Draußen wird's grau, dunkel und nass. Und plötzlich ist Schweinfurt nur noch halb so schön wie im Sommer, wenn innerstädtisch unter bunten Schirmchen Eis geschleckt wird. Alles grau auch beim Fußball-Regionalligisten FC 05 Schweinfurt, der als Tabellenzehnter weit hinter den Erwartungen hinterher läuft und den Drittletzten FV Illertissen am Samstag (14 Uhr, Sachs-Stadion) zum - ja - Abstiegskampf empfängt? Bereut ein Ex-Zweitliga-Profi da nicht zwangsläufig seinen Wechsel in die Stadt am Main? "Nie", sagt Jannis Rabold. "Ich habe mich bewusst für Schweinfurt entschieden. Und dann steht man voll dahinter. Alles andere macht keinen Sinn."
Na, dann. Gewusst hat er ja vermutlich, Google sei Dank, was ihn erwartet. Dass es nicht einfach werden würde. "Es war immer unser Ziel, oben mitzuspielen. Nur gelingt das im Moment nicht, obwohl wir wirklich hart im Training arbeiten. Wir müssen jetzt im Dezember möglichst die maximale Punktzahl holen" - also neun Punkte aus drei Spielen. Eine Rechnung, die der 21-Jährige für die Mannschaft, aber auch für sich aufstellt. Denn: Platz vier - mit sechs Punkten nur unwesentlich weiter entfernt als die Abstiegszone - sei immer noch ein Thema, alleine schon für die persönliche Weiterentwicklung: "Wer beobachtet ein Spiel eines Tabellenzwölften? Da wird man nicht gesehen. So ist das Fußball-Geschäft."
Heißt: Rabold, der Mitte Juli nach der Cavadias-Verletzung nachverpflichtet wurde, hat noch was vor, will nicht auf Dauer Regionalliga kicken. Er stammt aus der Jugend des Karlsruher SC, hat zwei Jahre einen Profivertrag bei den Badenern gehabt. "Ich konnte mir das anschauen", sagt er zu seinen acht Zweitliga-Einsätzen. "Dann bin ich nach Schweinfurt gekommen, um mehr Spielpraxis zu bekommen. Es ist doch klar, dass man als 21-Jähriger wieder angreifen will, um ein, zwei oder sogar drei Ligen hoch zu kommen. Man weiß ja nie, was passiert." Optimismus trotz tüchtigem Karriere-Knick, bei einem, der immerhin sieben Einsätze in den U-15- und U-16-Nationalmannschaften hatte, dann im Verein als dritter Rechtsverteidiger der eine zu viel war.
16 Punktspiel-Einsätze und doch kein hundertprozentiger Stammspieler
Auf den ersten Blick liest sich das mit der Spielpraxis gut: 16 Punktspiele klingen nach Stammspieler. Wenn es summa summarum nicht "nur" 693 Minuten gewesen wären - eine knappe Halbzeit im Schnitt. "Natürlich bin ich nicht zufrieden. Man will als Fußballer immer von Anfang an spielen." Aber Konkurrent Julius Landeck mache einen guten Job. "Er ist ein Jahr jünger, ich komme von oben." Auch wenn es komisch klingt: "Ich gebe ihm Tipps. Fußball ist ein Teamsport." Gegenseitige Unterstützung sei für Rabold selbstverständlich - zumal sich Landeck und er "richtig gut verstehen. Aber das muss man trennen können."
Rabold weiß, dass es an ihm liegt, den Trainer zu überzeugen. "Es geht darum, so weniger Fehler wie möglich zu machen. Die einfachen Dinge, wie ein Flugball über 20 Meter, müssen sitzen." Er selbst sieht seine Stärken in seiner Grundschnelligkeit. Und er könne auch mal "ein harter Hund" sein. Trainer Christian Gmünder erkennt die guten Ansätze Rabolds ("unheimlich aggressiver Spieler"), erwartet aber mehr: "Es müssen mehr offensive und effektive Flankenläufe kommen."
Mangelnde Konzentration führt gegen Ende oft zu Einbrüchen
Dass es ausgerechnet Rabolds Mannschaftsteil, die von Gmünder vor der Saison in den absoluten Fokus gestellte Abwehr, ist, der hinter den Erwartungen stark zurück bleibt, fuchs den Badener: "Wir machen zu viele einfache individuelle Fehler. Wir schaffen es nicht, über 90 Minuten alles konstant mit dem letzten Willen weg zu verteidigen." Konditionelle Gründe? "Laufen können wir alle 120 Minuten plus, bis zum Umfallen. Nein, nein, es ist mangelnde Konzentration in den letzten 20 Minuten." "Die ihren Ursprung in der wachsenden Verunsicherung habe", so Gmünder.
Jetzt also wieder Illertissen, wo Rabold mit seinem schlampigen Zweikampf den entscheidenden Konter zum Siegtreffer des FVI initiiert hatte. "Ich habe da auf alle Fälle etwas gut zu machen. Wir alle. Bei jedem ist eine gehörige Portion Wut dabei. Die drei Punkte, die wir dort schon verdient gehabt hätten, bleiben diesmal bei uns." Wenn damals gegen Heimstetten (2:3) und Illertissen (3:4) der Flow nicht binnen fünf Tagen so jäh unterbunden worden wäre, hätte sich Rabold den FC 05 im Rennen um wenigstens die Plätze drei und vier vorstellen können: "Wenn der Flow kommt, bekommst du Sicherheit, Mut und - ganz entscheidend - auch das Spielglück in engen Partien." Nur: Er kam halt nicht. Zu keinem Zeitpunkt der Saison.
Und so heißt das täglich Brot bis auf weiteres eben Abstiegskampf. Kann diesen eine Mannschaft bestehen, die für höhere Weihen zusammen gebastelt worden ist? "Ja", sagt Rabold. "Wir können es definitiv, wir sind als Truppe gefestigt, egal was passiert. Auf und neben dem Platz ist die Mannschaft in Takt. Wir haben erfahrene Spieler wie Jabiri, Billick oder Böhnlein. Die nehmen uns an die Hand und führen uns. Und wir hören auf die."
Demnächst ein Fernstudium in Betriebswirtschaft oder Wirtschaftsrecht
Zu KSC-Zeiten hatte Rabold nebenher sein Fachabitur absolviert, demnächst möchte er ein Fernstudium anfangen: "Etwas in Richtung Betriebswirtschaft oder Wirtschaftsrecht". Ob's noch als Schweinfurter sein wird? Eingelebt, so sagt er, habe er sich in der Stadt. In der man ihn in den vielen Cafés ("da sitze ich gerne mal zwei, drei Stunden mit Kollegen") antrifft. Wenn er nicht gerade individuelle Trainingseinheiten schiebt. Für andere Sportarten ("früher habe ich mit meinem Bruder leidenschaftlich Tennis gespielt") oder intensivere Hobbys finde er keine Zeit.
Auch der Fernseher wird die nächsten drei Wochen weitgehend ausbleiben. Die Fußball-WM in Katar boykottiere Rabold ("die vielen Toten auf den Baustellen bleiben einem nicht verborgen") nicht grundsätzlich, beschränkt sich aber auf die Deutschland-Spiele. "Irgendwie passt das nicht in den Winter, wenn es jahrzehntelange Tradition im Sommer ist."