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Boykottieren oder berichten? Wie die Sportredaktion der Main-Post mit der Fußball-WM in Katar umgeht
Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar ist keine gewöhnliche. Wie die Main-Post über das Ereignis berichten wird, erklärt Carolin Münzel, Leiterin der Sportredaktion.
2010 hat der Fußball-Weltverband Fifa Katar zum Ausrichter der WM 2022 gewählt. Seitdem reißt die Kritik am Gastgeber nicht ab.
Foto: Walter Bieri, dpa | 2010 hat der Fußball-Weltverband Fifa Katar zum Ausrichter der WM 2022 gewählt. Seitdem reißt die Kritik am Gastgeber nicht ab.
Carolin Münzel
 |  aktualisiert: 10.02.2024 15:47 Uhr

WM der SchandeWM der LügenGeheimsache Katar. So heißen einige der Dokumentationen, die im Vorfeld der an diesem Sonntag beginnenden Fußball-Weltmeisterschaft erschienen sind. Ein Turnier, über das in den vergangenen Monaten so kritisch berichtet und so viel diskutiert worden ist, wie bisher wahrscheinlich über kein anderes Sportereignis. Bestechung und Betrug bei der Vergabe 2010, unmenschliche Bedingungen und zahllose Todesfälle auf den Stadion-Baustellen in Katar, Klimasünden, die Unterdrückung von Frauen und offene Homophobie in dem kleinen Emirat – all das Skandalöse und Ruchlose rund um die WM wurde inzwischen zigfach in Artikeln, Fernsehbeiträgen und Podcasts besprochen. Damit wurde wichtige Aufklärungsarbeit geleistet. Einzig den Start der WM hat es nicht verhindert.

Was dazu führt, dass auch diese Sportredaktion vor der Frage stand: Wie umgehen mit einem Weltsportereignis unter diesen Bedingungen? Unser Team bildet in dieser Diskussion wohl einen ziemlich guten Querschnitt der Gesellschaft ab. Gut findet niemand, was im Vorfeld dieser WM alles passiert ist. Im Umgang damit aber scheiden sich die Geister.

Manche Kollegen freuen sich auf die Spiele, manche schaue sie lieber nicht an

Da ist der junge Redakteur, der fast verschämt zugibt, sich nun allmählich doch auf das Turnier zu freuen; der erfahrene Kollege, der einst selbst gekickt hat und einfach nur guten Fußball sehen will, entkoppelt von politischen Diskussionen. Und natürlich die Handvoll Idealisten – mich eingeschlossen – die sich fest vornehmen, kein einziges Spiel anzuschauen, was als Sportredakteurin oder -redakteur fast unmöglich ist. Spätestens bei einem Halbfinale England gegen Deutschland würde es auch wirklich schmerzen.

Carolin Münzel ist Leiterin der Main-Post-Sportredaktion. 
Foto: Angie Wolf | Carolin Münzel ist Leiterin der Main-Post-Sportredaktion. 

Wie also eine gemeinsame Linie finden im Umgang mit der Berichterstattung in den kommenden vier Wochen? Die Redaktion hat intensiv diskutiert und sich darüber Gedanken gemacht, wie sie auf die Missstände aufmerksam machen kann, ohne den sportlichen Wert des Turniers zu schmälern und ohne den Eindruck zu erwecken, Leserinnen und Leser bevormunden zu wollen. Wir sind zu einem Ergebnis gekommen, das dem journalistischen Auftrag ebenso gerecht wird wie der Kritik.

In Katar sind mit Tilmann Mehl und Wolfgang Stephan zwei Kollegen vor Ort, die im Rahmen der Redaktionskooperation G14 auch für die Main-Post über das sportliche Geschehen berichten werden. Zudem ist mit Frank Hellmann ein freier Mitarbeiter in dem Emirat, der das Geschehen außerhalb der Stadien und auch die Teams abseits der deutschen Nationalmannschaft im Blick haben wird.

Als regelmäßige Erinnerung daran, dass dieses Turnier ein höchst umstrittenes ist, haben wir unter dem Titel "Täglicher Boykott" eine Rubrik ins Leben gerufen, in der Menschen aus der Region erzählen werden, warum und auf welche Weise sie die Weltmeisterschaft 2022 verfolgen werden – oder eben nicht. Das soll keineswegs ein Aufruf zum Boykott sein. Jede und jeder muss selbst für sich entscheiden, ob sie oder er dieses Turnier verfolgen will oder nicht. Es gibt in dieser Frage für beide Seiten Argumente und kein Richtig oder Falsch.

Wir laden unsere Leserinnen und Leser mit dieser Rubrik aber dazu ein, sich täglich bewusst zu machen, dass bei dieser WM vor allem im Vorfeld vieles geschehen ist, das moralisch fragwürdig und sogar widerrechtlich war. Wir tun das, damit das Kalkül der Fifa und der Kataris nicht aufgeht, Verbrechen und Bedenken mit dem Glanz des Sports zu überblenden, sobald das Turnier erst begonnen hat.

Ich persönlich freue mich auf viele inspirierende Geschichten und kreativen Protest von Menschen aus der Region – auch, weil ich fest daran glaube, dass jeder Einzelne von uns mit seinen Entscheidungen auf dieser Welt und in dieser Gesellschaft einen Unterschied macht.

 
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  • G. L.
    Der "Kapitänsbinden-Hype" geht vielen auf den Geist

    Uns geht das ganze Getue um Schwule, Lesben, Gendern usw. incl. Regenbogenfarbe gegen den Strich. Sollen alle leben wie sie wollen aber haltet die Bevölkerung da raus !
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  • G. K.
    Die Mannschaft kann nichts für die Politik , sie wollen Fußball spielen für ihr Land. Hochachtung vor Iran, die ein starkes Zeichen setzten, indem sie ihre Nationalhymne nicht mitsangen. Ich schaue die WM an, weil ich Fußball liebe. Die Menschenrechte wurden auch in China, Russland nicht eingehalten und es fand doch die Olympiade statt.
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  • H. B.
    Irgendwie ist mir die WM ob in Katar oder sonstwo egal. Mir 'stinkt' es gewaltig, wie Fifa und auch die Uefa schalten und walten, Millionen verschieben und von keiner Macht der Welt Einhalt geboten wird. Ja in Katar sind über Leichen gegangen, wir haben gelernt, dass unser Sommermärchen wohl auch viel mit finanziellen Gefälligkeiten zu tun hatte; seit wann das wohl so geht?
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  • G. K.
    So ganz kann ich dem Untertitel „Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar ist keine gewöhnliche.“ nicht zustimmen.

    Die FIFA hat das gemacht, was sie immer macht: Unter Ausnutzung ihrer Monopolstellung zum Zwecke der Gewinnmaximierung unter Missachtung jeglichen Anstands, Ethik, Moral und Verantwortung irgendwelche Rechte an den Meistbietenden zu verhökern.

    Treppenwitz am Rande: Die FIFA ist übrigens in der Schweiz tatsächlich als „Gemeinnütziger Verein“ anerkannt – und zahlt auf ihre Milliardengewinne ganze 4% „Gewinnsteuer“. Schmiergelder gehen extra … 😉

    Aus Sicht der FIFA ist das also doch eine „ganz gewöhnliche“ WM – und es erscheint logisch, dass die FIFA das große Buhei um Katar wirklich nicht versteht … sie hat schließlich alles genau so gemacht wie immer.

    Die FIFA ist eine korrupte Bande geldgeiler, gewissenloser alter Männer … wem nicht gefällt, dass Katar sich hier eine milliardenteure, globale PR-Bühne gekauft hat, der sollte bei der FIFA anfangen, auszumisten …
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Während der Bauzeit wurde das Leid der Gastarbeiter in Katar ignoriert, vieles schön geredet. Jetzt ist es zu spät. Konsequent wäre gewesen, wenn Deutschland und andere Länder nicht teilnehmen würden. Das hätte etwas bewirkt, aber da ist die Angst unserer Politiker zu groß, man könnte ja vielleicht mal was von einem Staat wie Katar benötigen (wie bei Putin). Also wegschauen, ist ja nur Fake. Und so wird unser Land nie zur Ruhe kommen und immer wieder an die Nazizeit erinnert. Ich werde kein Spiel anschauen, würde mir unter solchen Bedingungen keinen Spaß machen. Außerdem glaube ich nicht, dass unsere Mannschaft wirklich Erfolg hat.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Ich finde auch, daß die Berichterstattung auf ein Mindestmaß reduziert werden kann. Schließlich müssen alle Leser der MP die gelieferten Bericht auch bezahlen und nur ein geringer Teil ist an der WM interessiert. Viel wichtiger wäre mir z.B eine Berichterstattung von Gemeinderatsitzungen und auch eine Einordnung der dort diskutierten Themen. Von Ochsenfurt, z.B. lese ich wenig. Und das ist doch immerhin eine ehemalige Kreisstadt.
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  • T. K.
    @Redaktion_Mainpost: Ihr könnt berichten was und wie Ihr wollt. Aber wenn dann bitte mit Fotos in schwarz/weiß!! So wie Ihr über die Olympischen Spielen in Peking berichtet habt. Alles andere ist für mich Heuchlerei
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  • T. R.
    Bemerkenswert finde ich, dass die MP 2 Redakteure und einen freien Mitarbeiter nach Katar entsendet.
    Wenn Sie schon alles so fragwürdig und unmoralisch sehen, dann hätten Sie das Geld besser zu Gunsten einer Hilfsorganisation für die Fremdarbeiter in Katar gespendet als für eigene Leute vor Ort zu verschwenden.
    Einen Spielbericht kann man auch beim Kicker lesen.
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  • J. H.
    Ganz normal berichten, boykottieren ändert jetzt eh nichts mehr.
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  • P. L.
    ich schaue diese WM an wie jede andere zuvor auch... in Argentinien 1978 in einem diktatorischen Polizeistaat ,in dem neben Stadien ,politische Gefangene während der WM eingesperrt u. gefoltert wurden , hat kein Mensch in Deutschland protestiert.

    Ja , die WM hätte nicht nach Katar vergeben werden dürfen,das ist klar... aber dass jetzt der Endverbraucher ,also der zuschauende Fussball- Fan die moralische Verantwortung für den Erfolg o. Mißerfolg dieser WM übertragen bekommen soll ,ist direkt absurd.
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  • A. H.
    !!!
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  • U. L.
    1. Fußball ist unwichtig. Die Berichterstattung kann daher auf ein Mindestmaß begrenzt werden.

    2. Falscher Zeitpunkt. Es ist völlig daneben, ein solches Brimborium in der Adventszeit zu veranstalten.

    3. Albatros hat Recht: Gegen den Ort hätte man sich vor 12 Jahren aussprechen müssen, als die WM ohne Beachtung von Compliance-Prinzipien dorthin verkauft worden ist. Jetzt zu meckern kommt 12 Jahre zu spät.
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  • A. H.
    zu 1. Es steht Ihnen selbstredend völlig frei, für sich Fussball für unwichtig "zu halten"; daraus aber allgemein zu folgern, dass er das auch "ist", steht Ihnen nicht zu, das musss jeder für sich entscheiden!
    zu 2. Wir haben die Adventszeit schon mit so viel Kommerz und Lichter-Brimbrorium belastet, dass es auf eine solche Veranstaltung auch nicht mehr ankommt; außerdem haben andere Länder da sicher andere Vorstellungen...
    zu 3. "Gemeckert" wurde m.W. bereits nach der Vergabe, und das niht wenig, das haben viele nur vergessen.
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  • U. L.
    Panem et circenses.
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  • A. H.
    Das kleine Latinum machts auch nicht besser.....
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  • U. L.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • B. H.
    Olympiasieger wurden in der Main Post in schwarz-weiß-Bildern abgedruckt. Jetzt bei der Fußball WM werden auch Ergänzungsspieler, die in der 89. Minute eingewechselt werden, groß auf farbigen Bildern gezeigt. Im Nachhinein tun mir die Sportler, die Höchstleistungen während der Olympischen Spiele zeigten, immer noch leid, und die Main Post lässt beim Fußball mal wieder andere Prioritäten walten. Eigentlich wäre doch eine Entschuldigung der Main Post fällig, da Sportler hier in der Berichterstattung ungleich behandelt werden.....
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  • A. H.
    Sehr geehrte Frau münzel,
    Würden Sie bitte auch zum Boykott von VW aufrufen! Schließlich hält Kartar da eine 10-prozentige Beteiligung.
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  • M. E.
    Ich bin für Ihre Berichterstattung, Frau Münzel. Auch wenn diese WM noch so anrüchig ist, sollte sich der Leser Ihrer Zeitung über diesedurch Ihre Berichte informiert wissen. Jeder Leser entscheidet für sich, ob er das dann liest oder nicht.
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  • H. E.
    Sehr richtig!
    Alles andere ist fremdheucheln!
    Die Leser können selbst entscheiden was sie lesen und tun!
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