
Einst war die Eröffnung des neuen Zentralklinikums in Lohr für 2023 geplant. Vergangene Woche hat nun immerhin der Bau der Erschließungsstraße begonnen: Die ersten Bagger sind angerollt und reißen ein leerstehendes Wohnhaus auf dem Gelände des Lohrer Bezirkskrankenhauses ab. Das unterhalb der Gärtnerei stehende Haus muss für den Bau der rund 600 Meter langen Zufahrtsstraße zum künftigen Klinikareal weichen.
280 Betten sollen auf der Wiese am Sommerberg entstehen, das BKH auf der einen, der Lohrer Ortsteil Wombach auf der anderen Seite. Ende 2026 soll das neue Krankenhaus in Betrieb gehen. Die letzte Kostenschätzung geht von 163,8 Millionen Euro aus, knapp 109 Millionen sichert die Regierung von Unterfranken als Förderung zu.
Wir blicken zurück auf den langen Weg von vier Krankenhäusern in Main-Spessart zu einem Zentralklinikum.
Dezember 1988: Der Landkreis Main-Spessart schließt das Krankenhaus in Gemünden. Auf dem Areal entsteht das Kreisseniorenzentrum.
1. Juli 2004: Die Chefärzte in Lohr übernehmen die ärztliche Leitung auch für das Krankenhaus in Marktheidenfeld.
Oktober 2012: Trotz der Defizite entscheidet sich der Kreistag, alle drei Krankenhausstandorte zu erhalten und deren Qualität zu verbessern.
Sommer 2014: CSU und SPD im Kreistag starten eine Initiative für eine Krankenhausreform in Main-Spessart.
2. Dezember 2015: Der Kreistag fasst mit 49:8 den Grundsatzbeschluss für ein neues Zentralklinikum. Die bestehenden Standorte sollen so lange weiterbetrieben werden, bis das neue Klinikum seine Arbeit aufnimmt.
29. März 2016: Der Kreistag beschließt mit überraschend deutlicher 49:7-Mehrheit, dass der Standort des neuen Klinikums in Lohr sein soll. Es ist die Rede von 100 Millionen Euro Baukosten und rund 250 Betten.
1. Oktober 2016: Dr. Gregor Bett tritt seine Stelle als Klinikreferent an, nachdem Vorgänger Hans-Peter Quindeau seinen seit 2011 geltenden Fünfjahresvertrag nicht verlängert.
Januar 2017: Ludwig Keller überreicht für die Bürgerinitiative proMAR an Landrat Thomas Schiebel 10.007 Unterschriften für den Erhalt einer Notfallambulanz in Marktheidenfeld, wenn das Krankenhaus dort geschlossen wird.

10. März 2017: Die Bürgerinitiativen "Krankenhaus Karlstadt" und proMAR protestieren in Karlstadt gegen die drohende Schließung von Karlstadt. Die Demo hat rund 250 Teilnehmer.
April 2017: Operationen gibt es nur noch in Lohr. Die Chirurgie in Marktheidenfeld wird geschlossen, in Karlstadt operieren nur noch die Belegärzte.
28. September 2017: Im Marktheidenfelder Stadtrat informieren Klinikvertreter und Vertreter der Beraterfirma Oberender & Partner über den Standort Marktheidenfeld, wo der Schwerpunkt auf Reha liegen soll. Die aktuell 20 Betten für die geriatrische Akutversorgung sollen auf 32 erweitert werden. Diese Abteilung soll ebenso wie die internistische Station 2023 ins neue Zentralklinikum nach Lohr umziehen.
30. September 2017: Mit einem Trauerzug und einer Kundgebung begleitet die Bürgerinitiative die Schließung des Krankenhauses in Karlstadt, die am 1. Oktober offiziell vollzogen wird.

4. Dezember 2017: Der Landkreis beantragt die Aufnahme des neuen Klinikums Lohr in das Jahreskrankenhausbauprogramm. Inzwischen ist von Gesamtkosten von 143 Millionen Euro und einer staatlichen Förderung von 98,9 Millionen Euro die Rede. Das Haus soll 280 Betten haben und 2023 öffnen.
7. Dezember 2018: Architekt Linus Hofrichter stellt als Gesellschafter des mit der Generalplanung beauftragten Büros sander.hofrichter architekten aus Ludwigshafen dem Kreistag den Entwurf für das neue Zentralklinikum vor.

11. Dezember 2018: Der Lohrer Stadtrat billigt einstimmig den vom Büro Garnhartner/Schober Spörl (Deggendorf und Passau) erstellten vorhabenbezogenen Bebauungsplanentwurf für das neue Klinikum, das unterhalb des Bezirkskrankenhauses entstehen soll.
22. März 2019: Der Kreistag beschließt die Vertragsauflösung mit Klinikreferent Bett, dessen Umgang mit dem Kreistag und den Bürgerinitiativen immer wieder auf Kritik gestoßen war.

1. Oktober 2019: Der neue Klinikreferent René Alfons Bostelaar nimmt die Arbeit auf.
19. November 2019: Der Stadtrat in Lohr beschließt den vorhabenbezogenen Bebauungsplan für das Zentralklinikum als Satzung. Die Einwände der rund 40 Anwohner, die sich zur "Bürgerinitiative Anwohnerschutz Bau Zentralklinikum" zusammenschlossen, werden verworfen.
7. Februar 2020: Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml präsentiert gemeinsam mit der Leiterin der Landesvertretung Bayern der DAK Gesundheit, Sophie Schwab, die Idee für ein Regionales Kompetenzzentrum für Pflege und Gesundheit in Marktheidenfeld. Für die Entwicklung des Projekts stellt der Freistaat 200.000 Euro bereit.
18. Mai 2020: Die Corona-Pandemie wirkt sich aus. Klinikreferent Bostelaar informiert, dass die vorsorglich nach Lohr verlegte Akut-Geriatrie vorerst dort bleiben soll.
20. September 2020: Der Bauantrag für das Zentralklinikum wird bei der Stadt Lohr eingereicht.

Oktober 2020: Der Umbau des ehemaligen Karlstadter Krankenhauses zum Gesundheitszentrum beginnt. Im März 2021 nahmen die ersten Praxen hier den Betrieb auf.
Januar 2021: Die Rodungsarbeiten auf dem Krankenhausgelände in Lohr beginnen. Es ist geplant, bis Oktober 2021 die Erschließungsstraße erstellen zu können.
Februar 2021: Im Werkausschuss des Kreistags informiert Generalplaner Linus Hofrichter, dass wegen Verzögerung der Bearbeitung der Unterlagen in der Regierung von Unterfranken der Zeitplan für das neue Klinikum nicht zu halten ist: Nun soll im September mit dem Bau der Zubringerstraße und im Mai 2022 mit dem Krankenhausneubau begonnen werden. Statt im Herbst 2024 soll das Klinikum nun erst Mitte 2025 in Betrieb gehen.
Februar 2021: Die UGM stößt mit ihrem Vorschlag, angesichts der Kosten für das Klinikum – inzwischen stehen fast 160 Millionen Euro im Raum – und der finanziellen Belastungen für den Landkreis einen Plan B zu prüfen, eine neuerliche Diskussion um das Zentralklinikum an.

April 2021: Der Klinikreferent Bostelaar stellt dem Kreistag den "Masterplan" für das Klinikum vor. Landrätin Sitter sagt: Das Klinikum sei das Schiff, auf dem sie alle Beschäftigten und den Kreistag sehe, der Masterplan die Seekarte für die Fahrt zum Ziel. Die Kosten des Neubaus beziffert sie auf 145,8 Millionen Euro.
Juli 2021: Der Landkreis wartet auf grünes Licht von der Bezirksregierung, bei der die Neubaupläne zur Prüfung liegen. Die Regierung erteilt diese sogenannte fachliche Billigung jedoch nicht – sondern schickt einen Fragenkatalog von rund 100 Seiten zurück. Architekten und Klinikumsverantwortliche müssen nun nacharbeiten. Bostelaar ist dennoch zuversichtlich, dass im September der Bau der Zufahrtsstraße beginnen kann.
November/Dezember 2021: Das Marktheidenfelder Krankenhaus verliert zum Ende des Jahre 2021 seinen Status als akutstationäres Krankenhaus. Das beschließt der Kreistag mit 25:17 Stimmen. Am Standort soll nun das "Baumhofquartier" entstehen, mit Pflegeschule, Seniorenheim, Service-Appartments und Wohnraum. Ein Ärztezentrum soll jedoch nicht dort, sondern in der Innenstadt aufgebaut werden.
April 2022: Der Neubau wird wohl teurer werden, als bisher angenommen. Die Regierung von Unterfranken hatte angezweifelt, dass das Projekt mit den bisher veranschlagten 152 Millionen Euro umsetzbar wäre. Das Preisniveau und die Qualität der einzelnen Materialien seien zuvor allerdings "am untersten Rand" angesiedelt gewesen, so Architekt Linus Hofrichter, da frühere "Bauherrenvertreter" einen sehr niedrigen Standard bestellt hätten. Er habe schon 2019 mit einer Bausumme von 160 Millionen Euro gerechnet. Der Landkreis entschließt sich, eine neue Berechnung bei der Regierung einzureichen, in der Hoffnung, dass diese dann auch die Fördersumme erhöht.
Juni/August/September 2022: Sitter und Bostelaar stellen öffentlich eine neue Kostenschätzung von 163,8 Millionen Euro vor. Die Regierung sagt eine Förderung in Höhe von knapp 109 Millionen zu, der Eigenanteil des Landkreises steigt damit auf 54 Millionen. Der Kreistag gibt mit 43:8 Stimmen sein Okay. Der Bau der Erschließungsstraße soll Anfang 2023 beginnen.
Anfang 2023: Gesundheitsminister Karl Lauterbach kündigt eine Krankenhaus-Reform an. Ob das Klinikum als Krankenhaus der Grundversorgung oder der Regel- und Schwerpunktversorgung kategorisiert wird, steht noch nicht fest. So oder so muss der Neubau wohl etwas umgeplant werden, teilt Bostelaars Büro auf Anfrage der Redaktion mit.
Februar/März 2023: Das Landratsamt erteilt die Baugenehmigung. Zuvor wurden Akten im Umfang von sechs Umzugskartons geprüft, teilt das Klinikum mit.

August 2023: Die Arbeiten für die Erschließungsstraße beginnen.
September 2023: Zum feierlichen Spatenstich am 11. September kommt Ministerpräsident Markus Söder. In Lohr werde ein "Superkrankenhaus" entstehen, sagt er. Mit Blick auf die geplante Krankenhausreform der Bundesregierung sagte Söder, Bayern setze sich dafür ein, "dass diese Reform so nicht kommt".
Noch ist es nicht zu spät!
Krankenhausreform noch gar nicht eingerechnet. Der Kreistag muss das stoppen.