Profifußball gehört der Vergangenheit an: Der FC 05 Schweinfurt hat bekanntlich auf Amateur-Status umgestellt und orientiert sich in der Fußball-Regionalliga Bayern komplett neu. 18 Abgängen stehen 18 Zugänge, davon sechs aus dem Jugendbereich, gegenüber. Verpflichtet wurde auch aus der Bayern- und Landesliga. "Wir haben keinen Kader mit 20 ausgeglichenen Spielern", weiß Andreas Brendler, als Sportleiter verantwortlich für die neue, erheblich regionalere Mischung. "Einen gewaltigen Umbruch, nicht nur vom Status her", nennt Trainer Marc Reitmaier die wirtschaftlich notwendige Frischzellenkur.
Der 40-Jährige, im Verein zudem Teil eines neuen Marketing-Teams, erwartet eine schwierige Saison, an deren Ende der Nicht-Abstieg stehen soll: "Das wird nicht schön werden, das wird hart." Sein Plan auf dem Feld: "Aus einer stabilen Defensive Ballbesitzphasen erspielen." Wie das dann aussehen kann, können die Fans – der Verein rechnet dank einiger Aktionen mit bis zu 2000 – schon am Samstag, 22. Juli (14 Uhr, Sachs-Stadion), beim Derby-Auftakt gegen den Vorsaison-Fünften Viktoria Aschaffenburg sehen. Der Schweinfurter Kader im Check:
Die Vorbereitung
2:1-Sieg gegen Bezirksligist FC Gerolzhofen, 2:0-Sieg gegen Bayernligist FV 04 Würzburg, 2:4-Niederlage gegen Landesligist FC Fuchsstadt, 1:1-Unentschieden gegen Regionalligist Rot-Weiß Erfurt und ein weiteres 1:1 gegen Bayernligist TSV Abtswind. Das ist die Bilanz der fünf Testspiele. In denen Reitmaier Luft nach oben entdeckt hat "in den Bereichen Anlaufverhalten, Standards und Umschaltspiel". Am gefälligsten war das Abwehrverhalten in Erfurt, wo die zum Ende hin klar unterlegenen Schweinfurter sich beherzt gegen eine Niederlage gestemmt haben. Kraft, Wille und Geschlossenheit – das sollten in der Liga die Trümpfe des FC 05 sein.
Die Mannschaft
Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit war beim FC 05, abgesehen von der Meisterschaft 2021, in den vergangenen Jahren oft mächtig, die Dritte Liga blieb unerreicht. Brendler schließt mit dieser Ära ab: "Wir bauen keine Luftschlösser mehr. Wir brauchen eine Mannschaft, die sich den Arsch aufreißt. Ja, wir haben auch Spieler geholt, für die die Regionalliga noch zu hoch ist." Aber man habe statt karrierefixierter Jungprofis nun Akteure, die mitten im Leben stehen, verantwortungsvollen Berufen nachgehen. Richten soll's vor allem die verbliebene Erfahrung: die Achse aus Lukas Billick (35, bleibt Kapitän), Kristian Böhnlein (33), Kevin Fery (29) und Adam Jabiri (39). Brendler: "Wenn sie nicht ja zu unserem neuen Weg gesagt hätten, wäre das, was wir in wenigen Wochen aufgebaut haben, nicht möglich gewesen."
Das System
Eine Revolution auf dem Platz wird es nicht geben: Der FC 05 Schweinfurt spielt unter Reitmaier auch weiterhin bevorzugt ein 4-2-3-1-System. Der Coach verspricht sich davon Stabilität in der Defensive und ein flinkes Umschalten über schnelle Flügelspieler wie Taha Aksu und Severo Sturm. Vorne gibt Torjäger Adam Jabiri den Abnehmer. Nur: Fällt der 39-Jährige aus, gibt es nominell als 1:1-Ersatz zwar den nachverpflichteten Markus Einsiedler. Weil der aber beinahe ein Jahr vereinslos war und noch nicht zu 100 Prozent fit ist, sollte ein 4-4-2 mit zwei verkappten Angreifern die wohl probateste Option sein.
Die Torhüter
"Es soll eine klare Nummer eins geben", sagt Reitmaier. Es ist kein Geheimnis, dass diese Nummer eins der vom TSV Aubstadt gekommene Lukas Wenzel sein wird. Der 24-Jährige wurde in der Jugend des 1. FC Nürnberg ausgebildet, war dann mit seinen knapp 1,80 Metern nicht groß genug fürs Profigeschäft. Sein körperliches Defizit macht er mit Sprungkraft und Stellungsspiel wett. Mit Nico Stephan und dem erst 17-jährigen, aus der FCN-Jugend zurückgekehrten und zunächst für de U 19 vorgesehenen Emil Zorn, weiß der Trainer insgesamt um "eine gute Mischung".
Die Abwehr
Körperliche Robustheit, Erfahrung und auch Tempo – die Viererkette, in der (von rechts) Marc Hänschke, Lukas Billick, Luca Trslic und Nils Piwernetz die Wunschformation bilden, ist womöglich das Aushängeschild der Mannschaft. Boris Nana Tonzi ist in Außen- wie Innenverteidigung eine Alternative, Julius Landeck verlässlich auf beiden Außenverteidiger-Positionen. "Trotzdem fehlt uns, wie in nahezu jedem Mannschaftsteil, die Breite", so Reitmaier. Mit dem erst 17-jährigen Nick Doktorczyk haben die Nullfünfer ein Top-Talent von den Kickers geholt, "aber er muss noch an körperlichen Fakten feilen", sagt Brendler. Der Ex-Eichstätter Trslic, der in Würzburg sein Abi nachholen will, hat dank Kopfballstärke und Übersicht das Zeug zum Abwehrchef.
Das Mittelfeld
"Es darf nichts passieren" – als würde er ein Gebet gen Himmel schicken, faltet Brendler die Hände, wenn er über das Mittelfeld spricht. Mit Kristian Böhnlein und dem früheren Hofer Kapitän Tom Feulner steht da eine höchst solide Doppelsechs. Auf dem rechten Flügel überzeugt Taha Aksu mit Tempo. Zentral ist Kevin Fery zwar filigraner Regisseur, nimmt aber oft den Speed, den Aksu bräuchte, raus. Alternativen auf den Außenbahnen, wo Sturm trotz kleiner Rückschritte auf links das Rennen machen sollte, hat Reitmaier nicht. Sein Wunsch nach einem zusätzlichen Spieler für diese Position – getestet wurde zuletzt vielversprechend der Ex-Babelsberger und -Eichstätter Dominik N'gatie – wurde bis dato von Geschäftsführer und Hauptsponsor Markus Wolf nicht erhört.
Der Angriff
Diesen Wunsch hatte er auch für die Sturmspitze, wo Adam Jabiri mit 39 Jahren trotz hinzugekommener 40-Stunden-Woche als Architekt und Co-Trainer-Rolle gesetzt ist. Nur erkannte auch Wolf, dass beispielsweise Fabio Bozesan und Adrian Istrefi zwar torgefährlich sind, aber Mittelfeldspieler. Und Dominik Halbig (für Landesligist FC Fuchsstadt 91 Treffer in 180 Spielen) sich körperlich noch schwer tut. "Wir hatten keinen Plan B für Adam Jabiri", sagt Brendler. "Jetzt schon." Denn: Auf den letzten Drücker wurde es doch noch was mit Markus Einsiedler. Der 34-jährige Ex-Unterhachinger und -Bayreuther war nach einem Profi-Engagement in Luxemburg zuletzt vereinslos. Jetzt nicht mehr: Wolf sagte ja, der Routinier ist an Bord. Er ist aus privaten Gründen nach Unterfranken gezogen und hat in den letzten drei Tests vorgespielt. Brendler attestiert ihm "körperliche Wucht". Mit dem Langzeitverletzten Andre Rumpel und Eigengewächs Spase Arsov (gesundheitliche Gründe) fallen zwei Stürmer länger aus.
Das Ziel
Die Liga ist in der unteren Tabellenhälfte nicht schwächer geworden nach den Wieder-Aufstiegen der gestandenen Regionalliga-Klubs Memmingen und Schalding-Heining. Wo kann sich der FC 05 einreihen? Im Idealfall mit dem direkten Klassenerhalt. "Von Platz sechs oder sieben müssen wir uns verabschieden", so Reitmaier. Die überragende Frühjahrsserie mit acht Siegen und einem Remis aus den letzten neun Spielen "muss aus den Köpfen raus" (Reitmaier). Mit dem 600.000 Euro Mannschaftsetat, die Wolf im Gespräch mit dieser Redaktion bestätigt hat, gehört der FC 05 nicht zu den wirtschaftlichen Außenseitern, doch Brendler rechnet vor, dass man in dieser Preisklasse Neuling sei: "Andere haben eine gewachsene Basis, kennen die Stellschrauben seit Jahren. Ich kann das Gequatsche vom kleinen Dorfklub nicht mehr hören. Es gibt in der Regionalliga keine kleinen Mannschaften. Wenn wir die Liga halten, haben wir etwas Großes geschafft."