Betrachtet man nur die reinen Zahlen des Jahresabschluss 2022 im Leopoldina Krankenhaus und seinen Tochtergesellschaften, möchte man meinen, die Stimmung sei gut. Einen Überschuss von 4,33 Millionen Euro präsentierte Leopoldina-Geschäftsführer Jürgen Winter dem Stadtrat für 2022 bei einem Bilanzvolumen von 144,75 Millionen Euro. Dennoch war Winters Ausblick geprägt von Skepsis: "Die Aussichten sind wirtschaftlich eher düster."
Die sorgenvolle Prognose des Geschäftsführers der mit gut 2300 Mitarbeitenden größten städtischen Tochtergesellschaft hat viele Gründe. Zum einen spiegelt sich der seit der Corona-Pandemie zu beobachtende deutschlandweite Rückgang an stationären Behandlungen in der Klinik auch in Schweinfurt wider.
27.284 Patientinnen und Patienten wurden 2022 im Krankenhaus stationär versorgt, das entsprach einer Auslastung von 70 Prozent und war gut 13 Prozent unter den Werten von 2019, als man über 32.000 Patientinnen und Patienten stationär versorgte. Das Leopoldina hat damit keine schlechtere Bilanz als andere Kliniken gleicher Größe in Deutschland, der Trend zur Ambulantisierung ist aber bundesweit stark ausgeprägt.
Prognose für das laufende Jahr geht von einem Minus von 5,5 Millionen Euro aus
Dass man für 2022 noch Gewinne verzeichnete, liegt an der Auflösung bestimmter Rückstellungen aus der Vergangenheit, "nicht am laufenden Betrieb", so Jürgen Winter. Für 2023 zum Beispiel gibt es vom Staat keine Ausgleichszahlungen wegen der Corona-Pandemie. Für dieses Jahr, schreibt Jürgen Winter in seinem Geschäftsbericht, geht das Krankenhaus von einem Minus von bis zu 5,5 Millionen Euro aus. Zu spüren bekommt das Krankenhaus vor allem die gestiegenen Energiekosten aufgrund des Ukraine-Kriegs.
Im Zusammenhang mit der derzeit kritisch diskutierten Reform der deutschen Krankenhäuser durch das Bundesgesundheitsministerium unter Minister Karl Lauterbach (SPD), sieht Jürgen Winter weitere Belastungen auf das Leopoldina Krankenhaus zukommen: "Wir werden die Grenzen der Leistungsfähigkeit erreichen." Bis die für das Leopoldina positiven Änderungen in der Finanzierung wirken, werde es drei bis vier Jahre dauern.
Die Schweinfurter Finanzreferentin sorgt sich um das Krankenhaus
Herausfordernd für Jürgen Winter und sein Team ist nicht nur die Frage, wie sich die Krankenhausreform auswirkt. Dazu kommen zwei große Themenfelder, die auch bei der städtischen Finanzreferentin Anna Barbara Keck Sorgenfalten auf der Stirn erzeugen.
Wie geht es mit dem geplanten Verbund ab 2030 zwischen Leopoldina und Krankenhaus St. Josef weiter, nachdem der Träger des St. Josefs, die Würzburger Erlöserschwestern, keine gemeinsame Trägerschaft wollen? Und: Wie sollen Krankenhaus und Stadt Schweinfurt die mit 300 Millionen Euro Kosten geschätzte Sanierung des Leopoldina stemmen, wenn der Freistaat Bayern nur 75 Prozent der Kosten fördert?
Im Zuge der Haushaltsberatungen hatte die Finanzreferentin darauf hingewiesen, dass die Rücklage der Stadt von einstmals 101 Millionen Euro 2019 auf derzeit 49 Millionen Euro gesunken sei. "Die schmerzhaften Einschnitte ins Investitionsprogramm 2023 mit der Absage der Landesgartenschau 2026 und dem Verschieben der Umsetzung des Kulturforums waren zwingend notwendig", so Keck. Eine weitere Priorisierung der Projekte sei unabdingbar, gerade weil das Thema Gesundheitsversorgung auf der Agenda steht.
"Konnte das Leopoldina in den letzten Jahren und Jahrzehnten betriebswirtschaftlich erfolgreich geführt werden, zeigt sich jetzt, dass ein enormer Investitionsstau vorhanden ist", erklärte Keck, die wie Jürgen Winter davon ausgeht, dass die Defizite in den kommenden Jahren größer werden und die Stadt als alleiniger Gesellschafter gefragt sein wird, diese aus dem städtischen Haushalt auszugleichen.