zurück
Karlstadt
Sparkurs des Bistums: Was bedeutet die Kategorisierung für die Zukunft der Kirchen im Pastoralen Raum Karlstadt?
In Gebäude der untersten Kategorie wird kaum noch Geld für Reparaturen gesteckt. Gerade "Zweitkirchen" sind betroffen. Was heißt das für "St. Andreas" und "Heilige Familie" in Karlstadt?
Die St.-Andreas-Kirche in der Karlstadter Alstadt: Noch ist unklar, in welche Kategorie das Gebäude eingeordnet wird und wie die Diözese in Zukunft die Instandhaltung bezuschusst.
Foto: Corbinian Wildmeister | Die St.-Andreas-Kirche in der Karlstadter Alstadt: Noch ist unklar, in welche Kategorie das Gebäude eingeordnet wird und wie die Diözese in Zukunft die Instandhaltung bezuschusst.
Corbinian Wildmeister
 und  Stefanie Koßner
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:19 Uhr

Weniger Gläubige und damit auch weniger Geld. Das Bistum Würzburg der Katholischen Kirche reagiert auf diese Entwicklung und hat sich einen konsequenten Sparkurs auferlegt. Deshalb werden derzeit alle Kirchen, Pfarrhäuser und Pfarrheime kategorisiert. Im Mittelpunkt steht die Frage, in welche Gebäude die Diözese in Zukunft Geld für Sanierungen steckt – und wie viel.

Pfarrer Simon Mayer ist Moderator des Pastoralen Raums Karlstadt und Dekan für Main-Spessart. Im Gespräch mit dieser Redaktion berichtet er, dass es bereits einen ersten Entwurf der Diözese für den Pastoralen Raum Karlstadt gibt. Dem Gebiet gehören 37 Gemeinden an. Es gliedert sich in die drei Bereiche Arnstein, Karlstadt und Zellingen. Etwa 25.000 Katholikinnen und Katholiken leben dort. Insgesamt besitzen die örtlichen Kirchen- und Pfründestiftungen rund 100 Liegenschaften.

Das sind neben Pfarrhäusern und -sälen "über 60 liturgische Räume", also Kirchen und Kapellen. Man sei im Moment in Gesprächen mit der Arbeitsgruppe der Diözese Würzburg, so Mayer. Denn im Fall von Karlstadt gebe es noch "Klärungsbedarf". Die wichtigsten Fragen und Antworten zum aktuellen Stand der Kategorisierung finden Sie hier.

Pfarrer Simon Mayer, Moderator des Pastoralen Raums Karlstadt.
Foto: Corbinian Wildmeister | Pfarrer Simon Mayer, Moderator des Pastoralen Raums Karlstadt.

Wie wird der Großteil der Kirchen im Pastoralen Raum Karlstadt kategorisiert?

"Die meisten Kirchen, die wir haben, fallen in die mittlere Kategorie", berichtet Mayer. Das seien "klassische Dorfkirchen" mit einem regelmäßigen Gottesdienstangebot (Kategorie C). Große Generalsanierungen bezuschusst das Bistum dort nicht mehr. Stattdessen gehe es darum, "den Raum zu erhalten, wie er ist", erklärt Mayer. Das Bistum stellt etwa Geld zur Verfügung, wenn gestrichen werden muss, oder für die technische Ausstattung. 

Unter Kategorie A fallen Kirchen mit "überörtlicher Bedeutung", beispielsweise die Wallfahrtskirche "Maria im Grünen Tal" in Retzbach. Zur einer B-Kirche wird unter anderem "Maria Sondheim" in Arnstein, da sie zentral gelegen ist. 

Wie ist die Situation in Karlstadt? In welche der beiden Kirche investiert das Bistum weiter?

In Karlstadt gibt es die historische St.-Andreas-Pfarrkirche in der Altstadt und in der Siedlung die Kirche "Zur Heiligen Familie" aus der Nachkriegszeit. Die Diözese möchte sich in solchen Fällen künftig nur noch auf eine Kirche pro Ort konzentrieren. Zweitkirchen (Kategorie E) sollen nicht mehr unterhalten werden. Diese will man perspektivisch anders nutzen oder gar abreißen.  

Meistens seien die neuen Pfarreien klein geblieben, berichtet Pfarrer Simon Mayer. Es habe sich dort wenig Leben entwickelt. Im Fall von Karlstadt war das jedoch umgekehrt: Die Altstadtpfarrei konnte nicht mehr wachsen, die Pfarrei in der Siedlung schon. An der "Heiligen Familie" befindet sich zudem das Verwaltungszentrum des Pastoralen Raums Karlstadt und das Dekanatsbüro für Main-Spessart. Die Kirche sei daher anders einzustufen, meint Mayer.

Kunstprojekt in Karlstadt:  Ein P-Seminar des Johann-Schöner-Gymnasiums hat den Glockenturm der Pfarrkirche 'Zur Heiligen Familie' im Herbst 2022 verpackt.
Foto: Thomas Obermeier | Kunstprojekt in Karlstadt: Ein P-Seminar des Johann-Schöner-Gymnasiums hat den Glockenturm der Pfarrkirche "Zur Heiligen Familie" im Herbst 2022 verpackt.

Die St.-Andreas-Kirche könne aber auch nicht zugemacht werden. "Das geht nicht", so der Pfarrer. Aus Sicht des Geistlichen wird es nicht dazu kommen, dass eine der Karlstadter Kirchen aufgegeben werden muss. Über den bisherigen Vorschlag der Diözese möchte Mayer allerdings im Moment nicht sprechen, da weitere Gespräche ausstehen. "Es bleibt noch ein bisschen spannend, wie das sinnvoll gelöst werden kann. Wir werden aber eine verantwortete Lösung für beide finden."

Wo stehen noch zwei Kirchen in Konkurrenz im Pastoralen Raum Karlstadt?

In Retzbach gibt es die St.-Laurentius-Pfarrkirche und die Wallfahrtskirche "Maria im Grünen Tal". Es sei klar, dass man nicht mehr beide Kirchen gleichmäßig erhalten und nutzen könne, sagt der Dekan. Das kirchliche Leben habe sich in den vergangenen 40 bis 50 Jahren stark in die Wallfahrtskirche verlagert. Diese sei größer, barrierefrei zu erreichen und habe einen Parkplatz. "Das sind alles Faktoren, die da reinspielen." Allerdings sei die barocke Pfarrkirche ortsbildprägend. Ein Verkauf wäre daher schwierig. "Da wird man schauen müssen, wie man die nutzen kann." Auch der Denkmalschutz spiele eine Rolle. 

Das Gnadenbild der 'Maria im Grünen Tal' in der Wallfahrtskirche in Retzbach: Sie fällt in der Kategorisierung der Diözese voraussichtlich unter Kategorie A. (Archivbild)
Foto: Günter Roth | Das Gnadenbild der "Maria im Grünen Tal" in der Wallfahrtskirche in Retzbach: Sie fällt in der Kategorisierung der Diözese voraussichtlich unter Kategorie A. (Archivbild)

Welche Kirchengebäude fallen sicher in die schlechteste Kategorie?

Mayer nennt als sicheren Fall für die Kategorie E lediglich die Kilianskirche in Thüngen, die Anfang der 1970er Jahre erbaut und vom Pfarrer aus Stetten seelsorgerisch betreut wurde. Die Kirche habe gut 300 Sitzplätze, die aber nicht gebraucht werden, so Mayer. Auch sei das Engagement in der Gemeinde nicht so gewachsen, dass man diese sinnvoll "halten und bespielen" könnte.

Er betont jedoch: "Grundsätzlich kann auch bei einer Kirche in der schlechtesten Kategorie eine Generalsanierung stattfinden. Diese wird nur nicht von der Diözese bezuschusst." Gläubige könnten ihre Kirche im Ort auch selbst herrichten. Für Thüngen sieht er diese Option nicht. Denn es stelle sich die Frage, wer sich um ein Gebäude kümmert. Dieses müsse sauber gehalten und aufgesperrt werden. "Es wird irgendwann darauf hinauslaufen, dass diese Kirche aufgegeben wird", so der Pfarrer.

Für Thüngen könnte er sich vorstellen, dass dort ein Umbau stattfindet. "Betreutes Wohnen" sei eine Option. Wichtig sei ihm, dass es nicht zum Spekulationsobjekt wird, sondern einen sozialen Nutzen erfüllt, sagt er. Man müsse sehen, ob sich ein Investor findet. Zeitlichen Druck gebe es nicht.

Wie sieht Pfarrer Simon Mayer selbst die Kategorisierung?

Simon Mayer findet die Kategorisierung der Kirchengebäude sei eine "Anerkennung der Realität". Sie mache die Dinge "ehrlicher und klarer". Die Maßnahme hätte aus seiner Sicht schon vor zehn oder 15 Jahren kommen sollen. Es gebe "wunderschön" erneuerte Kirchen, in denen kaum noch ein Gottesdienst stattfindet, und es gebe große Kirchen mit Renovierungsstau. "Dieses Ungleichgewicht kann durch die Kategorisierung aufgehoben werden." Nicht mehr alles was wünschenswert sei, könne auch finanziert werden.

Wie geht es weiter mit Pfarrhäusern und Pfarrheimen?

"Für was brauche ich ein Pfarrhaus, wenn dort kein Pfarrer wohnen wird?", fragt Simon Mayer. Für die Rolle des Vermieters brauche es die Kirche nicht. Perspektivisch sollen Pfarrer noch in Karlstadt, Eußenheim, Arnstein und Zellingen wohnen. Das sei bis 2040 vorerst so gesetzt.  Auch müsse man sich fragen, ob jede Gemeinde ihr eigenes Pfarrheim braucht oder ob es nicht sinnvoller sei, andere Lösungen zu suchen und wie in Heßlar eine Kooperation mit dem Dorfgemeinschaftshaus einzugehen. 

Die ersten Pfarrhäuser wurden in den vergangenen Jahren schon verkauft, zum Beispiel in Laudenbach, Stetten oder Karlburg. Auch hier wird die Frage sein, welche Maßnahmen die Diözese bezuschusst und was eine Gemeinde selbst aufbringen kann, erklärt Mayer. "Die Entscheidung zur Veräußerung liegt letztlich in der Hand der örtlichen Kirchenstiftung."

Wie sind die Reaktionen zur Kategorisierung im Pastoralen Raum Karlstadt?

"Klar ist das emotional schwierig", räumt Pfarrer Mayer ein. Rational müsse man sich aber fragen: Für was brauche man die Immobilie? Und was koste sie die Gemeinde? "Mittlerweile ist die Entwicklung so weit, dass klar ist, dass wir uns in manchen Bereichen reduzieren müssen auf das, was wir brauchen." Historisch gesehen seien Kirchen schon immer aufgegeben oder umgenutzt worden. "Wir sind da mittlerweile wesentlich sensibler geworden, als es Generationen vor uns waren."

Bis wann ist mit einer endgültigen Entscheidung zu rechnen?

Die letzten Gespräche seien bis Mitte März angesetzt, so Mayer. Ein endgültiger Vorschlag für die Kategorisierung der Kirchen gehe danach an die örtlichen Kirchenverwaltungen. Das sind gewählte Gremien, die für den Unterhalt der Gebäude verantwortlich sind. Diese können der Diözese rückmelden, ob sie einverstanden sind oder nicht. An den Punkten, wo Klärungsbedarf ist, wird nachjustiert werden müssen. Mayer: "Ich denke, dass wir das in diesem Jahr über die Bühne bekommen."

Die Kategorien von A bis E : So werden die Kirchen im Bistum Würzburg eingeteilt

Fünf Kategorien hat eine Arbeitsgruppe der Diözese Würzburg zur Einteilung der Kirchen des Bistums erarbeitet. Sie sollen künftig die Grundlage für Bezuschussungen von Baumaßnahmen sein. Hier die Kategorien – und ihre Konsequenzen:
A – Kirche mit überörtlicher Bedeutung: Eine bedeutsame Kirche des Bistums aufgrund ihrer herausragenden pastoralen, historischen oder künstlerischen Bedeutung. Hier gibt die Diözese Zuschüsse für Generalsanierungen und bauliche Ergänzungen.
B – Zentrale Kirche einer Untergliederung/Pfarreiengemeinschaft: Eine günstig gelegene Kirche einer Untergliederung, die barrierefrei ist und genügende Parkplätze aufweist. Auf längere Sicht ist ein vielfältiges, auch sonntägliches Gottesdienstangebot gegeben. Die Diözese erteilt Zuschüsse für Innen- und Außensanierungen sowie Maßnahmen der Inklusion.
C – Klassische Dorfkirche: Eine Kirche in einer Gemeinde mit mehr als 100 Katholiken, wo ein regelmäßiges Gottesdienstangebot (mindestens 14-tägig) gewährleistet ist. Es gibt Zuschüsse für die Instandhaltung.
D – Kirche in kleinen Orten: Dorfkirchen in Orten mit weniger als 100 Katholiken oder ohne regelmäßiges Gottesdienstangebot. Diözesane Zuschüsse für Verkehrssicherheit.
E – Kirche für neue Nutzung: Zweitkirchen, die mittelfristig profaniert und somit einer anderen Nutzung zugeführt werden sollen. Die Diözese erteilt Zuschüsse, um die Verkehrssicherheit aufrechtzuerhalten.
Quelle: Diözese Würzburg
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Karlstadt
Corbinian Wildmeister
Stefanie Koßner
Bistum Würzburg
Gebäude
Generalsanierungen
Kirchliche Stiftungen
Simon Mayer
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top