Am 1. April war Jan Gernlein plötzlich Cheftrainer des Fußball-Regionalligisten FC 05 Schweinfurt. Und nie richtig glücklich mit der bis Ende Mai währenden Situation. Der Co hatte den Platz des entlassenen Tobias Strobl übernommen – ohne Perspektive und in desaströser sportlicher Situation. Nun ist er vor Saisonbeginn ebenso plötzlich Cheftrainer des Bayernligisten FC Eintracht Bamberg geworden – und wesentlich glücklicher damit, nicht nur wegen Platz zwei, einen Punkt hinter Gebenbach, bei einem Spiel weniger.
Gernlein hatte sich als Co-Trainer beworben, nachdem ein Engagement in der Jugend von Greuther Fürth nicht zustande gekommen war. Der Kontakt zu Eintracht-Coach Julian Kolbeck war eng. Doch dann heuerte dieser überraschend als Co von Thomas Kleine bei Drittligist Bayreuth an. "Zwei Telefonate später war ich Trainer." Der 30-Jährige lebt in Lichtenfels, quasi vor der Haustüre. und arbeitet bei den Don-Bosco-Jugendwerken in Bamberg als Gruppen-Helfer in einer Wohngruppe für Kinder mit therapeutischem Bedarf.
Im Interview spricht Jan Gernlein über den Aufschwung beim letztjährigen Tabellenvierten Bamberg, seinen Ex-Klub Schweinfurt, seine Lieblingsbrauerei, ein gutes Schnitzel – und dass er ein Relegationsspiel gegen den FC 05 vermeiden will.
Jan Gernlein: In den letzten Wochen habe ich erstaunlich viel über diesen Harry-Potter-Sport reden müssen. Lustig ist das ja. Aber schade, dass unser Erfolg medial ins Hintertreffen geraten ist.
Gernlein: Das ist was sehr romantisches. Aber auch da wäre ich froh, wenn es nicht so viel Überschneidung mit Fußball geben würde.
Gernlein: Man kann auch sagen, wir hätten am ersten Spieltag in Würzburg gewinnen statt verlieren können, dann wären wir auch Erster. Aber es war schon ärgerlich: Wir gehen nach 16 Spielen in Folge ohne Niederlage in das Spitzenspiel, führen dort gegen zehn Gebenbacher 1:0 und dann sorgen äußere Einflüsse und der Schiedsrichter dafür, das Spiel nicht fortführen zu können. Jetzt wissen wir, dass es nachgeholt wird. Komplett neu, Elf gegen Elf, bei 0:0 beginnend – noch dieses Jahr. Wie ärgerlich ist das bitte.
Gernlein: Das A und O ist die mannschaftliche Geschlossenheit. Da ist tatsächlich keiner böse, wenn mal der andere spielt. Jeder gibt Vollgas in jedem Training. Auch, oder gerade die jungen Spieler, die erst aus der U-19-Landesliga, also eine Klasse unter zum Beispiel dem FC 05 Schweinfurt, gekommen sind. Die behaupten sich auf Anhieb in der Männer-Bayernliga.
Gernlein: Na, ja, ich kann schon mit jungen Spielern arbeiten. Entscheidend aber ist, dass ich hier mit Spielern arbeiten kann, bei denen ich mich weder als Mensch noch als Trainer verstellen muss, sondern authentisch sein kann. Ich kann mit der Mannschaft ein Bier trinken am Samstagabend und am Dienstag im Training funktioniert es trotzdem, ohne dass ich Macht ausspielen müsste. Da gab es in Schweinfurt andere Charaktere.
Gernlein: In Schweinfurt ist die Infrastruktur mit den vielen Trainingsplätzen und dem Stadion einfach unvergleichbar. Auch die Kommunikation mit den Stadtwerken. Hier in Bamberg trainieren wir auf einem Berufsschulplatz, den habe ich am Anfang noch zwischen Arbeit und Training selbst abgestreut. Inzwischen fehlt mir die Energie, jetzt haben wir keine Linien auf dem Platz. Aber in der Stadt Bamberg fühle ich mich als alter Oberfranke einfach wohler. Da bin ich kulinarisch viel verwöhnter.
Gernlein: Ja, häufiger. Aber mir reicht auch ein gutes Schnitzel und ne Halbe beim Greifenklau. Ich schätze viele Biersorten. Besonders gerne bin ich bei der Brauerei Keesmann. Auch mal auf ne fränkische Brotzeit. Die ist in Oberfranken einfach besser als in Unterfranken.
Gernlein: O je, das wäre schlecht. Ich war sechs Jahre in Schweinfurt. Und egal, wie dort das letzte halbe Jahr gelaufen ist, ich möchte nicht, dass der FC 05 absteigt. Allein wegen der Fans und der Jugend-Mitarbeiter, die den Verein im Herzen tragen. Ich habe noch Kontakt zu Spielern, die ich frage, was gerade so los ist. Sollte es zu diesem Spiel kommen, würde ich natürlich aufsteigen wollen und das bedeutet ja, dass Schweinfurt absteigt. Das ist nicht mein Wunsch.
Gernlein: Das sowieso. Aber ganz ehrlich: Wenn wir am Ende nicht unter den ersten Zwei stehen, geht die Welt in Bamberg nicht unter. Auch wenn ein Punktspiel gegen den FC 05 in der Regionalliga schön wäre: Es erwartet hier Keiner, dass wir am Ende oben stehen. Es geht bei uns darum, viele Spieler aus dem eigenen Nachwuchs zu integrieren – und vielleicht in den nächsten Jahren mal an Aufstieg zu denken. Der Verein hat Insolvenzen hinter sich, es wurde verbrannte Erde hinterlassen. Wir sind gerade dabei, das etwas sympathischer zu gestalten.