Seit 20 Jahren ist Karl Dengel Spielleiter beim Fußball-Kreisligisten TSV Homburg, davor hat er Jugendmannschaften trainiert und selbst bei den alten Herren gespielt. Das Vereinsleben ist für den ehemaligen Geschäftsführer der Firma "Kuhn Baustoffe" das Schönste, was es gibt. Besonders Kinder und Jugendliche will Dengel für den Sport und seine Werte begeistern. In unserem Interview-Format "Steilpass" erzählt der 66-Jährige, was ihn an seinem Verein so stolz macht, wo er die Probleme im Amateurfußball sieht und warum er als 1860-Fan einst den Bayern einen Sieg wünschte.
Karl Dengel: Schiedsrichter Thomas Stein. Der hat bei mir schon in der C-Jugend Fußball gespielt, zusammen mit meinem Sohn. Da fällt mir direkt eine lustige Anekdote ein.
Dengel: Wir waren mal in München, beim Spiel des FC Bayern gegen Frankfurt. Die beiden Buben waren Bayern-Anhänger. Ich bin zwar 1860-Fan, aber mit ihnen hin gefahren. Mit meinem Löwen-Trikot stand ich in der Kurve. Bis zur Halbzeit hat Frankfurt 1:0 geführt, da haben sich die beiden Jungs hingesetzt und ein "Vater unser" gebetet, damit sich das Spiel noch dreht. (lacht) In der Halbzeit hat mir dann ein Frankfurter einen Becher Bier über den Kopf gekippt. Eigentlich hab' ich ja zur Eintracht gehalten, aber ich hab' ihm dann zugeschrien: So, und jetzt halt ich zu Bayern und ihr werdet verlieren. Und so war's. Am Ende haben die Münchner noch 2:1 gewonnen. (lacht)
Dengel: Ja. Er hat ja wie gesagt schon in der Jugend bei mir gespielt. Er war nicht schlecht, aber kein herausragender Fußballer. Allerdings hat er schon immer die Regeln genau gekannt und teilweise die Mitspieler zurechtgewiesen. Ich hab' ihm gesagt, dass ich ihn für einen guten Schiedsrichter halten würde und er sich doch mal für einen Neulingslehrgang anmelden soll. Das hat er getan und ist seinen Weg gegangen, arbeitet unter anderem in der Bundesliga als Vierter Offizieller. In Homburg sind wir alle sehr stolz, dass wir so jemanden im Verein haben.
Dengel: Fußball hab ich schon immer gespielt, seit meinem neunten Lebensjahr. Da sind wir mit dem Fahrrad noch von Holzkirchhausen nach Helmstadt gefahren, zumindest das erste halbe Jahr. Dann hat uns der Trainer abgeholt. Ich und meine drei Kumpels waren inzwischen die stärksten Fußballer und hatten im "gedroht" sonst den Verein zu verlassen. (lacht) Bis ich 16 war habe ich in Helmstadt gespielt, dann bis ich 28 war in Holzkirchhausen. Das war meine schönste Zeit. Inzwischen hatte ich schon acht Jahre in Homburg gelebt und in die Firma "Kuhn" eingeheiratet, wo ich dann später Geschäftsführer war. In Homburg hab ich nur noch Altherren gespielt, weil ich keine Zeit mehr zum Training hatte.
Dengel: Mein jüngster Sohn, der ist jetzt 36, hat sich als er zwölf Jahre alt war bei mir beklagt, dass ich keine Zeit für ihn hätte, und da habe ich beschlossen, dass C-Jugend-Training zu übernehmen. Dann wurde es die B-Jugend, A-Jugend und vor 20 Jahren habe ich dann die erste Mannschaft als Spielleiter übernommen. Das macht mir unheimlich Spaß. Allerdings leiden auch wir unter der neuen 5+1 Regel, die besagt, dass aus der Startelf der ersten Mannschaft nur noch ein Spieler für die Reserve abgestellt werden darf. Plus bis zu fünf Mann, die nur in der zweiten Halbzeit gespielt haben. So mussten wir inzwischen schon zwei Spiele unserer zweiten Mannschaft, die in der A-Klasse spielt, absagen. Das Problem ist: Wenn du absagst bekommst du natürlich immer ein fette Strafe.
Dengel: Ja. Vor allem für uns kleine Klubs. Wir sind ein Verein mit an die 450 Mitglieder und wir sind beim TSV Homburg stolz auf unsere Eigenständigkeit. Das ist in der heutigen Zeit in einem Dorf mit rund 1200 Einwohnern keine Selbstverständlichkeit und wir möchten das auf jeden Fall erhalten. Es kostet viel Mühe immer wieder Spieler zu finden. Wir haben auch von auswärts Spieler, aber wir nehmen nicht jeden. Der Junge muss zu uns passen.
Dengel: Wir sind gerade erst als Kreisklassen-Meister in die Kreisliga aufgestiegen. Da habe ich meinen größten Wunsch geäußert, dass ich mal auf dem Sportplatz übernachten darf. Und tatsächlich. Morgens um halb fünf, nach der Meisterschaftsfeier, habe ich mich mit der Liege in die Mitte des Platzes gelegt, das war traumhaft. Zumindest bis halb neun. Dann hat es das Regnen angefangen und ich habe mich ins Sportheim zurückgezogen. So eine Aufstiegsfeier habe ich noch nie gehabt und in meiner Zeit als Spielleiter sind wir insgesamt fünfmal aufgestiegen.
Dengel: Dass die Kameradschaft weiter so gepflegt wird und die verjüngte Vorstandschaft zusammenhält. Insgesamt sind wir gut aufgestellt und mein größter Wunsch ist, dass wir ewig eigenständig bleiben. Es gibt nichts Schöneres, als so einen Verein mitzuführen.
Dengel: Ich war über 40 Jahre Geschäftsleiter in der Firma "Kuhn" und habe sie zusammen mit meiner Schwiegermutter geführt. Wir sind ein Familienbetrieb mit mittlerweile 55 Angestellten. Seit vergangenem Jahr führen meine beiden Nichten und mein Sohn die Firma, ich bin aber - obwohl ich Rentner bin - noch immer aktiv. Als zuletzt Baustoffmangel herrschte, war ich beispielswiese als Materialbeschaffer unterwegs. Jetzt sind die Lager wieder voll bis obenhin. (lacht)
Dengel: Unseren Trainer Christoph Zanetti, der selbst mal in Burghausen Regionalliga gespielt hat. Der kam im Februar 2020 zu uns seit er da ist, läuft es. (lacht) Er hat ja sofort den Aufstieg mit uns gepackt. Vor allem seine Ruhe fasziniert mich. Der war noch nie laut, das kenne ich aus dem Fußball so nicht.
Das Interview-Format "Steilpass"
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