zurück
Würzburg
Luftfilter: Viele Schulträger in Unterfranken investieren, Würzburg aber nicht
Die Stadt Würzburg schafft keine mobilen Lüfter für Schulen an. Eltern und Ärzte protestieren. Wieso andere unterfränkische Kommunen und Kreise die Geräte längst bestellen.
Die Stadt Würzburg setzt auch in diesem Herbst und Winter weiter aufs Lüften. Für die rund 40 Schulen in ihrer Trägerschaft mit rund 1000 Klassenzimmern werden keine mobilen Luftfilter angeschafft.
Foto: Symbolfoto Sebastian Gollnow, dpa | Die Stadt Würzburg setzt auch in diesem Herbst und Winter weiter aufs Lüften. Für die rund 40 Schulen in ihrer Trägerschaft mit rund 1000 Klassenzimmern werden keine mobilen Luftfilter angeschafft.
Gisela Rauch
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:32 Uhr

Zum Schulstart im September in jedem Klassenzimmer des Freistaats ein mobiler Lüfter: Dieses Ziel hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) Ende Juni vorgegeben. Den Kauf oder auch das Leasing der Geräte fördert der Freistaat seit Mai mit der Übernahme von 50 Prozent der Kosten. Auch der Bund übernimmt im Kampf gegen die Corona-Pandemie bei der Anschaffung "infektionsschutzgerechter Lüftungsanlagen" in Schulen bis zu 80 Prozent der Ausgaben. Abhängig von der Zahl der Schulen, für die sie als Sachaufwandsträger zuständig sind, kommt bei den Kommunen und Kreise für das Anschaffen zahlreicher Luftfilter ein erklecklicher Betrag zusammen.

Viele Kreise und Kommunen haben schon Luftfilter bestellt

In Unterfranken greifen dennoch viele Schulträger auf die Angebote zu: Die Landkreise Schweinfurt, Aschaffenburg, Kitzingen und Haßberge sowie etwa die Städte Karlstadt und in geringem Maße Aschaffenburg haben die Anschaffung auf den Weg gebracht. Die Stadt Schweinfurt und der Kreis Bad Kissingen hatten sich schon Anfang des Jahres Luftfilter gesichert, als der Freistaat noch 100 Prozent der Anschaffungskosten übernahm. 

Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) hat zwar noch keine Luftfilter bestellt, aber im Stadtrat beschlossen, für einige Hunderttausend Euro in Lüftungssysteme zu investieren. Der Landkreis Würzburg will anstatt Luftfilter aufzustellen, raumlufttechnische Anlagen in den Schulen einbauen lassen. Derzeit wird geprüft und geplant. Der Kreis Miltenberg hat sich gegen neue Luftfilter entschieden. Und auch die Stadt Würzburg, mit rund 40 Schulen und 1000 Klassenzimmern in ihrer Trägerschaft mit Abstand die größte Schulstadt in Unterfranken, zieht gar nicht mit: Sie bestellt für die Kinder keine mobilen Luftfilter, hat der Stadtrat am 22. Juli gegen die Stimmen der SPD und FDP beschlossen.

Bürgermeisterin Judith Jörg setzt aufs Lüften statt auf Luftfilter

Insbesondere Schulbürgermeisterin Judith Jörg (CSU) hatte sich gegen die Anschaffung mobiler Luftfilter gestellt und setzt auch im nächsten Coronawinter aufs Lüften der Schulzimmer. „Wir halten mobile Anlagen nicht für nachhaltig“, lautete ihr Statement im Stadtrat. Man wolle lieber bei Neubauten feste Lüftungsanlagen installieren. Jörg schätzt die Anschaffungskosten für die Luftfilter an Würzburgs Schulen auf rund 7,6 Millionen Euro und setzt zusätzlich jährliche Betriebskosten von rund 1,5 Millionen Euro an. Mit Blick auf die Notwendigkeit einer EU-weiten Ausschreibung, die Zeit kostet, erklärte die Schulbürgermeisterin im Stadtrat, dass bei einer Bestellung im Sommer "die ersten Geräte vielleicht im kommenden Frühjahr" da sein könnten.

Innenminister Joachim Herrmann: Rasche Beschaffung trotz EU-Ausschreibung

Das sieht Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ganz anders. In einem Brief an Kultusmininister Michael Piazolo (Freie Wähler) vom 11. Juli geht Herrmann zwar auch ausführlich darauf ein, dass trotz Zeitnot bei der Bestellung einer großer Menge von Luftfiltern eine EU-weite Ausschreibung nötig ist. Er erklärt aber: "Zusammenfassend bin ich der Meinung, dass die vergaberechtlichen Vorschriften nicht daran hindern, eine Beschaffung der Luftfiltergeräte bis zum Ende der Sommerferien durchzuführen."

Zahlreiche Kommunen und Kreise in Unterfranken haben für ihre Schüler bereits mobile Luftfilter angeschafft oder deren Anschaffung in die Wege geleitet. 
Foto: Arne Dedert, dpa | Zahlreiche Kommunen und Kreise in Unterfranken haben für ihre Schüler bereits mobile Luftfilter angeschafft oder deren Anschaffung in die Wege geleitet. 

Herrmann schlägt in dem Schreiben vor, einzelne Organisationseinheiten wie Schulen mit eigenen Budgets auszustatten, so dass die einzeln bestellen könnten und langwierige EU-Ausschreibungen nicht nötig sind. Bislang, so die Aussage von Ministerpräsident Söder am 30. August, seien nur rund zehn Prozent der Staatsmittel für Luftfilter abgerufen worden.

In Würzburg protestieren Eltern und Ärzte gegen Stadtratsentscheidung

Unterdessen wird in Würzburg Protest an der Stadtratsentscheidung laut. Dr. Christian Potrawa, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbandes Würzburg, sieht mit seinen Kollegen angesichts der sich rasch ausbreitenden Deltavariante eine "Pandemie der Ungeimpften" voraus. Schüler ab 12 Jahren könnten sich noch impfen lassen, Kinder bis 12 Jahre seien vollkommen schutzlos und damit in großer Gefahr, angesteckt zu werden. "Durch Luftfilter in Schulen könnten wir gerade die Kleineren schützen und das sollten wir auch tun", fordert Potrawa. Der Allgemeinmediziner weist auf eine Würzburger Elterninitiative hin, die gegen die Stadtratsentscheidung kämpft und auf der Plattform change.org eine Petition gestartet hat: "Mobile Luftfilter für Klassenzimmer in Würzburger Schulen".

Elterninitiative: Lüften reicht nicht zum Schutz gegen Corona

"Die Kinder haben in der Pandemie ganz besonders gelitten und gerade jetzt, wo für all die, die geimpft sind, wieder einige Freiheiten auch bei hohen Inzidenzen winken, ist zu erwarten, dass ohne weitere Maßnahmen wie Luftfilteranlagen unsere Kinder im Herbst wieder zu Hause lernen müssen", schreibt Jasmin Borst, Mitbegründerin der Elterninitiative. "Wir sind nicht gegen Lüften. Aber nur auf Lüften zu setzen, ist blauäugig. Das reicht nicht zum Schutz gegen die Aerosole."

Borst verweist darauf, dass in der Pandemie zum Schutz einzelner Bevölkerungsgruppen bisher viel Geld in die Hand genommen worden sei. Jetzt müssten, auch in Würzburg, mal die Kinder dran sein, deren Schutz sei vorrangig. "Noch einen Winter, wo die Kleinen mit dicken Anoraks und Decken im Klassenzimmer sitzen und dennoch frieren, weil dreimal pro Stunde gelüftet wird, wollen wir nicht." Dass die Stadt Würzburg auf festinstallierte Luftfilter bei Schulneubauten setzt, tröstet die Mutter nicht: "Wie viele Schulen werden denn schon neu gebaut?"

Viele Kommunen wollen durch Filter Distanzunterricht vermeiden

Genau so argumentieren die Kreise oder Städte in Unterfranken, die sich zu der von der Staatsregierung geförderte Anschaffung von Luftfiltern entschlossen haben. Mit allen Mitteln sei ein weiterer Lockdown an den Schulen zu verhindern, hieß es etwa im Kreis Aschaffenburg, der für die Anschaffung von Luftfiltern an allen Kreisschulen drei Millionen Euro einplant und einen entsprechenden Nachtragshaushalt verabschieden will.

"Entweder es gibt Unterricht mit Lüfteranlagen oder Distanzunterricht", erwartet etwa Kitzingens Bürgermeister Stefan Güntner (CSU) mit Blick auf das neue Schuljahr. Letzteres wolle man aber weder Eltern, noch Kindern erneut zumuten, deshalb schafft der Kitzinger Stadtrat für alle seine Schulen Luftfilter an. Der Kreis Schweinfurt, der von Investitions- und Wartungskosten von 856 000 Euro für über 200 neubestellte Luftfilter ausgeht, hat einen Dreistufenplan entworfen und will zunächst die jüngsten Schüler mit den Geräten ausstatten.

Einen Vorteil könnten Schulen mit Luftfiltern jedenfalls haben: Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hat angekündigt, nur für diejenigen Schülerinnen und Schüler eine Quarantäne anzuordnen, "die einen unmittelbaren und ungeschützten engen Kontakt zu einem erkrankten Schüler hatten". Wenn im Klassenzimmer fachgerecht gelüftet und ein Luftfilter korrekt eingesetzt worden sei, könnten Gesundheitsämter aus seiner Sicht komplett auf die Anordnung einer Quarantäne verzichten. Das Risiko werde im Einzelfall bewertet.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Schweinfurt
Karlstadt
Kitzingen
Aschaffenburg
Bad Neustadt
Gisela Rauch
Bayerische Ministerpräsidenten
CSU
Covid-19-Pandemie
Der Kreis GmbH & Co KG
FDP
Freie Wähler
Gesellschaft und Bevölkerungsgruppen
Joachim Herrmann
Joachim Herrmann (CSU)
Kinder und Jugendliche
Markus Söder
Michael Piazolo
Ministerpräsidenten
Quarantäne
SPD
Schülerinnen und Schüler
Stadt Schweinfurt
Stadt Würzburg
Stadträte und Gemeinderäte
Stefan Güntner
Städte
Ärzte
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • mppthi
    Wäre interesant was die müllentsorgung der feiernden kostet?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • FamilieGoetz
    Apropos, weil es so wichtig ist die kleinsten zu schützen.

    Seit kurzem wurde wieder die "Betreuungspflicht" in Kitas wieder eingeführt.

    Sprich, KiTa Träger erhalten keine Förderung mehr, wen Eltern ihre Kinder vorübergehend zu Hause lassen, also steht das Risiko im Raum den Kindergartenplatz zu verlieren.

    https://www.stmas.bayern.de/coronavirus-info/faq-coronavirus-betreuung.php#sec11

    Von Luftfiltern in KiTas hat ja übrigens auch noch niemand gesprochen, denn da gilt ja keine "Schulpflicht".

    Was sagt man jetzt allerdings den Eltern, die irgendwie versuchen ihr Kind noch "irgendwie" bis zur Impfung ihr Kind aus der KiTa draußen zu halten?

    Bis vor kurzem galt noch, ab einer Inzidenz von 50 im Landkreis ist es förderunschädlich Kinder vorübergehend nicht im gebuchten Umfang in die Einrichtung zu bringen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • FamilieGoetz
    Die Schulbürgermeisterin Judith Jörg hat wieder besseren Wissen BESCHLOSSEN, dass es keine Studien gibt, die nachweisen, dass Luftfilter die Ansteckungswahrscheinlichkeit im Klassenzimmer reduzieren - von TU München bereits im Frühling ausgearbeitet.
    Ihr Anstreben war ja auch noch ein maskenfreier Unterricht zu Zeiten als Dank Delta die Infiziertenzahlen in UK durch die Decke gingen - warum ein hilfreiches Instrument weglassen?
    Bevor sich um Kriterien für Ausschreibungsunterlagen bemüht wurde, kam die Behauptung, dass keine technischen Details für eine Ausschreibung vorliegen u es deswegen nicht möglich ist - Arbeitsverweigerung?
    Es wurde moniert, dass die Stadt finanziell in Vorleistung gehen muss, ja und?

    Die CSU Fraktion hat geschlossen gg die Beschaffung von Luftfiltern gestimmt.

    Wer weiter wissenschafts- und kinderfeindlich regiert werden möchte, hier habt hier das Beste Beispiel. Es mag nur ein Beispiel sein, aber es ist exemplarisch.

    Immer weiter so...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Auf eigenen Wunsch entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Zugut
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • al-holler@t-online.de
    Ich gehe davon aus, dass der politische Weg bald ins Abseits führt, der der Qualifizierten und der der/des Qulifizierer/s.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • mainpost@wegner.email
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Einwohner
    Würzburg hat kein Geld und braucht das restliche um Flüchtlinge aufzunehmen, oder?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Zugut
    Ja, der Hafen Wü ist sicher. Aber nicht für die Schüler und auch nicht für die AltWürzburger, die damit irgendwie zurechtkommen müssen ohne überhaupt gefragt zu werden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • jhuller@gmx.de
    Ach Gottchen, ja! Die armen AltWürzburger, fast hätten sie mir leid getan!

    Doch dann fiel mir ein: man muss sich keine Sorgen machen, solange der Bauer jammert. Und einem Franken geht's dann gut, wenn er sagt, dass es ihm schlecht geht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Zugut
    Haha
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • smutje
    Nicht nur die Stadt mauert. Auch etliche Gemeinden lehnen mit fadenscheinigen Begründungen leistungsfähige Filter- oder Lüftungsanlagen ab. Wenn man dann sieht für was Geld da ist, eine Schande!!!!! grinsen
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • al-holler@t-online.de
    welche Gemeinden? bitte konkreter werden!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • smutje
    Wäre doch eine schöne Aufgabr für die mainpost mal die Situation in den Gemeinden abzufragen 🤪
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • al-holler@t-online.de
    Ich dachte eigentlich, SIE wüssten da was......
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Einwohner
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • k.a.braun@web.de
    Frau Jörg ist offensichtlich ihrer Aufgabe, auch in Zeiten einer Pandemie das schulische Wohl der Würzburger Kinder zu sichern, nicht gewachsen. Eine solche verheerende Fehlentscheidung sollte nicht hingenommen werden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ub-ejournals@uni-wuerzburg.de
    Leider steht Ihnen die Kommentarfunktion auf mainpost.de nicht zur Verfügung. Deshalb werden wir Ihren Kommentar nicht veröffentlichen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Ironic
    Jetzt soll auf jeden Fall die Schule offen gehalten werden. Richtig so (auch wenn es vermutlich Teil des Wahlkampfes ist)!
    Aber eingestanden, dass es falsch war, die Schulen so lange zu schließen, hat noch niemand so richtig.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Pepo15
    Vielleicht wird das Geld ja dringender bei Projekten wie dem Theater benötigt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten