Das Zwischenzeugnis in Bayern kommt 2023 direkt vor den Faschingsferien, also am 17. Februar. Aber was sollten Eltern tun, wenn es schlecht ausfällt oder sogar die Versetzung gefährdet ist? Die Diplom-Pädagogin Simone Fischer berät in der Erziehungsberatungsstelle in Karlstadt Familien auch in dieser Situation und erklärt, worauf Eltern besonders achten sollten.
1. Tipp: Ruhe bewahren
Das Kind bringt schlechte Noten nach Hause? Nicht in Panik verfallen! "Das ist ganz entscheidend", sagt Fischer. Die Noten im Zwischenzeugnis sind eine erste Bilanz und wichtig. "Das nächste halbe Jahr ist dafür da, zu schauen, wo die Defizite sind und sich zu verbessern", so Fischer. Doch keinesfalls sollten Eltern mit Schimpfen, Strafen oder Ultimaten auf schlechte Noten reagieren. "Kinder brauchen das Gefühl, mit enttäuschenden Ergebnissen nach Hause kommen zu dürfen", sagt Fischer.
Wer mit Sätzen wie "du hast dir die Zukunft verbaut, aus dir wird nichts" reagiert, schaffe großen Druck und eine Blockade. Konstruktiver ist es, gelassen ranzugehen. Das helfe dem Kind. "Natürlich darf ich dem Kind sagen: Ich bin enttäuscht, ich hätte dir da mehr zugetraut", so die Diplom-Pädagogin. "Aber wenn ich es zum Beispiel ins Zimmer schicke, verliere ich den Kontakt."
2. Tipp: Mit dem Kind ins Gespräch kommen
Dieser Kontakt ist wichtig. Fischer rät, auf jeden Fall mit dem Kind oder Jugendlichen ins Gespräch zu gehen, ohne Druck zu machen. Ab einem Alter von etwa zehn Jahren können sich die meisten Kinder laut Expertin selbst einschätzen. Im Gespräch lässt sich dann rausfinden, ob das Kind zu wenig oder vielleicht falsch gelernt hat. "Es gibt ja unterschiedliche Lernstrategien. Wenn ich zum Beispiel der auditive Typ bin, lese ich es mir laut vor und lasse mich abfragen. Dem visuellen Typen hilft es, zu schreiben", sagt Fischer.
Gemeinsam könne man außerdem überlegen, ob der Arbeitsplatz des Kindes an einer geeigneten Stelle steht oder ob immer das Handy bereit liegt und ablenkt. "Es ist neurowissenschaftlich bewiesen, dass dadurch das Gelernte nicht ins Langzeitgedächtnis gehen kann", weiß die Erziehungsberaterin.
3. Tipp: Das Selbstwertgefühl des Kindes stärken
Elterliche Liebe sollte nicht an die Leistung geknüpft sein, sagt Fischer, schließlich seien Noten nur ein Ausschnitt des Gesamtbildes der Persönlichkeit. "Wenn ich sage, geh mir aus den Augen, mache ich das Kind und sein Selbstwertgefühl klein. Aber wenn das Kind merkt, meine Eltern begleiten mich, suchen mit mir gemeinsam nach Lösungen, und glauben an mich, bewirkt das viel mehr."
4. Tipp: Auf Ausgleich zum Lernen achten
Wenn es um ein versetzungsgefährdendes Zeugnis geht, muss das nächste halbe Jahr gut genutzt werden, findet Fischer. "Trotzdem sind Kinder keine leistungsbringenden Maschinen. Um überhaupt lernen zu können oder mit Lust ranzugehen, braucht das Kind einen Ausgleich."
Was dem Kind oder Jugendlichen hilft, ist individuell. Mit Freunden treffen, spielen oder Bewegung an der frischen Luft helfe vielen, so Fischer. Durch die Mitgliedschaft im Sport- oder Musikverein oder in einer Theater-AG können Kinder und Jugendliche lernen, dass sie sich durch Übung verbessern können, auch wenn es am Anfang nicht klappt. "Das lässt sich übertragen auf die Schule und stärkt das Zutrauen", sagt Fischer.
5. Tipp: Mit Lehrerinnen und Lehrern sprechen
Außerdem sei elementar, findet die Diplom-Pädagogin, die Schule zu kontaktieren. "Die Lehrer und Lehrerinnen sind als Experten und Expertinnen vor Ort und begleiten den Schulalltag des Kindes. Die bekommen alles am besten mit", sagt Fischer. Eltern sollten sich schildern lassen: Wie war der Eindruck im letzten halben Jahr? Was kann das Kind machen, um sich konkret zu verbessern? Vielleicht hatte das Kind Kontakt zu Schulsozialarbeitern oder -arbeiterinnen.
6. Tipp: Gemeinsam Etappenziele setzen
Der nächste Tipp der Expertin ist, mit dem Kind Etappenziele für die nächsten Wochen festzulegen, damit das Kind das Lernen selbständig übernehmen kann. Auch da hilft der Kontakt zur Schule, um zu wissen, was helfen würde – etwa ein Zusatzreferat oder aktivere Beteiligung am Unterricht.
Erfolge fangen aber im Kleinen an, deshalb ist es wichtig, diese Fortschritte zu sehen. "Sich von einer Note fünf direkt auf eine Note eins zu verbessern, ist unrealistisch", sagt Fischer. "Gute Leistung darf immer wertgeschätzt werden. Damit ich dem Kind zeige: Ich sehe, dass du dich anstrengst, ich finde das toll und traue dir mehr zu." Auch könne die Familie gemeinsam die Anstrengungen feiern, zum Beispiel zusammen Pizza essen gehen oder einen Ausflug machen.
7. Tipp: Weitere Unterstützung suchen
Schule könne zu einem Dauerstreitthema werden, sagt Fischer. "Da ist man als Familie oft in seinen Mustern und Kommunikationsstilen gefangen, so dass beide Seiten nicht mehr so viel Verständnis für die andere Seite aufbringen." Auch die Eltern hätten Ängste: Habe ich als Erziehungsberechtigte versagt? Hat sich mein Kind die Zukunft verbaut?
"Dafür sind wir als Beratungsstelle da. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es sich lohnt, die Situation durch einen neutralen, dritten Gesprächspartner zu entschärfen und zu schauen, wie der Familienalltag stressfreier klappen kann", erklärt die Erziehungsberaterin. Außerdem kann besprochen werden, ob die Schulform passt, wie das Klassenklima ist und ob das Kind überfordert ist oder etwas anderes dahinter steckt. Dabei gebe es aber keine pauschalen Antworten, sagt Fischer. Sie will deshalb individuelle Lösungen finden.