Die Fliege ist ab. 25 Jahre lang, seit das Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg (KU) 1998 gegründet wurde, war sie das Markenzeichen von Alexander Schraml. Nachdem er das KU geprägt hat wie kein anderer, verlässt er nun seinen Vorstandsposten und schenkt den Kragenschmuck seiner Nachfolgerin Eva von Vietinghoff-Scheel. Kein Wunder, dass der Jubiläumsfestakt im Gut Wöllried deshalb über weite Strecken zur Hommage für den 58-jährigen promovierten Juristen und Honorarprofessor wurde.
1996 erst war in Bayern die neue Rechtsform des Kommunalunternehmens geschaffen worden, erinnerte Innenstaatssekretär Sandro Kirchner (CSU) in seiner Festansprache. Das Zwitterwesen zwischen kommunalem Regiebetrieb und privatrechtlicher Unternehmensform sollte öffentlichen Verwaltungen mehr Handlungsspielraum bei der Erfüllung ihrer Aufgaben geben, ohne sie der Weisungsbefugnis und Kontrolle durch die politischen Gremien zu entziehen.
Das KU des Landkreises war eines der ersten von inzwischen rund 260 in Bayern und das erste, das die neuen Möglichkeiten voll und ganz ausschöpfte. Damals stand neben Alexander Schraml noch der frühere Leiter der Kreisverwaltung, Joachim Riedmayer, an der KU-Spitze, bevor Schraml 2005 zum alleinigen Vorstand wurde.
Die Main-Klinik in Ochsenfurt, die beiden damaligen Kreisaltenheime in Würzburg und Aub sowie die Nahverkehrsgesellschaft APG wurden als Tochterunternehmen der neuen Landkreis-Holding unterstellt. Später kam mit Team Orange auch noch die Abfallwirtschaft hinzu. Inzwischen betreibt das KU acht Seniorenheime und führt überdies die Geschäfte für die Fernwasserversorgung Mittelmain und den Abwasserzweckverband Raum Würzburg.
"Das Würzburger Kommunalunternehmen hat gezeigt, dass die neue Rechtsform eine Erfolgsgeschichte schlechthin ist und die Daseinsvorsorge mit einer Zukunftsstrategie verbunden", sagt Staatssekretär Kirchner. Er macht dies unter anderem an der Entwicklung der Main-Klinik fest, an der Gründung eines hausärztlichen Versorgungszentrums im westlichen Landkreis und an der zentralen Rolle des KU bei der Schaffung eines Nahverkehrsverbunds über die Landkreisgrenzen hinaus.
Der Blick auf 25 spannende Jahre in der Zukunft
Dass sein Blick weiterhin in die Zukunft gerichtet bleibt, bewies der scheidende KU-Vorstand Schraml in seiner Abschiedsrede. Dabei enttäuschte er all diejenigen, die - wie im Programm angekündigt - "eine kritische Bilanz nach 25 Jahren" erwartet hatten. "25 Jahre liegen hinter uns, aber viel spannender sind die 25 Jahre, die vor uns liegen", so Alexander Schraml.
Das KU werde seine Rolle in allen Aufgabengebieten weiter ausbauen. Die Bereitschaftspraxis an der Main-Klinik, die seitens der Kassenärztlichen Vereinigung geschlossen wurde, werde man zurückholen, "egal wie sie dann heißt". Mit der Gründung eines hausärztlichen Versorgungszentrums in Waldbrunn stelle sich das KU dem fortschreitenden Ärztemangel im ländlichen Raum. "Waldbrunn ist der Prototyp für ganz Bayern", so Schraml selbstbewusst.
Die Abfallentsorgung werde Team Orange weiterhin verbessern und dazu auch die Erfassung des Verpackungsmülls vom Dualen System zurückholen. "Wer ernsthaft glaubt, dass die Gelbe Tonne ein Element des Umweltschutzes ist, dem wurde erfolgsreich vorgegaukelt, dass der Inhalt wirklich wiederverwertet wird." Mit der Nahverkehrsgesellschaft APG werde man neue Standards setzen und alternative Verkehrsangebote für den ländlichen Raum entwickeln.
Warum Alexander Schraml Fliege trägt
Vor Jahren hat Alexander Schraml in einem Interview verraten, dass seine Vorliebe für Fliegen aus der kurzen Zeit herrührt, als er Richter am Verwaltungsgericht war. Und zwar aus ganz praktischen Gründen, weil er sich nämlich mit dem Binden einer Krawatte schwertat. Die rote Fliege, die er jetzt trägt, knöpft er nach seiner Rede ab und überreicht sie Eva von Vietinghoff-Scheel. Sie war 2020 als Vorständin Kommunalunternehmens berufen worden und füllt diese Aufgabe nach dem 31. März alleine aus.
In ihrer Laudatio würdigte von Vietinghoff-Scheel ihren Kollegen und Mentor als herausragenden Juristen und Manager, dem es stets darum gegangen sei, "das Gesetz nicht stur zu befolgen, sondern so anzuwenden, dass es den Menschen hilft." Dabei betonte sie vor allem Schramls strategisches Talent und sein Geschick, Mitarbeiter und Führungskräfte zu außergewöhnlichen Leistungen zu befähigen. "Der Erfolg eines Managers zeigt sich vor allem dadurch, wie es nach ihm weitergeht", so von Vietinghoff-Scheel.
Schraml arbeitet weiter für das KU, aber ohne Führungsaufgabe
Dabei wird sich Alexander Schraml gar nicht endgültig vom Kommunalunternehmen verabschieden. Nach reiflicher Überlegung habe er sich entschieden, weiterhin in Teilzeit für das KU tätig zu sein, berichtet Schraml gegenüber der Redaktion. Er werde dort verschiedene Projekte betreuen, wie die Sanierung der Seniorenzentren am Hubland und in Röttingen und den Aufbau des hausärztlichen Versorgungszentrums in Waldbrunn. "In einer führenden Position werde ich definitiv nicht mehr tätig sein", betont er.
Den Jubiläumsfestakt stellte das Kommunalunternehmen in den Dienst der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW). Als kleiner Hilfsverein unter dem Namen Deutsches Aussätzigen-Hilfswerk in Würzburg gegründet, sei das DAHW inzwischen zu einer international tätigen Hilfsorganisation gewachsen, so Vorstandssprecher Patrick Georg. Spenden, die das KU erbeten hat, kommen einem Versorgungszentrum für Lepra- und Tuberkulosekranke im Norden Pakistans zugute.