WÜRZBURG
Zimmerer-Straße: Stadtrat entscheidet über Umbenennung
Die Umbenennung der Helmuth-Zimmerer-Straße in Lengfeld steht offenbar kurz bevor. Am Montag, 27. Juli, berät der Hauptausschuss des Stadtrates den Vorschlag der Stadtverwaltung, sie in Angermaierstraße umzubenennen.
Der Beschlussvorlage zufolge hat Zimmerer als Oberbürgermeister von 1956 bis 1968 viel für den Wiederaufbau Würzburgs geleistet. Unter anderem habe er die Entwicklung des Stadtteils Heuchelhof vorbereitet
Zimmerer ist umstritten, weil er 1936 eine rassistische und antidemokratische Doktorarbeit mit dem Titel „Rasse, Staatsangehörigkeit, Reichsbürgerschaft. Ein Beitrag zum völkischen Staatsbegriff“ abgeliefert hat. 1963 veröffentlichten die „Nürnberger Nachrichten“ Auszüge daraus; in der Folgezeit berichteten alle großen deutschen Zeitungen und Magazine über den Skandal.
Als Oberbürgermeister erklärte er, Jahrgang 1912, seine Dissertation sei eine „Jugendtorheit“ gewesen, verweigerte allerdings ausdrücklich eine Distanzierung. Forderungen, den Doktortitel abzulegen, folgte er nicht.
Ein zuverlässiges Parteimitglied, das nicht bei Juden kauft
Recherchen unserer Redaktion brachten zutage, dass von einer „Jugendtorheit“ keine Rede sein kann.
Zimmerer, der in den 1930er-Jahren in Bamberg lebte, war von Februar bis Juni 1933 Mitglied der SA.
Am 1. Mai 1933 trat er in die NSDAP ein.
Die Partei war sehr zufrieden mit ihrem Mitglied Nummer 2.583.835. Die Ortsgruppenleitung Bamberg beschrieb ihn 1939 in einem geheimen Fragebogen als „in jeder Beziehung politisch zuverlässig“. Er kaufe nicht bei Juden, sei „gebefreudig“ und in der Lage, „in erzieherischem Sinne auf seine Volksgenossen einzuwirken“.
Dr. Zimmerer, Rechtsberater der SS
Am 1. Juni 1933 trat Zimmerer in die SS ein, im Januar 1934 nahm ihn die in Bamberg stationierte 56. SS-Standarte „Franken“ als „Staffel-Mann“, Nummer 58.228, auf.
Bald fungierte er als Rechtsberater der SS-Standarte.
Beförderungen folgten: 1935 zum „Staffel-Sturmmann“, 1936 zum „Staffel-Rottenführer“, 1937 zum „Staffel-Unterscharführer“, 1938 zum „Staffel-Scharführer“.
SS-Unterlagen zu Zimmerer aus den Jahren 1939 bis 1945 liegen der Redaktion noch nicht vor.
Karriere mit Doktortitel
Im April 1939 wurde Zimmerer Regierungsassessor beim Landratsamt in Eberstadt. Im März 1942 stimmte das Reichsinnenministerium seiner Beförderung zum Regierungsrat zu.
Nach der Enthüllung seiner Doktorarbeit reklamierte Zimmerer für sich, Widerstand gegen die Nazis geleistet und daraus Nachteile erlitten zu haben. Einen entsprechenden Nachweis führte er nicht.
In der Beschlussvorlage für den Hauptausschuss am Montag steht: „Bei Abwägung der Verdienste Dr. Zimmerers mit seinen zum Ausdruck gebrachten menschenverachtenden Thesen, ist eine Ehrung mit einer Straßenbenennung nicht angemessen.“
Der Hauptausschuss gibt ein Gutachten ab. Die endgültige Entscheidung trifft am Donnerstag, 30. Juli, der Stadtrat.
Anwohner ohne Recht auf einen bestimmten Namen ihrer Straße
Im Falle einer Umbenennung wären 95 Hauseigentümer betroffen. Die Vorsitzende des Bürgervereins Lengfeld, Andrea Angenvoort-Baier, teilt mit, eine Umbenennung der Straße sei „nach den umfangreichen Enthüllungen der Main-Post unumgänglich“.
Sie fordert, die Anwohner einzubeziehen; über deren Köpfe hinweg dürfe nicht entschieden werden. Die Änderung der amtlichen Dokumente der Anwohner müsse „schnell, unbürokratisch und kostenfrei“ übernommen werden.
Städtische Hilfe bei Behörden und Lieferanten
Die Stadtverwaltung schreibt in ihrer Vorlage, aus dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz lasse sich kein Recht der Anwohner auf einen bestimmten Namen ihrer Straße herleiten. Aber sie werde Ämter und Behörden, Post und Telekom, Straßenreiniger, Feuerwehr und Energielieferanten benachrichtigen. Die Grundbuchänderung solle den Grundstückseigentümern nichts kosten.
Die Anwohner „müssten lediglich die Änderungen beziehungsweise Ummeldungen selbst vornehmen“. Mögliche Kosten für die Änderung der privaten Anschriften hält die Stadtverwaltung dagegen für „nicht unverhältnismäßig“, weil es die erste Umbenennung wäre.
- Georg Angemeier: Unerschrockener Katholik und Widerständler
- Georg Angermeier: Das schlechte Gewissen der Bischöfe
- Spätes Erinnern an katholischen Widerständler
Der Beschlussvorlage zufolge hat Zimmerer als Oberbürgermeister von 1956 bis 1968 viel für den Wiederaufbau Würzburgs geleistet. Unter anderem habe er die Entwicklung des Stadtteils Heuchelhof vorbereitet
- Die Skandale des Dr. Zimmerer
- Dokumentation: Presseberichte und Dokumente zu Zimmerer aus den Jahren 1962 bis 1984
- Dokumentation: Zimmerers Doktorarbeit
Zimmerer ist umstritten, weil er 1936 eine rassistische und antidemokratische Doktorarbeit mit dem Titel „Rasse, Staatsangehörigkeit, Reichsbürgerschaft. Ein Beitrag zum völkischen Staatsbegriff“ abgeliefert hat. 1963 veröffentlichten die „Nürnberger Nachrichten“ Auszüge daraus; in der Folgezeit berichteten alle großen deutschen Zeitungen und Magazine über den Skandal.
Als Oberbürgermeister erklärte er, Jahrgang 1912, seine Dissertation sei eine „Jugendtorheit“ gewesen, verweigerte allerdings ausdrücklich eine Distanzierung. Forderungen, den Doktortitel abzulegen, folgte er nicht.
Ein zuverlässiges Parteimitglied, das nicht bei Juden kauft
Recherchen unserer Redaktion brachten zutage, dass von einer „Jugendtorheit“ keine Rede sein kann.
Zimmerer, der in den 1930er-Jahren in Bamberg lebte, war von Februar bis Juni 1933 Mitglied der SA.
Am 1. Mai 1933 trat er in die NSDAP ein.
Die Partei war sehr zufrieden mit ihrem Mitglied Nummer 2.583.835. Die Ortsgruppenleitung Bamberg beschrieb ihn 1939 in einem geheimen Fragebogen als „in jeder Beziehung politisch zuverlässig“. Er kaufe nicht bei Juden, sei „gebefreudig“ und in der Lage, „in erzieherischem Sinne auf seine Volksgenossen einzuwirken“.
Dr. Zimmerer, Rechtsberater der SS
Am 1. Juni 1933 trat Zimmerer in die SS ein, im Januar 1934 nahm ihn die in Bamberg stationierte 56. SS-Standarte „Franken“ als „Staffel-Mann“, Nummer 58.228, auf.
Bald fungierte er als Rechtsberater der SS-Standarte.
Beförderungen folgten: 1935 zum „Staffel-Sturmmann“, 1936 zum „Staffel-Rottenführer“, 1937 zum „Staffel-Unterscharführer“, 1938 zum „Staffel-Scharführer“.
SS-Unterlagen zu Zimmerer aus den Jahren 1939 bis 1945 liegen der Redaktion noch nicht vor.
Karriere mit Doktortitel
Im April 1939 wurde Zimmerer Regierungsassessor beim Landratsamt in Eberstadt. Im März 1942 stimmte das Reichsinnenministerium seiner Beförderung zum Regierungsrat zu.
Nach der Enthüllung seiner Doktorarbeit reklamierte Zimmerer für sich, Widerstand gegen die Nazis geleistet und daraus Nachteile erlitten zu haben. Einen entsprechenden Nachweis führte er nicht.
In der Beschlussvorlage für den Hauptausschuss am Montag steht: „Bei Abwägung der Verdienste Dr. Zimmerers mit seinen zum Ausdruck gebrachten menschenverachtenden Thesen, ist eine Ehrung mit einer Straßenbenennung nicht angemessen.“
Der Hauptausschuss gibt ein Gutachten ab. Die endgültige Entscheidung trifft am Donnerstag, 30. Juli, der Stadtrat.
Anwohner ohne Recht auf einen bestimmten Namen ihrer Straße
Im Falle einer Umbenennung wären 95 Hauseigentümer betroffen. Die Vorsitzende des Bürgervereins Lengfeld, Andrea Angenvoort-Baier, teilt mit, eine Umbenennung der Straße sei „nach den umfangreichen Enthüllungen der Main-Post unumgänglich“.
Sie fordert, die Anwohner einzubeziehen; über deren Köpfe hinweg dürfe nicht entschieden werden. Die Änderung der amtlichen Dokumente der Anwohner müsse „schnell, unbürokratisch und kostenfrei“ übernommen werden.
Städtische Hilfe bei Behörden und Lieferanten
Die Stadtverwaltung schreibt in ihrer Vorlage, aus dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz lasse sich kein Recht der Anwohner auf einen bestimmten Namen ihrer Straße herleiten. Aber sie werde Ämter und Behörden, Post und Telekom, Straßenreiniger, Feuerwehr und Energielieferanten benachrichtigen. Die Grundbuchänderung solle den Grundstückseigentümern nichts kosten.
Die Anwohner „müssten lediglich die Änderungen beziehungsweise Ummeldungen selbst vornehmen“. Mögliche Kosten für die Änderung der privaten Anschriften hält die Stadtverwaltung dagegen für „nicht unverhältnismäßig“, weil es die erste Umbenennung wäre.
Themen & Autoren / Autorinnen
sollte man von heutiger Warte nicht pharisäisch verdammen, der bei der Partei war, wer sich aber etwas zuschulden kommen ließ oder gar ein Verbrechen begangen hat oder es verherrlicht hat, soll auch heute zur Rechenschaft gezogen werden, keinesfalls aber ein Namensgeber sein. Aber wo hört es auf? Wir haben
Lutherstraßen und Gedenkstätten, obwohl er ein fantischer Antisemit war und sogar zum Progrom gegen sie aufrief. Dass der Name Angermaier gewählt wird,
ist ein gute Entscheidung, auch wenn Herr Yüstel dagegen ist, weil er Katholik und
kein Kommunist war.