Wie in einem typischen Pokalspiel: Amateure gegen Profis. So hatte FC-05-Trainer Marc Reitmaier das Derby zwischen seinen fünftplatzierten Schweinfurtern und dem zum Aufstieg verpflichteten Primus FC Würzburger Kickers tituliert. Am Ende waren die auch monetär unterfütterten Kräfteverhältnisse doch zu klar, als dass es eine Überraschung hätte geben können: Mit 2:0 (1:0) ging der Sieg vor knapp 5000 Zuschauerinnen und Zuschauern so eindeutig wie verdient an die Roten, den Fan-ernannten "Chef der Regionalliga", der seit Wochen immer beeindruckender auf Titelkurs unterwegs ist.
Den Grünen, die mit dem humanen Resultat ihr Gesicht wahren durften, wurde der Anzug gerichtet, auf dass der am Samstag in Aubstadt beim nächsten Derby wieder besser passen möge. Reitmaier zeigte sich "stolz auf meine Mannschaft", die Partie bis in die 80. Minute bei 0:1 offengehalten zu haben. "Wenn wir in der Situation waren, Gefahr auszustrahlen, waren wir aber nicht da, nicht kaltschnäuzig genug."
Die Effektivität, mit der die Nullfünfer zuletzt knappe Dinger oftmals auf ihre Seite gebogen haben, blieb diesmal aus. Und auch in Sachen Leidenschaft waren es nicht ganz die geforderten 100 Prozent: "Zu wenig gegen eine in der Liga so outstanding auftretende Mannschaft wie die Kickers."
Sein Kickers-Kollege Marco Wildersinn machte wenig später in der Pressekonferenz einen höflichen Knicks vor dem 05-Publikum: Als er einen Sieg, "egal wie hoch", prognostiziert hatte, habe er nicht ausdrücken wollen, "dass ein Sieg hier selbstverständlich ist". Er bewunderte zwar den souveränen Auftritt seiner Mannschaft, sprach aber von Arbeit: "Wir waren gut gesichert gegen Konter, da haben die Schweinfurter ja ein hohes Tempo. Auch lange Bälle sind eine Spezialität der Schweinfurter, die haben wir gut verteidigt."
05-Boss Markus Wolf verliest eine Anti-Rassismus-Botschaft
Kurzum: Die Kickers hatten überragend verteidigt und überragend gestürmt – nur ein bisschen schwach abgeschlossen. Wildersinn formulierte das so: "Wir hätten das entscheidende 2:0 früher machen müssen. Aber ich war mir sehr, sehr sicher, dass es fällt." Dass es dann ein halbes Eigentor war von 05-Torjäger und Co-Trainer Adam Jabiri, noch dazu einer früheren Kickers-Ikone, könnte die Gastgeber mehr geärgert haben, als sie es zugaben: "Der wäre vorbeigegangen", schmunzelte der 39-Jährige, der diesmal abgemeldet war, über seine Querschlägervorlage für Torschütze Daniel Hägele (80.).
Ernster ging es kurz vor dem Anpfiff zu, als FC-05-Geschäftsführer Markus Wolf eine Botschaft über die Lautsprecheranlage im Sachs-Stadion vermittelte: "Wir wollen bei uns im Stadion keine Neonazis, kein rassistisches Gedankengut und keine Personen, die mit solchen Ideen sympathisieren. Beim FC 05 gilt: Kein Spielraum für Rechtsradikalismus und Rassismus." Er spielte damit auch auf einen Vorfall an, an dem zwei ehemalige Mitglieder eines Schweinfurter Fanclubs beteiligt waren. Ein Zollbeamter hatte einem bekannten Rechtsextremisten verbotswidrig Informationen zugespielt. Verein und das Gros der 05-Fans distanzieren sich davon.
Die einzige Riesen-Chance der Schweinfurter vergibt Fabio Bozesan
Dann, nach ein bisschen Rauch aus der Gästekurve, aber Fußball. Vielleicht kein Spektakel. Ein schnelles, spannendes Derby aber allemal. In dem die Kickers das taten, was man von ihnen erwarten durfte: Sie übernahmen als klarer Favorit sofort die Initiative. Auch die Schweinfurter taten, was sie können: vielbeinig verteidigen und schnelle Spitzen setzen. Dennoch ging's überwiegend in eine Richtung, in die des Tores von 05-Schlussmann Lukas Wenzel. Der zögerte nach einem Franjic-Freistoß einen Moment beim Herauslaufen, Benyas Junge-Abiol erspitzelte sich den Ball und vollendete zum 0:1 (23.) – hochverdient.
Die hinten teils überforderten Nullfünfer hatten einige wenige Momente – und genau genommen nur eine einzige echte Torchance. Nach einer Aksu-Flanke hätte Fabio Bosezan aus sechs Metern den Ausgleich machen müssen – scheiterte jedoch am überragend reagierenden Kickers-Keeper Vincent Friedsam (31.). "Da haben wir den Ball zu leicht verloren und sind nicht ins Gegenpressing gekommen", fand Kickers-Innenverteidiger Marius Wegmann, der nach einem Zusammenprall mit Jabiri an der Augenbraue getackert werden musste und fortan einen "Turban" trug, das einzige Haar in der Würzburger Feiertagssuppe.
Kickers-Verteidiger Marius Wegmann: "Wir haben einfach einen Lauf"
FC-05-Außenverteidiger Marc Hänschke fand auch eines, nur war die Schweinfurter "Brühe" ohnehin nicht ganz so schmackhaft. Das 0:2 nahm der Ex-Nullvierer, der das blaue Würzburger "Anti-Kickers-Gen" am giftigsten auf dem Platz verkörperte, auf seine Kappe: "Den Eckball hätte ich vermeiden können bei besserer Kommunikation. Ich hätte unseren Fans gerne ein Geschenk gemacht. Aber wenn du als Mannschaft in so einem Spiel nicht über dich hinauswächst, wird das nichts." Und hängte noch an: "Man darf nicht vergessen: Die verdienen mit Fußball ihr Geld. Wir gehen arbeiten und spielen Fußball aus Spaß."
Die 05-Fans motivierten ihre Mannschaft nach Wiederbeginn mit einem selbstironischen Banner: "Der Metzger sagt, es ist noch Zeit, Schweinfurt ist zum Kampf bereit." Den gab's dann auch bei den Schweinfurtern. Aber längst nicht so leidenschaftlich wie in etlichen anderen Spielen. Was es den Kickers recht einfach machte, ihr Qualitätsplus in Form einer beeindruckenden Chancenflut auf den Platz zu bringen. "Wir haben einfach einen Lauf und den wollen wir jetzt durchziehen", so Wegmann.