Vor rund einem Jahr hat die Katholische Kirche im gesamten Bistum neue Arbeitsstellen für Verwaltungsreferenten geschaffen. Im Dekanat Main-Spessart arbeiten mittlerweile drei Frauen und ein Mann in diesem Beruf. Sie verstehen sich als Bindeglied zwischen den Ehrenamtlichen und Priestern der 113 Kirchenstiftungen in den Main-Spessart-Gemeinden und dem bischöflichen Ordinariat, also der kirchlichen Verwaltung, in Würzburg.
Die Kirchenverwaltungen mussten sich in den vergangenen Jahren mit vielen neuen Themen beschäftigen. Geht es um die Grundsteuerpflicht oder Maßnahmen zur Arbeitssicherheit, kommen manche Ehrenamtliche schnell an ihre Grenzen. Die Verwaltungsreferenten bieten Hilfe zur Selbsthilfe. Im Interview erklären Sabine Lohe aus Fellen und Bernhard Nees aus Marktheidenfeld, warum es wichtig war, diese Stellen zu schaffen und warum sie ihre Arbeit gerne machen.
Bernhard Nees: Wir müssen auf verschiedenen Fachgebieten viel wissen, etwa über Rechtsvorschriften. Allerdings haben wir auch immer Ansprechpartner im bischöflichen Ordinariat. Wenn ich morgens ins Büro komme, weiß ich nie, was mich erwartet. Es ruft zum Beispiel ein Kirchenpfleger an, der eine neue Anzeigetafel für Liednummern benötigt. Jemand anderes will das Pfarrhaus seiner Gemeinde verkaufen oder sagt, dass eine Glocke im Kirchturm kaputt sei. Diese abwechslungsreichen Themen machen den Beruf interessant.
Sabine Lohe: Manchmal müssen wir auch Detektivarbeit leisten. Zum Beispiel sind viele Aufzeichnungen und Baupläne von Kirchengebäuden sehr alt und nicht immer dort zu finden, wo sie sein sollten.
Nees: Es gibt tatsächlich Parallelen, etwa wenn jemand aufgeregt und mit einem dringenden Problem kommt. Dann muss ich einen kühlen Kopf bewahren und verstehen, wo es genau hakt, um schnell zu helfen. Das ist wie bei der Feuerwehr: Viel Rauch schränkt die Sicht auf den eigentlichen Brandherd ein. Vielleicht habe ich nicht sofort eine endgültige Lösung parat, aber zumindest eine erste Hilfe.
Lohe: In der Katholischen Kirche ist jede Kirchenstiftung eine eigene Körperschaft des öffentlichen Rechts und agiert selbstständig. Für die Geschäfte ist jeweils die Kirchenverwaltung zuständig, deren Aufgaben werden immer komplexer. Der ehrenamtliche Kirchenpfleger ist für die Kasse und die Rechnungsführung verantwortlich. Der Verwaltung steht ein Pfarrer vor. Doch dessen Aufgabe ist in erster Linie die Seelsorge. Es gab bisher keine Schnittstelle bei Verwaltungsthemen zwischen den Gemeinden vor Ort und Würzburg.
Nees: Früher haben sich Kirchenstiftungen mit ihren Anliegen direkt an das bischöfliche Ordinariat in Würzburg gewandt. Nicht immer haben sie auf Anhieb den richtigen Ansprechpartner oder das notwendige Formular gefunden. Das bedeutete für alle viel Aufwand. Umgekehrt hat das Ordinariat per pauschalem Schreiben informiert. Damit wurden die Kirchenverwaltungen mehr oder weniger alleine gelassen. Jetzt haben wir den Auftrag, Themen in die Fläche zu tragen.
Nees: Wir sind genereller Ansprechpartner für die Kirchenstiftungen, egal ob es um Datenschutz, Arbeitssicherheit, Versicherungen oder Bauen geht. Ich habe kein Expertenwissen, kann aber eine erste Einschätzung geben. Wenn nötig, kümmere ich mich um eine fachliche Auskunft im Ordinariat oder nenne dort den richtigen Ansprechpartner. Wir sind auch Übersetzer der Behördensprache mit ihren Fachbegriffen, bei der sich ein Kirchenpfleger vielleicht schwer tut.
Lohe: Wir nehmen Termine in den Gemeinden wahr. Das war aus verschiedenen Gründen früher kaum möglich. Generalvikar Dr. Jürgen Vorndran, welcher der Verwaltung des bischöflichen Ordinariats vorsteht, hat unsere Tätigkeit als eine "Scharnierfunktion" zwischen dem bischöflichen Ordinariat und den Pastoralen Räumen beschrieben. Das finde ich sehr passend.
Lohe: Für mich war die Stelle wegen ihrer verschiedenen Aufgabenfelder interessant, und auch weil ich kirchlich engagiert bin. Außerdem arbeite ich gerne mit Menschen zusammen und suchte nach einer neuen Herausforderung.
Nees: Nach 25 Jahren als Mesner in der Pfarrei in Marktheidenfeld habe ich nach einer neuen Herausforderung gesucht. Ich habe zuvor erlebt, woran es in der Kommunikation zwischen Ordinariat und Kirchenverwaltung hakt.
Lohe: Wir wurden intensiv eingearbeitet und haben auch jetzt noch regelmäßig Schulungen durch die Fachabteilungen des bischöflichen Ordinariats. Zum Beispiel hat das Baureferat einen Lehrgang gehalten: Wie geht man vor, wenn eine Baumaßnahme an einem kirchlichen Gebäude ansteht? Was ist zu tun, wenn in einer Kirche ein Wasserschaden ist?
Lohe: Am Anfang waren die Menschen sehr zurückhaltend, zum Teil auch skeptisch, wie und wo wir sie in ihren Aufgaben entlasten. Mittlerweile nehmen sie unsere Unterstützung gerne in Anspruch.
Nees: Viele befürchteten, dass wir nur Geld kosten, das an anderer Stelle eingespart wird. Und dass wir die Bücher der Kirchenstiftungen kontrollieren und uns einmischen. Wir mussten viel Werbung für uns machen. Doch es hat sich gelohnt. Selbst die Kritiker, die uns offen gesagt haben, sie brauchen uns nicht, rufen inzwischen mit ihren Anliegen an.
Lohe: Privatpersonen wurden aufgefordert, eine Grundsteuererklärung abzugeben. Das war bei Kirchenstiftungen nicht so. Sie sind trotzdem verpflichtet zu prüfen, ob eine Erklärung abzugeben ist. Wir sind deshalb auf alle Kirchenpfleger zugegangen, um sie darauf aufmerksam zu machen. Wir haben im Dekanat Sprechstunden angeboten. So etwas gab es vorher nicht und das wurde sehr gut angenommen.
Lohe: Ein großes Thema ist die Umsatzsteuerpflicht, die ab 2025 greift. Kirchenstiftungen müssen etwa bei der Vermietung von Räumen, bei Rechnungsstellung, bei Eintritten für Konzerte oder im Umgang mit Spendengeldern das Umsatzsteuerrecht berücksichtigen. Teilweise haben Kirchenpfleger ihre Buchhaltung noch von Hand gemacht, das ist nicht mehr möglich.
Nees: Auch Arbeitssicherheit wird immer wichtiger. In der Industrie ist sie längst Standard, in der Kirche war sie das bisher nicht. Wir sensibilisieren in den Gemeinden dafür. Vielen ist nicht klar, dass sie haften, wenn etwas passiert, etwa wenn jemand ausrutscht. Es gibt Begehungen mit einem Vertreter der Berufsgenossenschaft in den Kirchen, Pfarrbüros und Pfarrzentren. Wenn er etwas anmahnt, unterstützen wir bei der Umsetzung.
Lohe: Durch die Einrichtung dieser neuen Stellen wurden die Wege verkürzt, der Informationsfluss verbessert. Natürlich ist da noch Luft nach oben, auch weil es im bischöflichen Ordinariat derzeit viele Umstrukturierungen gibt.
Nees: Es gibt noch Reibungsverluste – nicht, weil kein Informationsfluss gewünscht wäre, sondern weil sich die neuen Strukturen etablieren müssen. Ein Jahr ist dafür zu kurz.