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Machtkampf im Würzburger Kreistag entschieden: Kein Vertrauen mehr in KU-Chefin Vietinghoff-Scheel
Die Entscheidung fiel schnell: Der Vorstandsvertrag mit Eva von Vietinghoff-Scheel beim Kommunalunternehmen endet 2025. Mitarbeiter sind besorgt.
Solidarität mit der Vorständin des Kommunalunternehmens des Landkreises Würzburg Eva von Vietinghoff-Scheel (Mitte) zeigen nach der Abstimmung im Kreistag (von links): Stellvertretende Landrätin Karen Heußner (Grüne), Kreisrätin Simone Barrientos (SPD), Landtagsabgeordnete Kerstin Celina (Grüne) und Grünen-Kreisrätin Jessica Hecht. 
Foto: Thomas Fritz | Solidarität mit der Vorständin des Kommunalunternehmens des Landkreises Würzburg Eva von Vietinghoff-Scheel (Mitte) zeigen nach der Abstimmung im Kreistag (von links): Stellvertretende Landrätin Karen Heußner ...
Thomas Fritz
 |  aktualisiert: 05.05.2024 02:38 Uhr

Nicht einmal fünf Minuten braucht es, und der Kreistag hat am Montag über das Schicksal von Eva von Vietinghoff-Scheel, die seit April 2023 das Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg (KU) leitet, entschieden. Ihr Vorstandsvertrag, der am 31. März 2025 ausläuft, soll nicht verlängert werden. Die wichtigste Position im Unternehmen wird stattdessen neu ausgeschrieben.  

"Es ist kein einfacher Tagesordnungspunkt", sagt Landrat Thomas Eberth kurz nach 9 Uhr. "Es wurde bereits viel gesprochen, verhandelt, geschrieben, interpretiert." Mehr sagt Eberth nicht. Mehr will er nicht sagen, weil er einen "zärtlichen Versuch eines Neuanfangs" anstreben möchte. Das hatte er im Vorfeld der Sitzung im Gespräch mit dieser Redaktion gesagt. Stattdessen wird in der Sitzungsvorlage erklärt: "In den letzten Monaten war eine Zusammenarbeit zwischen Vorständin und Landrat schwierig, sehr angespannt und auf keiner vertrauensvollen Basis mehr möglich."

Dazu kommt ein laufendes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Würzburg, das wegen des Verdachts der Untreue gegen Vietinghoff-Scheel, KU-Vorstandsreferent Alexander Schraml (bis März 2023 KU-Vorstand) und eine weitere Führungskraft des Kommunalunternehmens seit Dezember 2023 läuft. Dieses würde das Vertrauensverhältnis weiter stören, heißt es in der Vorlage für die Kreistagssitzung.

Kein Wort der Aussprache im Kreistag

Am Montag wird darüber und über das angespannte Verhältnis zwischen Eberth und Vietinghoff-Scheel nicht gesprochen. Der Landrat äußert sich im Kreistag nicht weiter dazu. Alle Fraktionsvorsitzenden schweigen. Auch die Kreisrätinnen und Kreisräte bleiben stumm. Niemand erklärt den etwa 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kommunalunternehmens, die von der Tribüne aus die Sitzung verfolgen, und den Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises die eigentlichen Beweggründe.  

Wie geht es jetzt weiter? Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kommunalunternehmens äußern ihren Frust über die politische Entscheidung der Sitzung des Kreistags, den Vorstandsvertrag mit Vietinghoff-Scheel (links) nicht zu verlängern.  
Foto: Thomas Fritz | Wie geht es jetzt weiter? Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kommunalunternehmens äußern ihren Frust über die politische Entscheidung der Sitzung des Kreistags, den Vorstandsvertrag mit Vietinghoff-Scheel (links) ...

Bereits im Dezember wollten die Fraktionen von Bündnis90/Die Grünen, SPD und Unabhängige Wähler-Gemeinschaft (UWG)/Freie Wähler (FW) mit ihrer Mehrheit im Kreistag eine Vertragsverlängerung für die KU-Chefin durchsetzen. Damals wurde auf Antrag von Wolfgang Kuhl (FDP) die Debatte hinter verschlossenen Türen geführt. Am Ende wurde dann aber öffentlich formuliert: "Der Kreistag strebt eine weitere Zusammenarbeit mit Frau von Vietinghoff-Scheel und eine erneute Bestellung als Vorständin vom 1. April 2025 bis 31. März 2030 an."

Beschäftigte stehen solidarisch hinter Vietinghoff-Scheel

Auch dazu am Montag kein Wort. Knapp fünf Minuten dauert die von CSU-Fraktionschef Björn Jungbauer geforderte namentliche Abstimmung. Am Ende steht fest: 30 Kreistagsmitglieder stimmten für die von Grünen, SPD und UWG/FW favorisierte Vertragsverlängerung, 35 dagegen. Abgestimmt haben 65 von 66 anwesenden Kreisrätinnen und Kreisrätinnen, vier fehlten. In einer weiteren Abstimmung setzt sich schließlich die von Landrat Eberth und der CSU-Fraktion bevorzugte Lösung, die Vorstandsposition neu auszuschreiben, bei 24 Gegenstimmen durch.

Wenige Minuten danach ist die Sitzung beendet, aber für viele noch längst nicht abgeschlossen. Vor allem nicht für die Beschäftigten des Kommunalunternehmens. Vor der Tür des Sitzungssaals warten sie auf ihre Chefin, um ihr einerseits Solidarität, andererseits aber auch ihren Frust zu vermitteln. Eine Frau ärgert sich über die CSU und den Landrat: "Die fahren das Unternehmen in voller Fahrt gegen die Mauer", sagt sie. "Wir gehen jetzt rückwärts, werden in die Zwangsjacke gesteckt", sagt ein anderer, der fürchtet, dass die Kreispolitik nun die unternehmerische Freiheit des Kommunalunternehmens einschränken will.

Vietinghoff-Scheel hatte bei einer Niederlage eigentlich überlegt, als Vorständin zurückzutreten. "Ich stehe für eine Wiederbestellung nach wie vor zur Verfügung", sagt sie. Dafür, dass sie noch bis Ende März 2025 bleiben möchte, zollen ihr die Mitarbeiter langen Beifall.  

 
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  • Robert Hippeli
    Sehr geehrter Herr Thomas Fritz für diesen Bericht und vor allem der Darlegung ihrer "Meinung" in der heutigen MainPost vielen Dank!

    Sie schreiben in Ihrer Meinung:
    " .... Aber niemand hat sich ans Rednerpult gewagt.
    Niemand hat sich solidarisch mit der Vorständin erklärt.
    Niemand hat sich ihre Ziele für das Unternehmen angehört.
    Niemand hat ihr öffentlich eine Chance gegeben, sich zu erklären.
    Niemand hat ihr gesagt, wie sie ihre Arbeit macht.
    Es hat aber auch niemand gewagt, offen seine Kritik am Landrat auszusprechen. ...."

    So ist das Leben, stehst du erst mal am Pranger, warum auch immer, so bist ganz schnell ganz alleine und das Tun und das Getane spielt keine Rolle.
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  • Martin Deeg
    …“weil er einen "zärtlichen Versuch eines Neuanfangs" anstreben möchte.“….

    Anstatt mit jedem Auftritt weiter Stilblüten und damit Einblick in seine seltsame Gedankenwelt zu liefern sollten dieser Landrat schlicht einmal mitteilen, welche SACHLICHE Kritik er vorzubringen hat.
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  • Walter Seubert
    Von Transparenz, Debatte und Diskussionskultur ist in diesem Gremium anscheinend nicht die kleinste Spur vorhanden. Mal sehen welches Parteibuch der nächste Vorstand hat.
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  • Hiltrud Erhard
    Glauben Sie allen ernstes, dass das nicht intern und NICHTÖFFENTLICH breit diskutiert wurde, man zu Ergebnissen gekommen ist und ganz offensichtlicht in der Kreistagssitzung niemand beschädigt werden sollte.
    So sollte es auch sein...
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  • Silke Müller
    Ich erinnere mich noch an einen früheren Artikel. In der Überschrift wurde der stolze Björn Jungbauer zitiert mit ,Wir konnten Zweifel säen'. Die Saat ging jetzt auf. Note 1 im intrigieren, der CSU-Karriere steht nichts mehr im Weg.
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  • Marco Pintar
    "Der Landrat äußert sich im Kreistag nicht weiter dazu. Alle Fraktionsvorsitzenden schweigen. Auch die Kreisrätinnen und Kreisräte bleiben stumm. Niemand erklärt den etwa 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kommunalunternehmens, die von der Tribüne aus die Sitzung verfolgen, und den Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises die eigentlichen Beweggründe."
    Das ist immer gut, wenn die Politik den Betroffenen, den Bürgerinnen und Bürgern nichts erklärt.
    Vielleicht sorgen die Fraktionsvorsitzenden wenigstens im Nachgang für Erklärungen ?
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  • Petra Doßler
    Bei einem vorsichtigen Nachrechnen der Stimmen (auch ohne Kenntnisse der namentlichen Abstimmung), scheinen die Unterstützer der Vorständin wohl auch nicht ganz so felsenfest von der Unterstützung überzeugt zu sein: Grüne, SPD und UWG/FW haben soweit ich weiß, zusammen 36 Stimmen, 4 waren nicht da, eine(r) hat nicht mitgestimmt, eine(r) offenbar anders abgestimmt… ein Solo eines einzigen sieht, glaube ich, anders aus.
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  • Marco Pintar
    Laut "Würzburg Wiki" sind es 34 (Grüne 14, SPD 9, FW 11) . Die CSU (27), AfD (3), FDP(2), ÖdP (2) , Linke (2) wären 36.
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  • Petra Doßler
    Simone Barientos ist 2022 von der Linken zur SPD gewechselt, wären 35 zu 35 (wenn die Linke mit der CSU stimmen würde); erklärt aber immer noch nicht, wo die 5 Stimmen hin sind
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  • Florian Kuhl
    Die beiden Kreisrätinnen der Linken sind in die SPD-Fraktion gewechselt
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  • Georg Ries
    Es wäre einfach für Herrn Fritz, das Abstimmungsverhalten der Fraktionen zu veröffentlichen. Er war doch da! 🤪
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  • Thomas Fritz
    Sehr geehrter Herr Doßler, die aktuelle Sitzverteilung im Kreistag: CSU 27, Landrat 1, AfD 2, SPD 11, Grüne 14, UWG 11, FDP 2 ÖdP 2, parteilos 1 (ehemals AfD). Gefehlt hat jeweils 1 Kreisrat bei den Grünen, bei der SPD, bei der AfD und der parteilose = 66. Ein Kreisrat der Grünen war bei der Abstimmung nicht im Raum. Gegen den Antrag auf Wiederbestellung waren: CSU 27, FDP 2, ÖDP 2, Landrat und zwei UWG|FW und 1 AfD = 35 Stimmen.
    Viele Grüße, Thomas Fritz, Redakteur
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  • Thomas Diener
    Wohl dem der so einen Super - Landrat hat und einen Kreistag , der anscheinend nur aus Ja - Sagerbei diversen Parteien besteht.
    Die Kreispolitik wird einseitig an die Wand gefahren , aber das stört die lieben Parteigenossen
    vom Landrat nicht . Dies wird sich rächen , denn irgendwann wird auch dieser seinen Meister
    finden , welcher ihn dann hoffentlich genauso von seinem hohen Thron stoßen wird !
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  • Gerhard Zwierlein
    hey Ihr Super-Würzburger ! Glaubt Ihr, das Ihr den einzigen SUPER-Landrat habt? - Könnt unseren haben !
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  • Hans Vogel
    Hier geht es einzig und allein darum, dass ein einzelner seinen Willen durchsetzen möchte und seine Fraktion folgt ihm wie die Lemminge. Absolut unglaublich und untragbar.
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