Es war eine Entscheidung, die sich seit langem abgezeichnet hatte. Und doch fiel sie schwer. Als am 19. Oktober gegen 13.35 Uhr Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) im kleinen Sitzungssaal im Rathaus erklärte, die Stadt steige aus finanziellen Gründen aus der Planung der Landesgartenschau 2026 aus, verband er damit sein "außerordentliches" Bedauern. Neben ihm sitzend, mit versteinerten Mienen, die Fraktionsvorsitzenden der CSU, Stefan Funk, und der Grünen, Holger Laschka.
Gerade für die schwarz-grüne Koalition im Stadtrat, die einzige in dieser Form in Unterfranken seit der Kommunalwahl 2020, ist die Tatsache, dass der OB die Reißleine in Sachen Landesgartenschau zog, eine bittere Pille. Erst Ende Juni waren insbesondere Stefan Funk und Holger Laschka diejenigen, die sich als wortgewaltige Befürworter an die Seite des Oberbürgermeisters stellten.
Sie verteidigten die Pläne für die Landesgartenschau und das grüne Band bis zum Main. Sie kritisierten die anderen Fraktionen und Gruppen, die damals schon den Ausstieg forderten. Dreieinhalb Monate später verkünden sie ihn selbst.
Die normative Kraft des Faktischen ist nicht zu leugnen. Die Gewerbesteuer-Einnahmen der Stadt sind seit Jahren nicht mehr auf dem Niveau wie 2018, sanken schon vor der Corona-Krise aufgrund der Mobilitätswende und der Auswirkungen auf die Schweinfurter Automobilzulieferer. Dazu kommt eine Mischung aus Problemen, die nicht nur die Kommunen belasten, sondern alle Bürgerinnen und Bürger: Energiepreisexplosion, stark steigende Baukosten, Fachkräftemangel, Inflation.
Vor allem das finanzielle Risiko ist es, das den OB nun bewog, die Reißleine zu ziehen. Er selbst habe erst im September, so versichert er auf Nachfrage, die aktuellen Zahlen bekommen. Trotz der erwarteten, sehr großzügigen Förderung des Freistaates Bayern und verschiedener EU-Programme, die es nur in Verbindung mit der Durchführung einer Landesgartenschau gegeben hätte, bleibt am Ende ein Eigenanteil von 19 Millionen Euro für den städtischen Haushalt.
Dann hätte man zwar einen Bürgerpark nach LGS-Kriterien, eine sanierte Panzerhalle 237 plus Umgriff sowie ein grünes Band mit Entsiegelung am Schelmsrasen und Spitalseeplatz sowie eine umgestaltete Gutermann-Promenade. Aber nach wie vor das Risiko, dass 2026 deutlich weniger Menschen kommen als erwartet und dadurch das Defizit ebenso steigt wie durch zu erwartenden weiter steigenden Baukosten.
CSU, Grüne und Oberbürgermeister bedauern den Ausstieg aus der Planung
Was sind die kommunalpolitischen Konsequenzen für den Oberbürgermeister? Der Ausstieg hat, so zumindest der Eindruck bei der Pressekonferenz, dazu geführt, dass sowohl CSU als auch Grüne ihr politisches Schicksal noch enger mit dem des OB verbinden mussten. Es sei eine gemeinsame Entscheidung und ein gemeinsamer Weg, den man nun gehen werde, betonen Remelé, Funk und Laschka. Bedeutet: Gemeinsame Verantwortung für alles, was nun entschieden wird, und vor allem, wann es fertig ist.
Das Aus der Landesgartenschau ist kaum verkündet, da geht der Blick der Verantwortlichen schon in die Zukunft. "Schweinfurt muss jetzt nach vorne schauen, das haben wir in Krisen immer so gemacht", erklärte Stefan Funk. "Es ist ein schmerzhafter Abschied von einem Herzensprojekt", so Holger Laschka, "aber lassen Sie uns nun fraktionsübergreifend an der neuen Idee arbeiten." "Ich will den Kopf nicht in den Sand stecken", sagte der OB und fügte an: "Unsere Aufgabe ist es, nach vorne zu schauen und das Beste aus der Lage zu machen."
Ein Bürgerpark, eine sanierte Panzerhalle und weiterhin ein grünes Band
Was soll nun auf dem Gelände in der Ledward Kaserne entstehen? So ganz von der Idee der Landesgartenschau lassen, wollen weder Oberbürgermeister noch CSU und Grüne. Dem Stadtrat sollen am 25. Oktober nicht nur der Ausstieg empfohlen, sondern auch gleich Alternativen vorgelegt werden. Der OB möchte in einem ersten Schritt die bestehenden Planungen des Büros Planorama nutzen und einen Bürgerpark, wenngleich nicht in Landesgartenschau-Qualität, bauen.
An dem Ziel, die Stadt klimaresilienter zu machen, eine "grüne Lunge in Ledward" zu bauen, hält Sebastian Remelé ebenso fest, wie an der Einschätzung, das Projekt sei "die größte Umweltschutzmaßnahme in der Stadt seit dem Zweiten Weltkrieg." Neben den Grünanlagen in Ledward sollen bis 2026 auch der Theodor-Fischer-Platz und der Schelmsrasen umgestaltet und entsiegelt sein. Das könne die Bauverwaltung leisten, so der OB. Außerdem wolle man die Panzerhalle 237 und ihre Umgebung umgestalten und eine Veranstaltungshalle daraus machen.
Das grüne Band durch die Stadt – von den Grünen immer als Grundbedingung für ihre Zustimmung zur Landesgartenschau genannt – soll es laut OB auch weiterhin geben, aber zeitlich deutlich gestreckt. Frühestens ende 2028 soll der Spitalseeplatz umgestaltet sein, erst nach der Sanierung der Maxbrücke die Gutermann-Promenade, also Anfang der 2030er.
CSU und Grüne gehen diesen Weg mit. Der Park in Ledward könnte aus Sicht von Stefan Funk im Grunde "eine Landesgartenschau ohne Kassenhäuschen" werden. Für Holger Laschka ist der Aspekt des Klimaschutzes genauso wichtig wie der der Stadtentwicklung, denn seiner Einschätzung nach "hat Schweinfurt ein Imageproblem." Eine Landesgartenschau hätte da seiner Meinung nach helfen können, die Stadt in positiverem Licht zu zeigen. Jetzt sei es Aufgabe des Stadtmarketings, entsprechend für die Stadt und ihre Angebote zu werben.
Ein wenig Demut würde Herrn Laschka gut zu Gesicht stehen. Ob er sich wohl schon einmal Gedanken darüber gemacht hat ob er nicht einen Anteil an dem Imageproblem trägt? Am frechsten ist der letzte Satz in dem die Verantwortung an das Stadtmarketing delegiert wird!
Der Scherbenhaufen in Sachen LGS wurde von der schwarz-grüne Koalition im Stadtrat an vorderster Stelle mitverusacht. Herr Laschka ist Fraktionsvorsitzender der Grünen und trägt entsprechend Verantwortung!
Es würde ihm gut zu Gesicht stehen eigene Fehler einzuräumen, sich bei politischen Gegnern zu entschuldigen. Immerhin haben er und Herr Funk ihre versteinerte Miene auf der Pressekonferenz ziemlich gut geübt.