Nur schemenhaft dringt nach einer Woche an die Öffentlichkeit, was in der Kampftruppenschule in Hammelburg (Lkr. Bad Kissingen) passiert ist. Ein Offizier, über dessen Identität und Herkunft die Bundeswehr zunächst Stillschweigen bewahrt, war kollabiert – nach inoffiziellen Angaben während des Einzelkämpferlehrgangs, der Teil der Weiterbildung für das Führungspersonal ist.
Seine Kameraden sollen vergangenen Donnerstag Erste Hilfe geleistet haben. Der Offizier "kollabierte bei körperlicher Anstrengung im Rahmen eines Lehrgangs der Bundeswehr", teilte der Leitende Oberstaatsanwalt Axel Weihprecht an diesem Mittwoch auf Anfrage mit. Der Chef der Staatsanwaltschaft Schweinfurt sagte auch: "Trotz sofortiger Reanimation durch einen vor Ort anwesenden Arzt und anschließender intensivmedizinischer Behandlung konnte sein Leben nicht gerettet werden."
Bundeswehr verweist auf die laufenden Ermittlungen
Der Offizier war am Donnerstag in ein nahes Krankenhaus gebracht worden, wo er am Tag darauf starb. Bislang hat sich Bundeswehr noch nicht genauer zu dem Vorfall und den Ursachen geäußert. Unklar ist etwa, bei welcher Übung der Offizier kollabierte und ob es möglicherweise bereits zuvor Anzeichen von Schwäche gab. Auf Anfrage verweist die Bundeswehr auf laufende Ermittlungen: "Die genauen Umstände werden aktuell untersucht."
Zu dem Kurs heißt es in einer internen Beschreibung der Bundeswehr: "Der Lehrgang hat das Ziel, die Teilnehmer an ihre psychischen und körperlichen Leistungsgrenzen zu führen. Durchhaltewille, Belastbarkeit, Entscheidungsfähigkeit unter schwierigen Situationen und nach körperlicher Belastung sowie Führungswille sind geforderte psychische Leistungselemente." Dem Lehrgang geht üblicherweise eine gesundheitliche Untersuchung und ein Eingangstest voraus.
Kripo und Staatsanwaltschaft ermitteln: Obduktion angeordnet
Zur Todesursache ermitteln nun die Staatsanwaltschaft Schweinfurt und die Kriminalpolizei, bestätigt Martin Kuhn, Sprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken. Der Tote sei zur Untersuchung ins Institut für Rechtsmedizin nach Würzburg gebracht worden, um Klarheit über die Todesursache zu bekommen, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt: "Die gerichtlich angeordnete Obduktion wird nach Rücksprache mit der Rechtsmedizin erst am Freitagvormittag durchgeführt werden können".
Angaben zur Todesursache "können dementsprechend derzeit nicht gemacht werden", so Weihprecht. Todesermittlungsverfahren seien aber staatsanwaltschaftliche Routine, dämpfte er falsche Erwartungen. Es gehe dabei lediglich darum die "genauen Umstände, die zum Tod führten", zu klären.
Für was die Infanterieschule in Hammelburg bekannt ist
In der Infanterieschule in Hammelburg im Landkreis Bad Kissingen dienen 1650 Soldaten. Schwerpunkt der Ausbildung in der Kaderschmiede der Bundeswehr ist die Ausbildung von Führungspersonal. Nach Angaben der Bundeswehr bildet die Schule "aktive Offiziere und Unteroffiziere der Infanterie des Heeres" aus. Ziel sei es, angehende Soldaten "zu militärischen Führern, Ausbildern und Erziehern zu formen". Dabei liege ein besonderes Augenmerk auf der "Orientierung an Einsatzerfordernissen und Erfahrungen sowie der Befähigung zum Kampf".
Große Betroffenheit bei den Soldaten und Beileid auf Twitter
Über 2000 Kameraden des Toten äußerten bis Mittwochmorgen auf Twitter unter "Das Deutsche Heer" ihr Beileid - auch mit Worten, die große Betroffenheit innerhalb der Truppe belegen. Ein Twitter-User schrieb: "Ruhe in Frieden, mein alter Freund. Ich bin unendlich dankbar für die wunderbare Zeit, die wir zusammen hatten auf diesem Planeten."
Es sei "etwas Schlimmes" passiert, "unabhängig, ob im Alltag oder im Dienst", sagte Oberstleutnant Timo Schmidt, Sprecher in Hammelburg. Bevor Ergebnisse der Untersuchungen vorlägen, sei es reine "Spekulation" und zu früh, auf "irgendetwas Rückschlüsse" zu ziehen.
Warnung vor mangelnder Fitness
Der Tod des Offiziers rückt erneut die Frage der Fitness der Truppe ins Scheinwerferlicht. 2017 starb ein junger Offiziersanwärter bei einem Fußmarsch in Munster - der 21-Jährige und drei weitere Offiziersanwärter waren bei Hitze kollabiert.
Bereits 2020 war im so genannten "Wehrbericht" für den Bundestag zum Zustand der Bundeswehr gewarnt worden, dass es schlecht es um den potenziellen Nachwuchs steht. Nur die Hälfte der 760.000 Schulabgänger sei für die Truppe geeignet. Als Gründe werden mangelnde Fitness und Bereitschaft genannt. Pro Jahr bewerben sich nach dpa-Informationen seit 2016 durchschnittlich 120.000 Menschen bei der Bundeswehr. Bei der Offizierslaufbahn treffen 10.000 Bewerber auf 2500 Stellen.