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Jetzt ist es beschlossen: Marktheidenfeld ohne Krankenhaus
Mit 25:17 Stimmen hat der Kreistag nach ausgiebiger Diskussion dafür gestimmt, den Status des akutstationären Krankenhauses aufzuheben. Für das "Baumhofquartier" wurden Weichen gestellt.
In ihrer Sitzung am Freitag in Lohr konnten die Kreisrätinnen und Kreisräte auch ein kleines Modell der Vision bewundern, wie es einmal im "Baumhofquartier" in Marktheidenfeld aussehen könnte.
Foto: Joachim Spies | In ihrer Sitzung am Freitag in Lohr konnten die Kreisrätinnen und Kreisräte auch ein kleines Modell der Vision bewundern, wie es einmal im "Baumhofquartier" in Marktheidenfeld aussehen könnte.
Joachim Spies
Joachim Spies
 |  aktualisiert: 09.02.2024 03:43 Uhr

Zum 31. Dezember dieses Jahres wird das akutstationäre Krankenhaus in Marktheidenfeld seinen Status verlieren. Außerdem werden die Klinikbetten der Akutgeriatrie und der geriatrischen Reha auch offiziell nach Lohr verlagert. Diesen Beschluss fasste der Kreistag am Freitag in seiner Sitzung in der Lohrer Stadthalle mit 25:17 Stimmen nach ausgiebiger Diskussion. 

Klinikreferent René-Alfons Bostelaar und Mark Zluhan von der Beraterfirma HHC hatten den Kreisrätinnen und Kreisräten zunächst noch einmal die Beweggründe für den Beschlussvorschlag und für das Konzept eines künftigen "Baumhofquartiers" auf dem Krankenhausgelände aufgezeigt. Wie schon im Werkausschuss verwiesen sie auf die großen Bausteine Pflege, Bildung, Forschung, Betreuen und Wohnen (siehe Infobox). "Wir sind Besitzer des Grundstücks und wollen es auch bleiben", betonte Bostelaar. Mit Investoren werde ausschließlich auf Grundlage von Erbpachtverträgen verhandelt.

"Wir sind überzeugt, dass wir das umsetzen können."
Mark Zlohan, Beraterfirma HHC

Dass es interessierte Investoren gebe und die Planungen keine Luftschlösser seien, versicherten sowohl Zlohan wie auch Bostelaar. Er gebe Anfragen aus dem gesamten Bundesgebiet. "Wir sind überzeugt, dass wir das umsetzen können", sagte Zlohan. Er hoffte auf Unterstützung der Stadt Marktheidenfeld bei Bauleitplanung und Erschließung und kündigte eine Bürgerbeteiligung an.

Deutlich machte er in der Diskussion im Hinblick auf die ambulante medizinische Versorgung, dass es Gespräche mit 30, 40 niedergelassenen Ärzten gegeben habe. "Die Bereitschaft, ins Klinikgebäude zu ziehen war sehr gering." Zlohans klare Aussage: "Ein Facharztzentrum gehört ins Stadtzentrum." 

Sorge wegen möglicher Rückforderung von Fördergeldern

Etliche Wortmeldungen gab es in der anschließenden Diskussion gegen die Schließung des Krankenhauses. Sorge bereitete vielen, ob nicht die Status-Aufhebung umgehend die Rückzahlung von Fördermitteln zur Folge habe, die der Freistaat einst für das Krankenhaus gegeben hatte. Hier stehen immerhin zehn bis 13 Millionen Euro im Raum. Thomas Stamm und Richard Roos (beide UGM) wollten deshalb das Krankenhaus noch länger erhalten. Das sei auch gerade in Pandemiezeiten sinnvoll, meinte Stamm.

Thorsten Schwab (CSU) sagte dazu: "Man kann ein Krankenhaus nicht auf dem Papier stehen lassen, man muss es auch betreiben." Und Klinikreferent Bostelaar erläuterte, dass sich eine Förderrückzahlung auf die Nutzung der geförderten Räume beziehe und da komme es eben darauf an, diese weiter sozialverträglich zu nutzen, was die Rückforderung reduziere. Konkretes könne er aber erst nach dem Gespräch mit dem Finanzministerium sagen, das noch im Dezember stattfinden soll.

Ambulanter medizinischer Stützpunkt ist "verschwunden"

Holger Seidel (FW) stellte beim Vergleich des früheren mit dem anstehenden Beschluss fest: "Der ambulante medizinische Stützpunkt ist komplett aus der Beschlussvorlage verschwunden." Er las daraus die Botschaft: "Der Landkreis wird es nicht machen und will es nicht machen und dann wird es die Stadt machen müssen." Thorsten Schwab meinte, dass es so laufen sollte wie in Karlstadt, wo es ein Facharzt in die Hand genommen und gebündelt habe.

Klinikreferent Bostelaar ging auf Kritik ein, man könne Karlstadt und Marktheidenfeld nicht vergleichen, weil es dort Belegärzte gab und hier nicht. Zum Gesundheitszentrum dort sagte er: "In Karlstadt sind es gerade einmal zwei Belegärzte, alle anderen in den 16 Praxen sind Ärzte aus Karlstadt und der Region."  

Dass es jetzt einen Beschluss brauche, um voran zu kommen, das betonten Sven Gottschalk (SPD) und Brigitte Riedmann (FW) ebenso wie Gerhard Kraft (Grüne), dem das Konzept gefiel und der darin "riesiges Entwicklungspotenzial" sah.

"Die Bevölkerung von Marktheidenfeld ist getäuscht worden."
Christian Menig, UGM-Sprecher

Die schärfste Kritik vor der Abstimmung, die schließlich mit 37:5 Stimmen für das vorliegende Nachnutzungskonzept ausfiel, kam von Christian Menig (UGM) und Kurt Schreck (AfD). "Die Bevölkerung von Marktheidenfeld ist getäuscht worden", stellte Menig fest. Bostelaar warf er "Kaltschnäuzigkeit" vor. Die Schließung des Krankenhauses sei verantwortungslos. Das sei "Absurdistan" schloss sich Schreck an. Für ihn war "in hohem Maße unrealistisch, was vorgetragen wurde".  CSU-Fraktionschef Walter Höfling dagegen sah in der Vorlage "ein Ziel, auf das der Kreistag jetzt zumarschieren sollte".

Die Beschlüsse zur Nachnutzung des Krankenhauses Marktheidenfeld

Mit Blick auf die Haushaltskonsolidierung und unter dem Gesichtspunkt etwaiger förderrechtlicher Konsequenzen neu gefasst wurde der Kreistagsbeschluss zur Nachnutzung des Krankenhauses Marktheidenfeld vom 27. Juli 2018. Nachfolgend in Stichpunkten die neuen Beschlüsse: 
  • Das Kreisseniorenzentrum wird durch einen Neubau ersetzt. Die Finanzierung soll über ein Investorenmodell erfolgen. Neu zum stationären Angebot hinzu sollen eine Tagespflege und ein Demenzzentrum kommen.
  • Die Pflegeschule wird zur Bildungsakademie. Die Möglichkeit für ein Forschungs- und Technologiezentrum wird ausgelotet.
  • Auf Erbpachtbasis sollen Investoren Sozialwohnungen, Servicewohnungen und behindertengerechte Wohneinheiten errichten. Auch Dienstleistern verschiedener Richtungen werden Mietflächen in bestehenden oder neu zu schaffenden Immobilien angeboten. Für Azubis und Beschäftigte wird Wohnraum geschaffen, außerdem ein Parkhaus mit ausreichend Kapazitäten für das gesamte Quartier.
  • Für die zentrale Energie- und Wärmeversorgung wird ein nachhaltiges und klimaneutrales Gesamtkonzept angestrebt. Entstehen soll eine leistungsfähige Großküche, die alle Einrichtungen des Eigenbetriebs und externe Kunden beliefern kann (Betrieb unter Inklusionsgedanken).
  • Es wird ein regionales Gesundheits- und Pflegekompetenzzentrum am Standort Marktheidenfeld gegründet und in Betrieb genommen.
Quelle: Landratsamt MSP
 
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    .. und das kleine Lohrer Krankenhaus wird noch mehr gefordert. Wie soll das bitte funktionieren?
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  • N. K.
    Immer noch nichts aus Corona gelernt?
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  • D. E.
    Bei Corona hilft impfen und nicht mehr Intensivbetten
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  • N. K.
    Es soll außer Corona auch noch andere Krankheiten geben
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  • R. D.
    Die finanzstärkste Stadt im Landkreis fährt alles in Grund und Boden: Krankenhaus weg, Schwimmbad weg,... Hauptsache man hat eine neue Bibliothek und alle Straßen wurden gepflastert (was dann erstaunlicherweise Schwierigkeiten beim Laufen erzeugt).
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  • B. S.
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  • G. R.
    Hier zeigt sich wieder das die Kreisräte fast alle fehl am Platz sind. Überall wird über Bürgernähe gesprochen aber gerade das Gegenteil wird beschlossen. Solche Kreisräte sollten sich schämen. Hier wäre ein Bürgerbegehren der Richtige Weg.
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  • P. S.
    Armer Kreistag!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
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  • T. D.
    Leider war das Ganze von langer Hand geplant und deshalb unumstößlich , trotz des
    guten Willens der UGM .
    Wenn man das neue Konzept ansieht , weiß man genau , das dies unmöglich ist zu
    erreichen und das man jetzt den " Schwarzen Peter " der Stadt Marktheidenfeld zuschiebt. Für mich wäre als Bürgermeister klar , wenn die anderen über mich bestimmen sollen sie dies auch zahlen und ich würde keinesfalls mehr eine Kreisumlage - Erhöhung so einfach hinnehmen . Da müssen jetzt einige ihre
    Parteipolitik aufgeben und endlich mal geschlossen ziegen , das man nicht alles
    so einfach mit Ihnen machen kann. Von der SPD hört man wie immer nichts dazu,
    der Klinikreferent hat bis jetzt in keinster Weise irgend etwas positives abgeliefert
    ( siehe auch Klinikneubau ) und die liebe CSU incl. Thorsten Schwab tut alles
    um nicht wieder gewählt zu werden !
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  • B. L.
    Unglaublich nicht zu verstehen. Für diesen Schwachsinn finde ich keine Worte.
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  • G. D.
    Ich fordere die Veröffentlichung der Namen der Kreisräte die für das "Aus" gestimmt haben.
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  • M. K.
    Fackelzug geplant??
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