Was 2021 in Diensten des FC 05 Schweinfurt mit dem verpassten Aufstieg in die 3. Liga begann, endete 2023 im Trikot der SpVgg Bayreuth mit dem Abstieg aus jener Spielklasse. Hinter Martin Thomann liegen zwei Jahre, die von einer hartnäckigen Verletzung und wenigen Einsätzen geprägt waren. Im Interview spricht der 29-jährige Außenstürmer aus Dittelbrunn über seine Gesundheit, seine Vertragssituation und sein Tor auf Schalke.
Martin Thomann: Ich freue mich über den Steilpass meines Mitspielers Lucas Zahaczewski aus Oberthulba. Er ist ein überragender Mannschaftssportler, der sich mit Herz und vollem Einsatz den Hintern für das Team aufreißt, um den maximalen Erfolg zu erreichen. Lucas geht mit seiner Reservistenrolle als Torwart extrem sportlich um. Sein Vertrag bei der SpVgg Bayreuth läuft genauso wie meiner am 30. Juni aus. Ich wünsche ihm, dass er einen Verein findet, der ihn nicht nur als Menschen, sondern auch als Spieler schätzt.
Thomann: Als Kind war ich Fußballer und Kegler bei der SG Dittelbrunn. Irgendwann war beides zeitlich nicht mehr möglich. Also habe ich mich für das Leder und gegen die Kugel entschieden. Nachdem ich meinen Heimatverein verlassen hatte, war ich kurz bei der FT Schweinfurt. Dann ging es zum FC 05 Schweinfurt. Mit 18 Jahren bin ich vorzeitig in die erste Mannschaft hochgezogen worden und habe in der ersten Saison, die mit dem Aufstieg in die Regionalliga endete, bereits 19 Spiele absolviert. Nach einem Mittelfußbruch habe ich unter Trainer Gerd Klaus keine Chance mehr bekommen. Spielen durfte ich nur noch in der zweiten Mannschaft in der Landesliga.
Thomann: Ich bin zum TSV Aubstadt in die Bayernliga gewechselt, wo ich wieder Stammspieler war. Die Station sollte ein Übergang sein. Mein Plan war es, ein oder zwei Jahre zu bleiben, doch es wurden fünfeinhalb, weil ich mich extrem wohlgefühlt habe. Wir sind in die Regionalliga aufgestiegen. Ich wurde Bayernliga-Torschützenkönig mit 24 Treffern in 28 Spielen. Um den nächsten Schritt zu machen, war der Wechsel zurück nach Schweinfurt der richtige Weg – als Profi und mit dem Ziel, in die Dritte Liga zu kommen. Leider haben wir es über die Relegation gegen den TSV Havelse nicht geschafft.
Thomann: Im Hinspiel habe ich mich am Oberschenkel verletzt. Ein kompletter Muskelsehnenabriss, der sich fast zwei Jahre gezogen hat, um vollständig auszuheilen, weil zur falschen Diagnose die falsche Behandlung kam. Trotzdem hat sich Bayreuth in dieser Zeit sehr um mich bemüht. Mit 28 Jahren in die Dritte Liga zu wechseln, diese Chance bekommt man in dem Alter nicht so oft. Ohne die Verletzung hätte ich letzte Saison wesentlich mehr als zehn Spiele gemacht. Andererseits fühlt sich der erste Abstieg in meiner Laufbahn nicht ganz so eklig an, wie wenn ich jedes Mal 90 Minuten auf dem Platz gestanden hätte.
Thomann: Ich habe noch nirgendwo unterschrieben. Das wird sich bald klären. Ich habe letztes Wochenende geheiratet und genieße nun ein paar Tage Hochzeitsurlaub in der Türkei, bevor ich wieder den Kopf für Fußball habe. Natürlich würde ich gerne weiter in der Dritten Liga spielen und meine Karriere als Profi fortsetzen. Ich bin in Gesprächen mit Drittligisten, aber auch mit Vereinen aus der Regionalliga. Ich kann mir vorstellen, meinen Vertrag in Bayreuth zu verlängern, weil die professionellen Strukturen erhalten bleiben sollen und mit Marek Mintal ein sehr guter Trainer kommt. Allerdings muss sich im Verein einiges ändern, sportlich und organisatorisch.
Thomann: Es gibt gute Gespräche mit Aubstadt. Ein Wechsel dorthin würde jedoch bedeuten, dass ich wieder Amateur werde. Die Würzburger Kickers, die mich letztes Jahr schon verpflichten wollten, haben ebenfalls Interesse. Auch zu Schweinfurt besteht Kontakt. Meine Ambitionen richten sich aber wie gesagt auf die Dritte Liga. Die Chancen schätze ich als gut ein. Meine Leistungen bei den wenigen Kurzeinsätzen für Bayreuth waren vernünftig, obwohl ich wegen der Verletzung weder im Sommer noch im Winter die Saisonvorbereitung mitmachen konnte. Ich hatte mehr meinen Rehabilitationsplan im Kopf als den Spielplan. Seit März bin ich verletzungsfrei und topfit, auch unter hohen Belastungen.
Thomann: Ich trainiere nach einem neuen individuellen Plan, mache mehr als die anderen, um gesund zu bleiben. Ich bin gut durchtrainiert und arbeite jeden Tag an mir. Als offensiver Außenspieler, der von der linken Seite gerne in die Mitte zieht und mit dem starken rechten Fuß schießt, lebe ich von der Dynamik. Früher habe ich viel im Fitnessstudio für den Muskelaufbau getan. Mittlerweile setze ich auf Schnellkraft, Ausdauer und Beweglichkeit, auch durch Yoga-Übungen. In der fußballfreien Zeit halte ich mich mit anderen Sportarten fit, gehe gerne schwimmen, manchmal kegeln. Das gibt dem Körper zusätzliche Reize.
Thomann: Die ganze Familie ist sportlich unterwegs. Darauf haben meine Eltern, die seit Jahrzehnten mit der SG Dittelbrunn verwurzelt sind, immer großen Wert gelegt. Meine Zwillingsschwester, mein jüngerer Bruder und ich sind auf dem Fußballplatz und auf der Kegelbahn aufgewachsen. Mein Vater ist Vereinsvorsitzender und trainiert die Kegelmannschaft, in der meine Mutter und meine Schwester spielen. Früher war er selbst Fußballer und Juniorentrainer. Die Mama kümmert sich um die Jugendabteilung und leitet seit über 20 Jahren das Kinderturnen. Mein Bruder Markus, mit dem ich eine Saison in Aubstadt zusammengespielt habe, ist inzwischen bei der FT Schweinfurt.
Thomann: Im DFB-Pokal-Spiel mit Schweinfurt habe ich in der Arena das Führungstor zum 1:0 geschossen. Das war ein geiles Gefühl, ich hätte mich beim Jubeln fast verlaufen. Wegen Corona waren leider keine Zuschauer da. Trotz der 1:4-Niederlage wird das Spiel immer ein Höhepunkt in meiner Karriere bleiben. Hinterher habe ich am Spielfeldrand ein Fernsehinterview gegeben. Es gab drei, vier Anrufe von überregionalen Medien. Das Trikot habe ich mit Schalkes Benjamin Stambouli getauscht, weil der Cousin meiner Frau Fan von ihm war und es haben wollte.
Thomann: Ich bin seit fünf Jahren selbstständiger Versicherungsfachmann mit verschiedenen Weiterbildungen. Der Beruf ist mir sehr wichtig, um schon jetzt etwas für die Zeit nach dem Fußball aufzubauen. Als Profi ist es nicht einfach, parallel noch Vollzeit zu arbeiten. Mein Vorteil ist, dass ich mir die Tätigkeit und die Kundentermine flexibel einteilen kann. Ab dem Nachmittag bis spät in den Abend hinein bin ich am Laptop und erledige meine Versicherungsgeschäfte. Ich bin keiner, der vor dem Fernseher sitzt und Serien schaut oder auf der Konsole zockt.
Thomann: Ich übergebe den Ball an Vladimir Slintchenko, den Spielertrainer der SG Dittelbrunn. Beim FC 05 Schweinfurt waren wir Teamkollegen, als ich noch ein junger Kerl war. Als groß gewachsener, kopfballstarker Innenverteidiger war er immer ein Vorbild. Vladi ist Schnüdel durch und durch.
Das Interview-Format "Steilpass"
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