
Die Bundeswehr ist der größte Arbeitgeber im Landkreis Bad Kissingen. Ob als Soldatinnen, Soldaten oder im zivilen Bereich: Weit mehr als 2000 Menschen sind an den Standorten in Hammelburg oder Wildflecken beschäftigt. Und doch erscheint die Bundeswehr für viele Menschen abgeschirmt.
Was geschieht hinter den Kasernenzäunen in Hammelburg eigentlich? Was hat es mit der Infanterieschule der Bundeswehr auf sich? Und gibt es überhaupt Verbindungen nach Wildflecken? Die Redaktion hat bei Presseoffizier Thomas Heinl nachgefragt.
Wie viele Menschen sind bei der Bundeswehr in Hammelburg beschäftigt?
Genaue Angaben zu den Beschäftigten macht die Bundeswehr nicht. Presseoffizier Thomas Heinl spricht von "mehr als 2500 Menschen", die in verschiedenen Rollen am Lagerberg arbeiten. Dabei werden Stammpersonal und Lehrgangsteilnehmer zusammengerechnet. Neben den militärischen Berufen bietet die Bundeswehr über 50 zivile Berufe im technischen und nichttechnischen Bereich an, die meisten davon sind Tarifbeschäftigte, die übrigen Beamte in verschiedenen Laufbahngruppen.

Wie abgeriegelt ist das Leben in der Kaserne eigentlich? Leben die Soldatinnen und Soldaten dort?
"Raus kommt man eigentlich immer, hereinkommen ist etwas schwieriger", so Hauptmann Heinl. Das Leben der Soldatinnen und Soldaten dürfe man sich heute nicht mehr so vorstellen, dass alle in der Kaserne in ihren Stuben leben. "Das ist in Teilen weiterhin möglich, aber mittlerweile sehr unterschiedlich. Viele leben ganz normal in Hammelburg und Umgebung und gehen nach dem Dienst nach Hause, andere leben in Stuben in der Kaserne", so Heinl. Andersherum könne man freilich nicht einfach auf das Bundeswehrgelände spazieren. "Man kommt bis zur Hauptwache, da geht es ohne Anliegen oder Berechtigung erstmal nicht weiter", erklärt der Presseoffizier.
Welche Dienststellen gibt es am Standort Hammelburg und wofür ist er bekannt?
Aushängeschild des Standorts Hammelburg ist die Infanterieschule. Sie ist auch die größte Dienststelle mit rund 1500 Beschäftigten. Außerdem ist am Lagerberg das Vereinte-Nationen-Ausbildungszentrum der Bundeswehr untergebracht. Dazu kommen kleinere Dienststellen wie Bundeswehrfeuerwehr, Sanitätsunterstützungs- sowie -versorgungszentrum, katholisches und evangelisches Militärpfarramt, Kraftfahrausbildungszentrum für Simulatoren und Bundeswehrdienstleistungszentrum.
Heer, Infanterie, Jäger: Was genau heißt das eigentlich?
Das Heer der Bundeswehr ist neben Marine und Luftwaffe eine Teilstreitkraft. Der Begriff Infanterie umfasst die Soldatinnen und Soldaten, die im Schwerpunkt zu Fuß unterwegs sind. Zwar haben auch diese Fahrzeuge, aber der infanteristische Kampf wird zu Fuß geführt. Die Infanterie ist wiederum unterteilt in die Jäger-, Gebirgsjäger- sowie Fallschirmjägertruppe. Die Jäger sind auf den Kampf am Boden spezialisiert, die Fallschirmjäger zudem für die "luftgestützte Verlegung", also den Absprung aus dem Flugzeug über dem jeweiligen Einsatzgebiet und die Gebirgsjäger für den Kampf im alpinen Gelände und unter besonderen klimatischen Bedingungen.
Welche Bedeutung hat die Infanterieschule in Hammelburg für die Bundeswehr?
"Nicht jeder Infanterist kommt zu uns nach Hammelburg", räumt Thomas Heinl einen verbreiteten Irrglauben aus. "Wir bilden nur angehendes Führungspersonal aus, also zum Beispiel Feldwebel oder Offiziere", so der Hauptmann. Dazu kommen Spezialisten wie Einzelkämpfer oder Nahkämpfer. Die in Hammelburg geschulten Soldatinnen und Soldaten sind später wiederum für die Ausbildung der "normalen" Infanteristen innerhalb der Truppe zuständig.
Anekdoten zur Ausbildung: Verschossene Munition, verschollener Einzelkämpfer
Dass rund um den Lagerberg häufiger Schüsse zu hören sind, sollte nicht überraschen: Laut Heinl werden in Hammelburg pro Jahr rund 20 Millionen Patronen verschossen, "von der Pistole bis zur Panzerfaust". Das sei der größte Munitionsumschlag, den die Bundeswehr deutschlandweit habe.

Aufsehen erregte die Infanterieschule im September 2023, als das Verschwinden eines Einzelkämpfers während einer Orientierungsübung 750 Einsatzkräfte in Atem hielt. Nach einer großangelegten, aber erfolglosen Suchaktion war der Soldat von sich aus wieder aufgetaucht. Am Ende kam heraus: Sein GPS-Tracker war ausgefallen und der Mann hatte sich - ganz nach Auftrag - im Rahmen der Übung absichtlich versteckt, um nicht von möglichen Feindkräften aufgeklärt werden zu können. Das Training in Hammelburg scheint seine Wirkung also nicht zu verfehlen.
In welcher Verbindung stehen die Bundeswehrstandorte in Hammelburg und Wildflecken?
Abgesehen von der räumlichen Nähe gibt es zwischen den Bundeswehrstandorten in Hammelburg und Wildflecken keinerlei Verbindung. "In Wildflecken ist das Gefechtssimulationszentrum angesiedelt", so Heinl. Ansonsten diene der Standort hauptsächlich als Truppenübungsplatz. Da es in Hammelburg dafür eigene Möglichkeiten gibt, unter anderem das in den 1930er-Jahren abgesiedelte Bonnland, das heute als Ortskampfanlage auf dem Übungsplatz dient, kommen die Infanteristen während ihrer Ausbildung am Lagerberg kaum hinüber nach Wildflecken.