Immer dann, wenn in jüngster Zeit politisch über das Kommunalunternehmen (KU) des Landkreises Würzburg diskutiert wird, ist die Stimmung im Kreistag aufgeheizt. Vor allem, nachdem Landrat Thomas Eberth (CSU) mit seinem Geheimgespräch bei der Würzburger Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue gegen KU-Vorständin Eva von Vietinghoff-Scheel, den ehemaligen Vorstand Alexander Schraml und eine weitere Führungskraft des Unternehmens ins Rollen gebracht hat, ist das Misstrauen gegenüber Eberth groß.
Vor allem bei SPD, Grünen, Freien Wählern (FW) und der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG) im Kreistag nimmt der Unmut zu. Die Kritik an Eberths Amtsführung wächst, das Vertrauen in ihn schwindet. In einer gemeinsamen Presseerklärung beschrieben die Fraktionsvorsitzenden Eberths Politikstil jüngst als "intransparent und überhastet".
Vorständin Eva von Vietinghoff-Scheel spricht sich gegen die Satzungsänderung aus
Es geht wieder einmal um das landkreiseigene Kommunalunternehmen. Nach zig Debatten im Kreisausschuss, in kleinen Gruppen oder in einem Workshop, nach Hinweisen der Regierung von Unterfranken, des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes und einem einstimmigen Beschluss des Rechnungsprüfungsausschusses soll nach 26 Jahren die Unternehmenssatzung für das Kommunalunternehmen geändert werden. An manchen Stellen marginal, an anderen aber einschneidend.
"Diese neue Satzung wird das KU schwächen und vielleicht sogar zerstören", fürchtet Vorständin Eva von Vietinghoff-Scheel. In der Kreistagsdebatte kritisierte sie, dass die Änderungen "nicht in die Zukunft, sondern rückwärts gerichtet sind".
Konkret sieht die neue Satzung vor, dass dem Vorstand Personalbefugnisse für Führungskräfte genommen werden sollen. Stattdessen soll der Verwaltungsrat über die Einstellung von Beschäftigten mit Hochschulabschluss ab der Entgeltgruppe E12 entscheiden. Dabei ist der Kreistag vorher zu beteiligen.
Verwaltungsrat soll mehr Einfluss auf Personalentscheidungen bekommen
Auch die Entscheidung, wer im Kommunalunternehmen künftig Prokura (eine besondere handelsrechtlich dokumentierte Vollmacht) erhält, soll nicht mehr beim Vorstand, sondern beim Verwaltungsrat liegen. Zuletzt hat sich Landrat und KU-Verwaltungsratsvorsitzender Eberth sehr darüber geärgert, dass Vietinghoff-Scheel ihrem Vorgänger Schraml ohne Eberths Wissen Prokura erteilt hatte. Schraml möchte mittlerweile, dass diese Vollmacht widerrufen wird, weil er "es leid ist, sich für diese zusätzliche Verantwortung dauernd rechtfertigen zu müssen".
"Mit diesen massiven Eingriffen streichen wir aus dem Begriff Kommunalunternehmen das Wort 'Unternehmen'" , kritisierte SPD-Fraktionschef Stefan Wolfshörndl. "Und wir nehmen das KU zu stark an die Leine der Landkreisverwaltung, die schon beim Prozess zur Satzungsänderung gezeigt hat, dass sie damit überfordert ist."
KU-Vorständin Vietinghoff-Scheel bedauert, dass in der Debatte um eine neue Satzung kein Konsens gefunden wurde. "Es ging niemals darum, die Aufgaben des Unternehmens für den Landkreis und dessen Bürgerinnen und Bürger effizient zu gestalten. Das muss aber im Mittelpunkt stehen", ist sie überzeugt. Auch Hans Fiederling, Fraktionsvorsitzender von UWG/FW, kritisiert die Art und Weise. "Unter den Umständen wie das gelaufen ist, können wir nicht zustimmen", sagte er.
Der CSU geht es um die Fortentwicklung des Kommunalunternehmens
"Wir müssen die Satzung überarbeiten, modernisieren und mehr Transparenz schaffen", räumte Kreisrat Sven Winzenhörlein ein. Doch für ihn und seine Fraktion Bündnis90/Die Grünen werde das Kommunalunternehmen nun nicht modernisiert, sondern "Stück für Stück abgerissen", sagte der Fraktionssprecher.
Dass die Satzungsänderungen nun zeitlich in den Konflikt zwischen Eberth und Vietinghoff-Scheel fallen, hätte sich CSU-Fraktionssprecher Björn Jungbauer so nicht gewünscht. Denn, "darum geht es nicht, sondern um die Sicherstellung und Fortentwicklung des Unternehmens". Die "heraufbeschworenen Ängste" der Vorständin hält er "für konstruiert".
Landrat Eberth will die Entscheidungskompetens der Kreispolitik stärken
Dabei geht es um das Hausärzte-MVZ in Waldbrunn. Vietinghoff-Scheel hatte mehrmals angemahnt, dass dieses nicht mehr in der Verantwortlichkeit des KU liegen würde, wenn in der Satzung die Zuständigkeit für "sonstige Sozialleistungen" gestrichen werde und es künftig heißen soll: "Der Landkreis Würzburg überträgt dem KU die Aufgabe, die Bevölkerung mit Krankenhaus-, Altenhilfeleistungen und Pflegeleistungen zu versorgen."
Auch für Landrat Eberth spielt der Konflikt zwischen ihm und Vietinghoff-Scheel keine Rolle. Es geht um "Entscheidungskompetenz und Einflussmöglichkeiten, um eine Stärkung der Kreispolitik in wichtigen Fragen". Das Kommunalunternehmen sei mittlerweile in vielen Bereichen ein "Tausendsassa", sagte Eberth. "Und genau deswegen muss Politik auch hinschauen dürfen."
Für die umstrittenen Passagen bekam er schließlich mit den Stimmen von CSU, FDP, ÖDP und zwei UWG/FW-Kreisräten eine Mehrheit.
Wer jedoch versucht, z. B. die Kalkulation der Abfallgebühren im Detail nachzuvollziehen oder die Höhe der Gehälter von Vorständen in Erfahrung zu bringen, wird scheitern. In seiner derzeitigen Rechtsform ist das Kommunalunternehmen maximal intransparent. Vor dem Hintergrund ist das Zitat von Landrat Thomas Eberth wie folgt umzuformulieren: "Und genau deswegen muss der einzelne Bürger auch hinschauen dürfen."
Lothar Gutsche
Email: lothar.gutsche@arcor.de
Das KU hat sich über mehr als 2 Jahrzehnte bestens bewährt. Es bietet heute ein Leistungsspektrum für die Bewohnerinnen und Bewohner des Landkreises, um das uns alle umliegenden Landkreise beneiden.
Hierfür benötigt man schnelle Entscheidungen und kompetente Führungskräfte, die sich in den komplexen Thematiken auskennen. Deshalb hat man die Führung des KU in der Vergangenheit mit weitgehenden Kompetenzen ausgestattet. Und das hat sich bestens bewährt. Weder die Ausschüsse noch der Kreistag können das leisten, denn man trifft sich maximal monatlich und kann sich systembedingt auch gar nicht tief genug einarbeiten.
Aber es geht hier gar nicht mehr um das Wohl des Landkreises, sondern um den Machtwillen einzelner. Dafür ist man bereit alles zu opfern. Die Probleme haben mit dem Wechsel an der Spitze des Landkreises begonnen, mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
P.S.: Den Vorgang selbst oder gar Beteiligte beurteile ich damit in keinster Weise und ergreife auch für keine Seite Partei.
Die Diskussion um die neue Satzung hätte Gelegenheit geboten, einen tieferen Blick auf die (Fehl)-Entwicklung des hochverschuldeten Kommunalunternehmens zu werfen. Allein die Sitzungsunterlagen geben hier einiges her. Die amtierende Vorständin hat den vom Kreistag beschlossenen Entwurf vehement abgelehnt Das wirft unweigerlich die Frage nach ihrem satzungskonformen Verhalten in der Zukunft auf. Auch für die Main-Post?
die Main-Post ist das einzige Würzburger Medienhaus, dessen Journalistinnen und Journalisten Kreistagssitzungen überhaupt noch besuchen und darüber berichten. Dass dies nicht immer unmittelbar geschieht, kann vielerlei Gründe haben. Manchmal fehlen noch Informationen oder aktuelle Recherchen zu anderen Themen kommen dazwischen. Oder die Verzögerung hat persönliche Gründe wie Urlaub oder Krankheit. In diesem Fall tritt die geänderte Satzung nicht unmittelbar nach der Entscheidung im Kreistag in Kraft, so dass die Chronistenpflicht auch jetzt noch erfüllt wird. Was die Illustration und die bisherige Berichterstattung betrifft, ist das Ihre subjektive Meinung, die ich so stehen lassen möchte. Jedoch weise ich darauf hin, dass Meinung und Bericht getrennt sind.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Fritz
Redakteur
Es bleibt zu hoffen, dass die Neubesetzung des Vorstands im KU wieder ein ruhigeres Fahrwasser bringt.