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Fußball: BFV-Pokal, Viertelfinale
Das Ende aller Träume: Warum der FC 05 nach dem Pokal-Aus vor einem quälend langen Leerlauf steht
Warum die Schweinfurter nur eine Stunde vom Coup gegen die Würzburger Kickers träumen durften. Und wieso sie jetzt eine 13 Regionalliga-Spiele währende Charakterprüfung erwartet.
Hinten jubeln die Kickers, vorne sind die Schweinfurter gefrustet: 1:0-Torschütze Kristian Böhnlein (rechts) lässt sich von Florian Pieper aufmuntern und hat einen zähen Saison-Ausklang ohne sportlichen Wert vor Augen.
Foto: Frank Scheuring, foto2press | Hinten jubeln die Kickers, vorne sind die Schweinfurter gefrustet: 1:0-Torschütze Kristian Böhnlein (rechts) lässt sich von Florian Pieper aufmuntern und hat einen zähen Saison-Ausklang ohne sportlichen Wert vor Augen.
Michi Bauer
 |  aktualisiert: 10.02.2024 15:11 Uhr

Es waren noch zweieinhalb Stunden bis Mitternacht. Aber für FC-05-Trainer Tobias Strobl wurde gerade aus einem Traum ein sich anbahnender Alptraum. "Die Region kann stolz sein, solche Spiele zu haben. Ich komme aus dem Raum Ingolstadt, da gibt es so etwas nicht", hatte er gesagt. Kaum, dass er mit seiner Eloge auf den unterfränkischen Derby-Klassiker fertig war, musste er ernüchtert feststellen: "Jetzt ist das Highlight vorbei." Die Schweinfurter hatten das BFV-Pokal-Viertelfinale mit 1:4 (1:0) zu hoch, aber nicht unverdient, gegen Drittligist FC Würzburger Kickers verloren. Und damit war klar: Jetzt gibt es für die Nullfünfer in der bis 21. Mai dauernden Saison tatsächlich nur noch diese 13 Regionalliga-Partien ohne jeden sportlichen Wert. Ein zähes Auslaufen.

Genau das erwartet Kristian Böhnlein, der mit seinem energisch erzwungenen Treffer zum 1:0 (5.) die Hoffnungen des Außenseiters vor 3232 Zuschauerinnen und Zuschauern genährt hatte. "Wir brauchen uns nicht selbst anzulügen. Das wird ein Auslaufen. Ob wir Dritter, Vierter oder Fünfter werden, ist, wenn man ehrlich ist, egal." 18 Punkte Rückstand sind's auf Bayreuth, acht auf München – und, ja, tatsächlich auch einer auf Illertissen, denn der FC 05 ist aktuell nur noch Vierter. Umso wichtiger wäre der Pokal-Erfolg über die Kickers gewesen. Abgesehen vom Prestige hätte er die Chance erhalten, mit einer Qualifikation für den DFB-Pokal einiges zu kitten. Stattdessen: aus, vorbei, raus aus beiden Wettbewerben.

Weil die Würzburger cleverer waren, ihre höchste Qualität, die Standards, gewieft erzwangen und effektiv nutzten. Drei der vier Treffer fielen nach Eckbällen. "Viele Situationen wären im Ansatz zu verteidigen gewesen", monierte Böhnlein einen Leistungsabfall seiner Mannschaft nach der Pause. "In der ersten Halbzeit haben wir noch alles wegverteidigt." Da waren die Schweinfurter schneller, giftiger, zielstrebiger als der Favorit aus Würzburg. Der dann aber nach dem Ausgleich durch Leon Schneider (59.) die Wende durch Saliou Sané schaffte (67.) und durch Daniel Hägele (87.) und nochmals Sané (90.+6) zwei weitere Male eiskalt zuschlug. "Der Game-Changer war für mich aber Marvin Pourié", machte Böhnlein im zur Pause eingewechselten Kickers-Torjäger den feinen Unterschied aus.

Keine Erklärung für die Heim-Auswärts-Diskrepanz

"Die hatten schon eine enorme Körperlichkeit im Spiel", erkannte Adam Jabiri, der diesmal nicht wie gewünscht zur Entfaltung gekommene Schweinfurter Top-Torschütze, zudem einen physischen Abbau beim FC 05 in Halbzeit zwei. "Schade, weil wirklich was drin war." Es war was drin, weil die Strobl-Elf anders als zuletzt in Heimstetten oder Nürnberg oder in so vielen Auswärtsspielen vor der Winterpause auftrat und ihr an sich weit überdurchschnittliches Regionalliga-Potenzial auf den Platz brachte.

Auf die Frage, warum das in der Liga so oft ausgeblieben war und man damit alle Chancen schon drei Monate vor Saisonschluss verspielt habe, blieb Böhnlein kaum mehr als ein Schulterzucken: "Keiner von uns will gegen vermeintlich schwächere Gegner so spielen, aber irgendwie passiert das unterbewusst." Dass die Pleiten-Pech-und-Pannen-Reihe in den fremden Regionalliga-Stadien nicht ausartet, darauf will Strobl ein Auge haben. Platz drei ist sein Ziel. "Jetzt ist Charakter gefragt. Wir sind eigentlich eine tolle Truppe, die leider bisher zu wenig gezeigt hat, was in ihr steckt."

Die leichten Gegentore bleiben ein Schwachpunkt

Und die selbst in diesem Hopp-oder-top-Spiel vor seit einer gefühlten Ewigkeit mal wieder tollen Kulisse ("die uns geholfen hat, Phasen zu überstehen, in denen es eklig für uns war") einen ihrer Kardinalfehler gezeigt hat: Gegner kommen zu leichten Toren – im Falle der Kickers zu häufig über den zweiten Ball nach einem Standard. Gleichwohl Strobl relativierte, dass die Kickers in den Eins-gegen-Eins-Duellen, die zu den Frei- und Eckstößen führten, ob ihrer Wucht in Persona Sané, Kraulich oder Pourié nicht konstant über 90 Minuten zu verteidigen seien: "Wenn ein Grözinger auf einen Pourié prallt, dann sind da körperliche Defizite offensichtlich."

Was bleibt dem FC 05 in den kommenden zehneinhalb Wochen? Zumindest eine stressfreie Planung für die Regionalliga. Bis dato stehen erst 13 Verträge für die Spielzeit 2022/23. Wohin da die Reise hingehen wird, ist offener als in den vergangenen drei Spielzeiten, in denen mehr oder weniger klar der Aufstieg als Ziel postuliert war. "Schweinfurt wird eine gute Mannschaft haben, aber vielleicht keine, die um den Titel mitspielt", hatte Sportleiter Robert Hettich gesagt, Geschäftsführer Markus Wolf Ähnliches formuliert. Kleinere Brötchen also? Die Schweinfurter können sich bis Mai schon mal dran gewöhnen.

 
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  • J. Z.
    Da muss man nur ein wenig zwischen den Zeilen lesen. Hettich sagt doch damit indirekt, dass künftig kleinere Brötchen in Schweinfurt gebacken werden. Der Hauptsponsor hat jetzt jahrelang einen Profi-Kader unterhalten. Nach so vielen missglückten Anläufen (Aufstieg war ohne wenn und aber seit einigen Jahren das Ziel) scheint man nun in Schweinfurt zu erkennen, dass der Aufstieg in die 3. Liga eine Nummer zu groß ist.

    Zugegebener Maßen ist es tatsächlich der schwerste Aufstieg (von RL in 3. Liga) im deutschen Fussball. Lobenswert finde ich, dass die Schweinfurter auch nicht um den heißen Brei herum geredet haben, sondern das Ziel Aufstieg seit Jahren klar definiert haben. Sie haben jetzt einige Jahre viel investiert und probiert - vielleicht ist es besser nun einen anderen Weg mit Talenten aus der Region zu gehen. 2024/25 steigt ja der RL-Süd-Meister wieder ohne Relegation direkt auf. Vielleicht packt man es dann ohne den Druck es schaffen zu müssen.
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  • T. A.
    "Schweinfurt wird eine gute Mannschaft haben, aber vielleicht keine, die um den Titel mitspielt", hatte Sportleiter Robert Hettich gesagt ... Bitte diesen Mann als erstes rausschmeißen! Wenn der sowas sagt heißt das doch im Endeffekt, dass er nicht gebraucht wird bzw. nicht seine Leistung bringt. Ich frag mich sowieso schon die ganze Zeit für das der Mann hauptberuflich bezahlt wird ... in den letzten Wochen einen Spieler aus Abtswind verpflichtet ... WOW
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