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Main-Spessart
Nach Hickhack um Kosten: Kreistag ebnet Weg für Bau des Zentralklinikums Main-Spessart
Die Regierung von Unterfranken hat dem Landkreis eine höhere Förderung für das neue Krankenhaus in Lohr in Aussicht gestellt. Nun könnten bald die Bauarbeiten starten.
Laut Landrätin eine 'historische Sitzung' in der Stadthalle in Lohr: Die Mehrheit des Kreistags ist einverstanden mit der Fördersumme für den Neubau des Zentralklinikums. Abgestimmt wurde nicht per Handzeichen, sondern durchs Aufstehen. 
Foto: Corbinian Wildmeister | Laut Landrätin eine "historische Sitzung" in der Stadthalle in Lohr: Die Mehrheit des Kreistags ist einverstanden mit der Fördersumme für den Neubau des Zentralklinikums.
Corbinian Wildmeister
Corbinian Wildmeister
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:52 Uhr

Landrätin Sabine Sitter (CSU) sprach von "einer historischen Sitzung", in der sich entscheide, wie es mit der Gesundheitsversorgung im Landkreis in den kommenden Jahrzehnten weitergehen werde. Nachdem der Kreistag im Dezember 2015 einen Grundsatzbeschluss für ein Zentralklinikum für den Landkreis Main-Spessart gefasst hatte, könnte es nun bald an die Umsetzung des Projektes gehen.

Die Mehrheit der Kreistagsmitglieder (43:8) hat am Freitagmorgen grünes Licht für die neu berechnete Fördersumme für den Krankenhaus-Neubau am Sommerberg in Lohr gegeben. Der Kreis bestätigt mit dem Beschluss zudem, dass die Finanzierung der Baumaßnahme gesichert ist, und erklärt sich bereit, Vorfinanzierungskosten zu übernehmen.

Nachdem in den vergangenen Monaten unterschiedliche Zahlen im Raum standen, sind die Gesamtkosten nun mit 157 Millionen Euro angesetzt; laut Regierung von Unterfranken liegen die förderfähigen Kosten bei rund 109 Millionen. Der Eigenanteil des Landkreises beträgt nach derzeitiger Planung also rund 48 Millionen Euro.

Klinikreferent René Bostelaar sprach vor der Abstimmung am Freitagmorgen von einem "wichtigen Meilenstein". Der Weg bis zu diesem Punkt sei nicht immer einfach gewesen – und zum Teil auch sehr emotional. "Nicht nur im Kreistag, sondern auch in der Bevölkerung." Als Grund für die erhöhten Gesamtkosten – 2021 ist das Planungsbüro ASH noch von 152 Millionen Euro ausgegangen – nannte er die gestiegenen Materialkosten und inzwischen höher angesetzte Qualitätsstandards.

Bostelaar: Baubeginn Anfang 2023

Die Regierung von Unterfranken hatte den Landkreis im März darauf hingewiesen, dass sie die kalkulierten Kosten für den Bau des Krankenhauses als zu niedrig einschätzt. Die Behörde hatte außerdem mitgeteilt, dass eine höhere Förderung des Projekts denkbar wäre, wenn die Kostenberechnung nach oben hin angepasst werden sollte. Der Kreistag hat daraufhin entschieden, diese Chance zu ergreifen. Nach mehreren Abstimmungsgesprächen gab es im August schließlich ein zweites Schreiben der Regierung, in dem diese eine rund 6,5 Millionen Euro höhere Förderung als noch im März in Aussicht stellte. Der Eigenanteil des Kreises hat sich gleichzeitig jedoch um 1,7 Millionen Euro erhöht.

"Investieren heißt nicht, dass Geld zum Fenster rausgeworfen wird. Wir investieren in die Gesundheitsversorgung unserer Bürgerinnen und Bürger."
Sven Gottschalk, Fraktionssprecher SPD 

Der jetzige Beschluss des Kreistags ist die Voraussetzung dafür, dass die Regierung von Unterfranken dem Projekt tatsächlich ihre fachliche Billigung erteilt. Wie geht es nun weiter? Laut Bostelaar soll Anfang kommenden Jahres mit dem Bau der Zubringerstraße des Klinikums begonnen werden. Es sei zudem realistisch, dass das neue Klinikum Mitte bis Ende 2026 in den "Vollbetrieb" gehen könne.

SPD, Freie Wähler und CSU stehen hinter dem Projekt 

Walter Höfling (CSU) nannte den Klinikneubau ein "Leuchtturmprojekt für das Gesundheitswesen in Nordbayern".  Er räumte zwar ein, dass das Projekt eine große Herausforderung für die Kreisfinanzen sei. Das Krankenhaus habe aber auch eine "herausragende Bedeutung" für die Region. Höfling betonte: "Ich erwarte eine Qualität, die sich sehen lassen kann." 

"Den Weg bis heute kann man als mehr als unglücklich bezeichnen."
Gerhard Kraft, Fraktionssprecher Bündnis90/Die Grünen

Die SPD-Fraktion brachte ebenfalls ihre Unterstützung für die Realisierung des Klinikums zum Ausdruck. "Investieren heißt nicht, dass Geld zum Fenster rausgeworfen wird. Wir investieren in die Gesundheitsversorgung unserer Bürgerinnen und Bürger", so Sven Gottschalk. Es sei die Pflicht des Landkreises, diese in bester Qualität zur Verfügung zu stellen. Brigitte Riedmann (Freie Wähler) sagte, dass "heute eine unendliche Geschichte zu Ende" gehe. "Es sind viele Fehler passiert, das kann man nicht wegdiskutieren. Jetzt gilt es nach vorne zu schauen." An ihrer Fraktion solle es nicht scheitern. "Wir haben ein großes Ziel vor Augen."

Gegenwind von der UGM 

"Den Weg bis heute kann man als mehr als unglücklich bezeichnen", befand Gerhard Kraft (Bündnis90/Die Grünen). Im Jahr 2015 habe der Kreistag "ohne jegliches Konzept" den Grundsatzbeschluss für das Zentralklinikum gefasst. Und auch in den Folgejahren sei nicht mit "der nötigen Akribie" daran gearbeitet worden. Zu den Kosten für das Klinikum sagte Kraft: "Das ganze Projekt ist natürlich gewagt in diesen schweren Zeiten. Es ist nicht kalkulierbar, was herauskommt." Trotzdem wolle seine Fraktion den Beschlussvorschlag der Kreisverwaltung – abgesehen von einer Stimme – unterstützten.

Gegenwind zu diesem Vorschlag kam von der UGM. Niemand könne zum jetzigen Zeitpunkt bestätigen, dass die Gesamtfinanzierung der Maßnahme gesichert ist, kritisiert Christian Menig. "Diese heute zu tun, ist faktisch unmöglich und ungesichert." Sein Vorwurf: Die Kostenberechnung beruhe auf Zahlen von März 2021 und sei daher veraltet. Seitdem habe sich bei der Preisentwicklung viel im Bausektor getan. Menig glaubt, dass sich die Eigenbeteiligung des Landkreises um einen zweistelligen Millionenbetrag erhöhen könnte. Er forderte daher, die Kostenberechnung zu aktualisieren. 

Auch Kurt Schreck (AfD) äußerte Bedenken hinsichtlich der Kosten. "Wir haben jetzt schon den höchsten Schuldenstand aller Landkreise in Unterfranken", behauptete er. Jeder, der einigermaßen rechnen könne, wisse, dass es bei den derzeit angesetzten Kosten nicht bleibe.

Neues Klinikum soll Betriebskosten senken

Lohrs Bürgermeister und Kreisrat Mario Paul (Grüne) erinnerte daran, dass der Neubau auch dabei helfen soll, die Betriebskosten des Klinikums deutlich zu reduzieren. "Diese Investitionen helfen uns dabei, jährlich fünf Millionen Euro zu sparen, die uns dann wieder im Haushalt zur Verfügung stehen." Realistischerweise gebe es für die Gesundheitsversorgung im Kreis keine Alternative. 

Letztlich hat sich die Mehrheit der Kreisräte in der Abstimmung für die von der Kreisverwaltung vorgeschlagene Vorgehensweise ausgesprochen. 

 
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  • M. F.
    Der Neubau kommt zeitlich äußerst ungünstig. Aufgrund der Inflation und der unsicheren Materialverfügbarkeit werden Firmen bei den Ausschreibungen einen deutlichen Puffer einkalkulieren.
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  • K. H.
    Wie in Hamburg die Elbphilharmonie so viel teurer.....
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  • F. W.
    Dieses Genörgel regt mich auf, was ist denn die Alternative zum neuem Klinikum? Das Krankenhaus in Lohr ist marode und zu klein!! Wenn nicht gebaut werden sollte, gäbe es in naher Zukunft keine stationäre Versorgung im Landkreis!!
    Wer will das??
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  • M. W.
    Die Alternative sind größere Kliniken in den umliegenden Städten. Deren Kapazitäten kann man auch noch ausbauen. Fahren müssen wir im Landkreis so oder so (von den Lohrern mal abgesehen).
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  • H. V.
    In welchen umliegenden Städten? Die Konzentration auf einen Standort ist das einzig Richtige. Ansonsten hätten wir in MSP in naher Zukunft gar kein Klinikum mehr. Alleine schon die Verfügbarkeit von Personal zeigt das der Betrieb an mehreren Standorten nicht möglich wäre. Von der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben und den parallelen Strukturen und somit parallelen Kosten (z. B. Energie etc.) ganz zu schweigen.
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  • M. W.
    @mainpost1: Schweinfurt, Würzburg, Aschaffenburg. Dort sollte man die medizinische Kompetenz konzentrieren. Parallelstrukturen würde man gerade damit keine aufbauen und das Problem des Personalmangels dürfte in dem Fall am geringsten sein. Für einen Flächenlandkreis wie MSP, der aus Kostengründen gezwungen ist, ein Klinikum an einem Standort zu betreiben, halte ich eine Nulllösung immer noch für die bessere, weil die weitaus kostengünstigere. Und wie gesagt: Die Leute müssen doch so oder so fahren. Ob von Karlstadt nach Lohr oder von Karlstadt nach Würzburg kommt aufs gleiche raus. Die Arnsteiner werden auch eher nach Schweinfurt fahren als nach Lohr.

    Man könnte für die Erweiterung der bestehenden Häuser in WÜ, SW, AB zu Zentralkliniken zum Beispiel landkreisübergreifende, kommunale Zweckverbände gründen, um auch die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. Den Verwaltungen würden schon adäquate Lösungen einfallen, wenn man sie ließe bzw. wenn sie wollten.
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  • F. W.
    Schon mal an die Pflegekräfte, Therapeuten, Hausmeister, Reinigungskräfte Verwaltungsangestellte gedacht?
    Hunderte Arbeitsplätze würden wegfallen!!!! Auch Angestellte aus Karscht und Hädefeld!!!
    Ziemlich egoistisch!!
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  • M. W.
    @frank.werm: Das halte ich für einen berechtigten Einwand, ist jedoch bei genauerer Betrachtung kein Argument. Denn diese qualifizierten Leute finden heute problemlos woanders Arbeitsplätze.
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  • F. G.
    43:8, deutlicher gehts nicht. Jetzt gemeinsam nach vorne.
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  • M. W.
    Ich gehe jede Wette ein, dass dieses Projekt dem Landkreis finanziell noch gehörig auf die Füße fällt. Krasse Fehlentscheidung.
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  • H. V.
    Manche scheinen sich das ja regelrecht zu wünschen…
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  • S. C.
    Hier feiern sich gegenseitig die Verantwortlichen, die das ganze Projekt, komplett am Bürgerwillen vorbei, durchgedrückt haben.
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  • B. S.
    In Lohr gibt es immer noch zu viel Träumer, die Millionen liegen nicht auf der Straße. Gerade jetzt in dieser Zeit, da die Materialien immens viel Geld kosten und dann sind sie nicht verfügbar. Ich denke, das wird ein Bau, der so lange dauert wie der Flughafen in Berlin.
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