Im Januar hat Geschäftsführer und Hauptsponsor Markus Wolf die Reamateurisierung des FC 05 Schweinfurt angekündigt. Der Fußball-Regionalligist, der mit einem Profikader nach langem Abstiegskampf die Saison als Sechster beendet hatte, startet am Samstag, 22. Juli, gegen Viktoria Aschaffenburg in die Spielzeit 2023/24 - mit einem nach 17 Zu- und genauso vielen Abgängen runderneuerten Kader.
Markus Wolf: Das trifft es genau auf den Punkt. Aus dem Träumer wurde ein Realist. Weil ich nach fünf Jahren Profitum realisiert habe, dass ich es mehr oder weniger alleine nicht stemmen kann. Ich hatte versucht, mit Profitum mögliche Sponsoren und Fans zu begeistern - aber es wurde nicht angenommen. Die Regionalliga Bayern ist für eine Profimannschaft auf Dauer nicht überlebensfähig. Das kannst du nicht bezahlen. Es waren einige Mannschaften, darunter die beiden, die am Ende vorne waren, schwer in Not. Auch wir waren schwer in Not. In der aktuellen wirtschaftlichen Gesamtsituation ist eine One-Man-Show nicht länger realistisch. Und auf Dauer nicht gesund. Profifußball ist in Schweinfurt nur umsetzbar, wenn Umfeld, Wirtschaft und Politik gleichermaßen daran interessiert sind.
Wolf: Nein. Es war ja nicht alles schlecht. Wir sind bayerischer Amateurmeister geworden, in der Relegation nur knapp am Aufstieg gescheitert. Und waren mehrmals in der DFB-Pokal-Hauptrunde. In Schweinfurt war schon was los. Die Mannschaft, die wir 2021 zur leider verlorenen Relegation gegen Havelse hatten, war in der Grundstruktur drittligatauglich. Ich weiß nicht, ob es mit noch mehr Geld anders gelaufen wäre. Es ist ja alles auch eine Budgetfrage. Dazu gehören Zuschauereinnahmen. Kommen, wie letzte Saison im Schnitt 500 weniger als erhofft, fehlen rund 80.000 Euro in der Saison. So etwas muss man einkalkulieren. Und man muss einkalkulieren, was eine Aufstiegsmannschaft in der 3. Liga mehr kostet, damit sie realistisch betrachtet die Liga halten kann. Ich kann mich ja nicht darauf verlassen, dass dann plötzlich Sponsoren Schlange stehen. Sowas muss stabil aufgebaut werden - und der Aufbau fängt in der Regionalliga an.
Wolf: Regionalliga Bayern ist eine gute Liga. Aber Profimannschaften gibt es nicht mehr als vier oder fünf. In den anderen Staffeln sind es kaum mehr. Amateurmannschaft spielen ab Platz sechs gegen den Abstieg, aufsteigen können sie wirtschaftlich gar nicht. Wer am Ende Zweiter wird ist finanziell blöder dran als der 14., der gerade so drin bleibt - am Ende trennt beide Teams bei letztlich vergleichbarem Ertrag eine Million Euro Etat. Da werde ich lieber 14. und habe ein gesundes Budget, kein Risiko für den Verein. Und man muss damit zufrieden sein, in der höchsten bayerischen Amateurliga, und das ist sie letztlich, spielen zu dürfen.
Wolf: Dazu ganz einfach ein paar Zahlen. Wir haben jetzt wieder den gleichen Etat wie in der Saison 2016/17: 900.000 Euro Gesamtetat, 600.000 Euro Mannschaftsetat - inklusive Sozialversicherung, Berufsgenossenschaft, Trainerstab, Fahrtkosten, Physioabteilung. Zum Vergleich: 2022/23 waren das insgesamt zwei Millionen, davon für die Mannschaft 1,4 Millionen. Wir hätten 1500 Zuschauer im Schnitt gebraucht, gekommen sind 1000. Für die neue Saison ist das nötige Budget noch nicht komplett gedeckt: Heißt, ich kann keine weiteren Spieler verpflichten. Ich denke seit diesem Jahr nicht mehr mit dem Herz, sondern nur noch mit dem Verstand.
Wolf: Das Zauberwort heißt Budget. Wenn das sagt: Wir benötigen noch 120.000 Euro Einnahme, denke ich nicht über neue Spieler nach, weil es ja erst einmal den aktuellen Kader deckt. Wenn ich dann 150.000 Euro eingenommen haben sollte, kann ich darüber nachdenken, 30.000 Euro für einen Stürmer auszugeben. Noch haben wir bis zum Ende der Wechselfrist Ende August Zeit, Sponsorengelder zu generieren. Oder darüber hinaus. Vertragslose Spieler können ja auch nach der ersten Wechselperiode verpflichtet werden. Und vielleicht überraschen uns die Zuschauer. Wir planen mit 1300. Kommen im Schnitt 1500, können wir im Winter über einen zusätzlichen Spieler sprechen.
Wolf: Hätte ich auch gerne. Aber das muss bezahlbar sein. Gute Stürmer, die Profi werden wollen, sind nicht finanzierbar für einen Amateurverein, weil die ja gar nicht an einer Arbeitsplatzlösung interessiert sind. Da geht es gar nicht um Geld, sondern um professionelle Trainingsbedingungen. Die leben mitunter von 1200 oder 1300 Euro netto in der Hoffnung, später in die 3. Liga zu kommen. Wir sichten ausnahmslos regional. Okay, wenn mir Trainer und Sportleiter einen konkreten Namen präsentieren, der uns wirklich weiterhilft und sicher Top 11 ist, würde ich mich damit beschäftigen und entscheiden, ob ich noch einmal in Vorleistung gehe, oder nicht.
Wolf: Dellinger hat keine Freigabe bekommen, eine Ablöse können wir nicht bezahlen. Und das Thema Thomann war nach einem Anruf erledigt aus finanziellen Gründen, er ist dann nach Aubstadt. Kein Mensch spielt in Schweinfurt, weil es da so schön ist. Das gab's vielleicht mal vor fünf, sechs Jahren unter Trainer Gerd Klaus, als einige Spieler bei uns waren, die mehr für Fahrtkosten ausgegeben haben, als sie von uns bekommen haben.
Wolf: Das ist meine große Hoffnung: Ein geiler Haufen, in dem sich alle reinwerfen und alles geben. Wo man sich freut über ein Unentschieden gegen Bayern München II, weil man Gras gefressen hat. Und nicht klagt, dass man zwei Punkte verloren hat. Ganz ehrlich: So macht mir Fußball wieder mehr Spaß, wenn man mit echten Typen zusammenarbeitet. Wir haben eine komplett neue Mannschaft, da will ich nicht gleich von Platz sechs sprechen. Wenn wir die Liga halten, wäre ich sehr zufrieden. Und selbst wenn wir, wenn es ganz dumm liefe, in die Relegation müssten, oder sogar absteigen, muss man das akzeptieren können.
Wolf: Nein. Wir sind gar nicht in der Situation, um pokern zu können. Das Fundament muss stabil sein, dann könnte man investieren. Aber ich will das dann nicht mehr alleine bezahlen. Und kann es in der aktuellen wirtschaftlichen Lage auch gar nicht. Wir haben mit Wolf Möbel Sponsoring-Leistungen extrem herunter schrauben müssen. Es stellt sich schon die Frage, wie lange das überhaupt noch machbar ist. Wenn sich weitere Sponsoren fänden und wir den Etat um eine Million steigern könnten, wäre es schon ein Thema, nochmals anzugreifen. Nur: Ich glaube nicht daran. Da fiele ich ja vom Realisten zum Träumer zurück.
Wolf: Da sollte der Verband mal lieber seine Hausaufgaben machen. Seit Jahren sage ich, die Liga müsse sich vermarkten - und sei es durch einen Ärmelsponsor. Nichts ist passiert. Sporttotal kostet uns Zuschauer. Ich bin sogar in der Überlegung, es abzuschalten. Wenn einer die Liga vermarkten muss, dann ist das der BFV. Ein eigenes TV-Format als Verein zu präsentieren kostet erst einmal Geld. Und noch wichtiger: Manpower. Im Amateurbereich hat man nur Ehrenamtliche. Wer soll solche Formate produzieren und welche Qualität haben die dann?
Wolf: Das Problem liegt bei den Fernsehgeldern. Die DFL muss endlich bereit sein, mehr Geld aus den TV-Verträgen nach unten zu verteilen. Entweder wünscht man in der Regionalliga Profimannschaften, die nach oben wollen, oder nicht. Wir reden bundesweit von vielleicht 20 Mannschaften, denen man jeweils 200.000 Euro geben könnte für Nachwuchsausbildung. Wie sollen denn die meisten jungen Spieler den Sprung in den Profifußball schaffen, wenn nicht zunächst über die Regionalliga? Und eigentlich sollte ja die 3. Liga eine Art Ausbildungsliga sein. Aber auch da kommen zu wenig Fördermittel an. Und die meisten Klubs überheben sich dort seit Jahren, um an das TV-Geld der 2. Liga zu kommen. Das System ist krank - wie ein fauler Zahn. Aktuelle Ergebnisse: A-Nationalmannschaft Vollkatastrophe, U21 Vollkatastrophe.
Rainer Blenk
In der Aufstiegsrunde spielte der FC05 in einer höheren Liga als Bayreuth & Aschaffenburg. Mehrmals schoss der FC05 vier Tore, in Bayreuth gewann man 4:0 - und qualifizierte sich vorzeitg zur Relegation gegen das spielschwächere Havelse.
Der FC05 konnte nur noch von einer Mannschaft besiegt werden - vom FC05: In großer Hitze bis fast 40 Grad spielte man in englischen Wochen 2x geg. Havelse und zudem Totopokal, ebenfalls mit Stammspielern, statt sie zu schonen - Schade: Hätte sich der FC05 da nicht selbst ein Bein gestellt, wäre er vielleicht mit dieser drittligatauglichen Mannschaft in der 3. Liga etabliert.
Eine Lektion für die Zukunft: wenn das Leben eine Chance bietet beherzt zugreifen und alles rechts und links für einen Moment beiseite legen - eine Erfolgsformel für Realisten
So wichtig seid ihr nun auch wieder nicht, dass ihr euch immer gleich angesprochen fühlen müsst.
Kleiner Tipp: Einfach keine Interviews mit Wolf lesen - das schont eure Nerven.
Freut euch, dass eure Tribüne nicht abgebaut wurde und passt lieber auf, dass das nach der Fast-Insolvenz mit den Ausgaben bei euch passt. Auf eine spannende Saison!
Aber man soll ja nie "nie" sagen. Ob es ein schlafender Riese bleibt, wird sich erweisen.
Auch wenn es keiner offen sagt: Jede Saison in der Regionalliga unter Profibedingungen, an deren Ende nicht der Aufstieg steht, ist eine Verlorene und hat nur unnötig Geld gekostet.
Daher kann man schon sagen, dass der 2te der erste Verlierer in einer Amateurliga mit immensen Finanzaufwand ist.