? Zu dieser Frage sah sich der Geschäftsführer des Ordens, Martin Stapper, in der Ferienausschusssitzung des Stadtrates deutlicher Kritik ausgesetzt.
Hintergrund der Kritik ist der Ausstieg der Kongregation nach monatelangen Verhandlungen und einem unabhängigen Gutachten aus dem Schweinfurter Modell. Das war im Herbst 2023. Das Schweinfurter Modell beinhaltete eine enge, abgestimmte Kooperation zwischen dem Leopoldina-Krankenhaus und St. Josef. Ursprünglich vorgesehen waren zwei Träger, doch der Gutachter empfahl aus nachvollziehbaren betriebswirtschaftlichen Gründen einen Träger mit zwei Gesellschaftern, der Stadt und der Kongregation.
Doch dieses Modell scheiterte, weil die Kongregation aus "weltanschaulichen" Gründen das nicht umsetzen wollte, wie es damals hieß. Den Kauf des Krankenhauses und die Umsetzung des Konzeptes als alleiniger Träger konnte sich wiederum die Stadt Schweinfurt nicht leisten.
Kongregation sah zu viele Probleme in Zusammenarbeit mit kommunalem Träger
Martin Stapper erklärte im Ferienausschuss: "Dass das Schweinfurter Modell nicht geklappt hat, liegt nicht daran, dass die Kongregation nicht gewollt hat." Eine Bemerkung, die zahlreichen Widerspruch auslöste. CSU-Stadtrat Klaus Rehberger brachte es plakativ auf den Punkt: "Ich frage mich, wo die Erlöserschwestern falsch abgebogen sind?", erklärte er in Richtung Martin Stapper. Es gebe durchaus verschiedene Modelle, bei denen kirchlich geprägte Häuser mit kommunalen Häusern fusioniert hätten, so Rehberger. Die Lösung sei immer eine gemeinsame Ethikkommission gewesen, "die Leitlinien erarbeitet".
Stapper wies den Vorwurf zurück, "wir sind richtig abgebogen, denn es gibt rote Linien für uns." Man habe in Arbeitsgruppen mit der Stadt und dem Leopoldina lange über das gemeinsame Werteverständnis aus medizinischer Sicht diskutiert. "Und zu 95 Prozent haben wir auch dieselbe Basis", so der Geschäftsführer. Aber eben nicht zu hundert Prozent. Aus der Sichtweise des Ordens heraus stehe das christliche Leitbild und die Spiritualität an erster Stelle, diesem Anspruch und dem religiösen Weltbild müssten die Führungskräfte entsprechen.
Medizinisch gebe es ebenfalls rote Linien: "Bei Abtreibungen haben wir null Prozent Toleranz", so Stapper. Das Problem aus Sicht des Ordens sei, dass man selbst Teil der Kirche sei, eine Kommune aber der weltanschaulichen Neutralität verpflichtet sei. Ein kommunaler Träger dürfe Personal nicht nach kirchlichen Gesichtspunkten einsetzen.

Kongregation musste Liquidität des Krankenhauses sicherstellen
Martin Stapper verwies auch noch einmal auf die finanziellen Aspekte, die der Entscheidung, bereits Ende 2024 zu schließen, zugrunde liegen. Im Jahr 2023 habe man in St. Josef ein Minus von vier Millionen Euro erwirtschaftet, "das gab es noch nie in dieser Größenordnung und ist das höchste Defizit in der 93-jährigen Geschichte", so der Geschäftsführer der Kongregation.
Berücksichtige man die derzeitigen Leitplanken in der Gesundheitspolitik, wird klar, dass die defizitäre Situation noch drei bis vier Jahre weitergeht. Eine Einschätzung, die auch der Geschäftsführer des Leopoldina-Krankenhauses, Jürgen Winter, im Exklusiv-Interview mit dieser Redaktion teilte. "Wir können es uns nicht leisten", betonte Stapper, zumal der Orden bereits geraume Zeit gefordert war, als Eigentümer die Liquidität des Krankenhauses zu sichern, damit Löhne, Gehälter und die laufenden Kosten gezahlt werden konnten.
Das Problem: "Das Ordensvermögen ist für die Altersversorgung der Schwestern. Da kann und werde ich nicht für Mittel für St. Josef drangehen", betonte Martin Stapper. Es habe nur zwei Optionen gegeben: Schließung oder Verkauf.

Kathi Petersen: Binnenmoral der Kirche nicht auf die Gesellschaft übertragen
Das sah Kathi Petersen (SPD) nicht ganz so. Die Stadt könne St. Josef nicht alleine übernehmen, "ich sehe schon die Kongregation, aber auch die Landesregierung in der Pflicht." Ihre Kritik war deutlich: "Natürlich muss man als Kongregation die christlichen Werte hochhalten, aber man kann nicht die Binnenmoral gesellschaftlich verpflichtend machen."
Der Großteil der Gesellschaft könne nicht nachvollziehen, warum die Gespräche mit dem Leopoldina keinen Erfolg hatten. Man dürfe als Kongregation "nicht erwarten, dass man das in einem säkularen Umfeld durchsetzen kann. Ich frage mich schon, was diese fünf Prozent waren, die es am Ende unmöglich gemacht haben." Warum der Orden "die selbst gestellte Hürde nicht übersprungen hat", verstehe sie nicht, so Kathi Petersen.
Kongregations-Geschäftsführer Martin Stapper war in seiner Erwiderung auf die Kritik sichtbar emotional. Es sei dem Orden bewusst, dass sich die Gesellschaft verändert habe, doch man werde das eigene Wertesystem dem nicht unterordnen. "Gestehen Sie uns zu, dass wir unsere Spiritualität für uns definieren", so Stapper, der die wertschätzende Ansprache von Menschen auch als Erfolgsfaktor von St. Josef definierte. "Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind Erlöserschwestern und Brüder", so Stapper.
Mal abgesehen davon, dass es finanzielle Gründe sind, warum das Krankenhaus geschlossen wird - und das Josef da in guter Gesellschaft ist (siehe Kommentar weiter oben) - aus welchem Grund soll ein Orden, dessen Grundwerte ja von Ihnen und vielen anderen Kommentatoren so vehement abgelehnt werden, sich weiterhin engagieren - wenn er doch so verachtenswerte Ideale hat, die man mit Füßen treten darf? Erschließt sich mir jetzt nicht - so nach dem Motto: Ich darf dich zwar medizinisch versorgen - im Gegenzug dazu darfst du mich beschimpfen?
Welche Organisation macht sowas mit?
Christof Bretscher, Dr.med.-Internist
Und wenn mit diesem Leitbild die jeweilige Einrichtung nicht mehr geführt werden kann, muss ich mir überlegen: ist mein Leitbild so, dass ich es verändern kann ohne meine Grundlagen zu verraten - oder ich muss mich davon trennen!
Um es mal überspitzt zu formulieren: im weltlichen Bereich gibt das Grundgesetz die Grundlage - und da steht: Die Todesstrafe ist abgeschafft. Kann ich nun eine Kooperation eingehen mit einem internationalen Gerichtshof, der im Zweifelsfall die Todesstrafe für Kriegsverbrechen verhängen würde - ich wäre verpflichtet, Straftäter an dieses Gericht zu übergeben - oder wäre in dem Fall eine Zusammenarbeit ausgeschlossen?
Wo ziehe ich hier eine Grenze? Der Orden hat seine Grenzen gezogen - das ist sein gutes Recht - und das ist zu akzeptieren!
Juli: Hammelburg / Lindenberg
Juni: St.Vincetius-Klinik Heidelberg / Rotkreuzklinik Wertheim / Kreisklinik Vinzentinum Ruhpolding
Mai: Bremerhaven-Mitte / Ratingen
April: Rheinfelden
März: Lahnstein
Februar: Schongau
Januar: Dippoldiswalde
Dezember 23: Geislingen / St.-Lukas Klinik Solingen / St. Josef-Krankenhaus Haan / Neuendettelsau / Lungenklinik Ballenstedt / Hautklinik Bad Rothenfelde
November 23: Holzminden / Fachklinik Dr. Witwity
Oktober 23: Marienkrankenhaus Lübeck
August 23: Bad Gandersheim
Juli 23: Bad Waldsee
Juni 23: Annweiler / Bad Ems / Radolfzell
März 23: Reichenbach / ev. Krankenhaus Saarbrücken / Ortho-Klinik Dortmund / St. Josef Linnich / St. Josef Adenau
(Quelle: https://www.gesundheitsmarkt.de/krankenhausschliessungen-schliessung-klinik-aktuell-2024/ )
Das Josef in SW ist also bei weitem nicht das einzige Krankenhaus, dem finanziell die Luft ausgeht. Da kann mir KEINER erzählen, das wäre politisch nicht GENAU SO gewollt!
es kursiert das Gerücht, dass die Stadt bzw das Leo als Bedingung stellten, 80% der Erlöse einzusacken - wie hätte es da eben bei Kosten & Investitionen ausgesehen? Hätte das Leo da auch einen derart großen Anteil gestemmt?
Die Entscheidung der Kongregation bleibt in Bezug auf die weltanschaulichen Differenzen natürlich sehr fadenscheinig, aber am Ende war das wirklich nicht alles, was das Schweinfurter Modell torpedierte.
Liebe Mainpost, mal bitte auch in diese Richtung recherchieren!
M. Lerm
Nach jahrelangen Defiziten ist die Scvhließung dieses Krankenhauses rein betriebswirtsdchaftlich eigentlich längst überfällig.
Aber auch hier reagiert die Politik nicht konsequent!
Während andere unternehmen bei derartigen Bilanze nlängst wegen Insolvenzverschleppung ne staatliche Anzeige inklusive Gerichtsverfahren sich stellen müssten, scheint dies bei deutschen Krankenhäusern und Pflegeheimen anders gewertet zu werden.
Ja, bei den Schwestern geht es an die Substqanz, die viele Tausend Schwestern seit Gründung erwirtschaftet haben.
Ich finde es sowohl sozial rücksichtsvoll als auch solidarisch, dass die Kongregation Klarheit schafft und sich zurückzieht.
Der Staat löst sein Versprechen der medizinischen Versorgung nicht ein!
Mir ist kein Krankenhaus bekannt, dass langfristig derart hohe Defizite aus dem Eigenkapital deckt!
Da wird eher mal der Rotstift angesetzt…
Da ist der Versuch, dieses Desaster jetzt'dem Staat' anzukreiden ziemlich wohlfeil.
Pfui.
Ich wünsche den Erlöserschwestern von ganzem Herzen eine vollumfänglich erlösende Zukunft.
Oder gefällt Ihnen einfach die Entscheidung nicht - und deshalb werfen Sie mit Vorurteilen um sich und werden beleidigend?
Dazu kann ich nur sagen - Pfui!
Und das, was Sie geschrieben haben, sind Beleidigungen und kein Urteil - und begründet schon gar nicht!
M. Lerm