Okay, der Vorrunden-Abschluss in der Fußball-Regionalliga Bayern war nicht ganz nach dem Gusto des FC 05 Schweinfurt. Mit einer 0:3-(0:1)-Niederlage bei der SpVgg Bayreuth verabschiedete sich die Mannschaft von Trainer Marc Reitmaier aus der letzten Englischen Woche des Jahres – und hat doch keinen Grund, ihr Wirken in Frage zu stellen. Ein bisschen war schlecht, aber viel war besser als es die Reamateurisierung und der daraus resultierende Totalumbruch im Sommer die Verantwortlichen befürchten hat lassen.
Der FC 05 schließt die Vorrunde mit Tabellenplatz sechs und 27 Punkten ab – deren zwölf entfernt von der Gefahrenzone. "Wenn mir das vor der Saison Jemand gesagt hätte, ich hätte ihn für verrückt erklärt", sagt Sportleiter Andreas Brendler, der glaubt, dass bereits "40 Punkte reichen zum Klassenerhalt". Und drückt damit seinen Stolz aus, nach 18 Abgängen ("im März hatten wir erst zwei Spieler") einen regionalligatauglichen Kader aus dem Nichts zusammengebaut zu haben.
Dass spielerisch imposantere Teams den FC 05 derbe abkochen können, haben bereits die Niederlagen gegen Bayern II (1:4), Kickers (0:2) und Aubstadt (0:5) gezeigt. Nun eben auch die in Bayreuth. Dem Plus der SpVgg an individueller Qualität hatten die Nullfünfer eine halbe Stunde lang nichts entgegenzusetzen. Dass es zur Pause nur 1:0 durch Christoph Fenningers Abstauber (7.) stand, hatten sie der Nachlässigkeit der Bayreuther zu verdanken. Das kurze Schnuppern am Ausgleich war mit Dominik N'gaties Patzer und Jann Georges 2:0 (53.) beendet. Anschließend hätte für Bayreuth mehr herausspringen können als Jakub Mintals 3:0 (73.).
Dennoch: Fünf Gründe, warum die Schweinfurter die Liga halten und womöglich einen entspannten Frühling 2024 erleben dürfen.
1. Die neue Demut federt Rückschläge ab
"Aus dem Träumer wurde ein Realist", sagte Geschäftsführer Markus Wolf, der mehrere Jahre lang vergebens versucht hatte, den FC 05 mit viel Geld in die 3. Liga zu hieven, im Interview mit dieser Redaktion. "In der wirtschaftlichen Gesamtsituation ist eine One-Man-Show nicht länger realistisch. Ich werde lieber 14. und habe ein gesundes Budget. Und muss zufrieden sein, in der höchsten bayerischen Amateurliga spielen zu dürfen."
Die Zahlen dazu: 900.000 Euro Gesamtetat, 600.000 Euro Mannschaftsetat 2023/24; zwei und 1,4 Millionen in der Vorsaison. Jedem im Verein ist klar: Es geht nur um den Klassenerhalt. Aus Durststrecken werden, auch wegen des Top-Starts, nicht gleich Krisen, weil zu erwarten und auch nicht so relevant wie im vorangegangenen utopischen Aufstiegskampf. Diese Mannschaft darf verlieren.
2. Die Kader-Schwäche entpuppt sich als Trumpf
Groß war die Angst, dass die Qualität des Kaders nicht ligatauglich sein könnte. Sportleiter Andreas Brendler blieb nichts anderes üblich, als sich zu einem nicht unerheblichen Teil regional und unterklassig zu bedienen. Oder bei länger pausierendem Personal. "Wie schnell diese Spieler Regionalliga-Niveau erreicht haben, ist unglaublich", so Brendler. Und dürfte Spieler wie Fabio Bozesan (aus der Bayernliga, 6 Tore), Marc Hänschke (Bayernliga), Adrian Istrefi (Landesliga), Taha Aksu (ohne Spielpraxis), Severo Sturm (Bayernliga, lange verletzt) oder Tom Feulner (Bayernliga) – allesamt Stammspieler – gemeint haben.
Oder Hans Anapak, der über den "zweiten Bildungsweg" seine versandete Karriere in Schweinfurt anschieben will – und inzwischen Einsätze hamstert. Vor der Runde hatte Wolf geunkt: "Meine Hoffnung ist ein geiler Haufen, in dem sich alle reinwerfen." Das ist Realität geworden. "Die Mannschaft hat sich gefunden", sagt Reitmaier. Sie macht, was sie kann. Keinen Firlefanz.
3. Das Trainerteam punktet mit ungewöhnlichen Ideen
"Uns fehlen noch ein paar Punkte", kommentiert Reitmaier den Ist-Zustand. "Das wird noch ein harter Job." Und meint auch seinen – und den von Co Adam Jabiri und Torwart-Trainer-Institution Norbert Kleider. "Wir arbeiten auch ohne professionelle Strukturen professionell. Wir machen zum Beispiel Videoanalysen, die für viele Spieler Neuland sind. Wir haben sie auf ein anderes Niveau gebracht. Auch in zahlreichen Einzelgesprächen." Es hat sich Konkurrenzkampf entwickelt.
Reitmaiers Methoden kommen modern daher. Der 40-jährige Würzburger steht für Experimente. "Ja, das charakterisiert mich." Aus Flügelstürmer Dominik N'gatie wird ein Linksverteidiger, aus Zehner Sturm ein Flügelstürmer, aus Sechser Feulner ein Außen- oder Innenverteidiger. Und oftmals hupft ein Ergänzungsspieler in die Startelf. "Alles lösungsorientierte Ideen", so Reitmaier. Unter dessen Führung seit der Amtsübernahme Ende Februar saisonübergreifend im Schnitt 1,93 Punkte pro Spiel herausgesprungen sind – ein Top-Fünf-Wert.
4. Leidenschaft und Effektivität reichen gegen direkte Konkurrenz
Letztlich ist aus dem Schweinfurter Umbruch eine solide Mischung aus 18 Neuen und sieben Arrivierten geworden. Verbliebene Routiniers wie Adam Jabiri, Kristian Böhnlein, Lukas Billick oder Kevin Fery haben mehr Verantwortung als zu Zeiten unzähliger Jungprofis – und die tut ihnen gut. Jabiri ist mit seinen 39 Jahren auch ohne herausragende Torquote (4) Ankerspieler, das Treffen übernehmen Sturm (10) und Bozesan (6). Mit einer erstaunlicher Effektivität.
Wenn das die schicke Hütte ist, bildet die meist leidenschaftliche Defensivarbeit das Fundament. "Jeder steht für Jeden ein", so Reitmaier. Dass der Überraschungseffekt verpuffen könnte in der am Samstag in Aschaffenburg beginnenden Rückrunde, befürchtet er nicht: "Solange wir diese einfachen Tugenden auf den Platz bringen, werden wir punkten." Man dürfe nur nicht auf Kickers und Co. schauen, selbst nicht auf Illertissen oder Bayreuth. Lieber "auf Fürth und was dahinter liegt". Gegen die unmittelbare Konkurrenz im Abstiegskampf gab's 16 aus 21 möglichen Punkten.
Fans und Mannschaft sind wieder eine Einheit
Vergangene Saison waren die Fans aus dem Block auf der Gegengeraden lange nicht präsent. Erst mit dem 2:5 verlorenen Auswärtsspiel in Burghausen im Februar kehrte ihr Support zurück. In der aktuellen Spielzeit sind Mannschaft und Fans wieder eine Einheit. Die Spieler kommen wieder zum Abklatschen an den Zaun. Abgesehen vom Pyro-Fehltritt gegen Bamberg haben auch die treuen Anhänger beigetragen zu einem Gesamtbild maximaler Geschlossenheit. "Das hilft der Mannschaft messbar", so Reitmaier.