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Würzburg
Fridays for Future, Letzte Generation und Co.: Was unterscheidet die Klimabewegungen eigentlich voneinander?
Die verschiedenen klimaaktivistischen Bewegungen machen auch in der Region Würzburg immer wieder mit Protestaktionen auf sich aufmerksam – aber nicht alle sind gleich.
Klimaaktivismus ist auch in Würzburg und der Region angekommen. Verschiedene Bewegungen machen mit Aktionen auf den Klimawandel aufmerksam - wie hier im Jahr 2020 in der Würzburger Innenstadt.
Foto: Daniel Peter | Klimaaktivismus ist auch in Würzburg und der Region angekommen. Verschiedene Bewegungen machen mit Aktionen auf den Klimawandel aufmerksam - wie hier im Jahr 2020 in der Würzburger Innenstadt.
Gina Thiel
 |  aktualisiert: 15.07.2024 16:09 Uhr

Sie legen den Verkehr lahm, beschmieren Kunstwerke mit Tomatensoße oder demonstrieren friedlich mit Plakaten auf Marktplätzen. Kaum eine Woche vergeht, in der in den Medien nicht von Demonstrationen und Blockaden im Zeichen des Klimawandels berichtet wird. Einige Gruppen sind gesellschaftlich stark umstritten, andere werden zu Unrecht mit in den Topf der Aktivistinnen und Aktivisten geworfen.

Was oft vergessen wird: Die einzelnen Bewegungen unterscheiden sich teilweise stark in ihren Forderungen, der Form ihres Protestes und der Art ihrer Mitglieder. Diese Redaktion hat mit Mitgliedern der Klimabewegungen gesprochen, die in den vergangenen Monaten und Jahren in der Region aktiv waren.

1. Fridays for Future: Jugendbewegung mit ausschließlich friedlichem Protest

Fridays for Future ist eine junge Bewegung, die nach eigenen Angaben nur massentauglichen Protest macht.
Foto: Silvia Gralla | Fridays for Future ist eine junge Bewegung, die nach eigenen Angaben nur massentauglichen Protest macht.
Das steckt hinter der "Fridays for Future"-Bewegung:

Fridays for Future ist ein im Jahr 2018 gegründeter Zusammenschluss aus Schülerinnen, Schülern und jungen Menschen, die freitags für das Klima demonstrieren. Die Jugend- und Protestbewegung ist ein Teil der weltweiten Klimabewegung. Ins Leben gerufen wurde die Bewegung von der Schwedin Greta Thunberg. Der Protest war von Beginn an auch in Deutschland begleitet von der Kritik, dass die Schülerinnen und Schüler mit den Freitagsstreiks ihre Schulpflicht verletzten. Gerichtlich wurde dazu noch kein Urteil gefällt.

Das will "Fridays for Future" erreichen:

"Unsere Hauptforderung ist die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens", erklärt Cora Völker, Mitglied der Ortsgruppe in Kitzingen. Gemeint ist damit die Vereinbarung der UN-Klimakonferenz aus dem Jahr 2015, die in Paris stattfand. Dort einigten sich 180 Staaten, darunter auch Deutschland darauf, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf 1,5 Grad zu beschränken. Zusätzlich dazu fordert Fridays for Future unter anderen auch den Kohleausstieg bis 2030 und die hundertprozentige Energieversorgung mit erneuerbaren Energien bis 2035.

Das sind die Mitglieder von "Fridays for Future":

"Fridays for Future ist mehr als nur Schülerinnen und Schüler, die auf die Straße gehen", erklärt Völker. "Auch damals waren schon Eltern, Azubis oder Studierende Teil der Bewegung."  Mittlerweile haben sich aus der Bewegung auch Einzelorganisationen wie "Parents for Future" oder "Scientists for Future" gebildet. Diese seien jedoch "abgekapselt von der Fridays-Bewegung", arbeiten aber dennoch eng zusammen. Für Großdemonstrationen, wie den globalen Klimastreik am 15. September, schließen sich die Gruppen zusammen.

Form des Protestes:

"Wir machen nur massentauglichen Protest", versichert Völker. Die wichtigste Regel dabei sei, dass dieser friedlich sein muss. Völker erklärt, dass manche Ortsgruppen auch Sitzblockaden durchführen. Dies gelte jedoch nicht für alle Gruppen. Die Jugendbewegung ist in den vergangenen Jahren vor allem mit großen Massendemonstrationen aufgefallen. 

Aktionen der Bewegung in der Region:
  • Organisation der globalen Klimastreiks in der Region 
  • Protestmärsche in verschiedenen unterfränkischen Städten zur Räumung Lützeraths
  • Klima-Protest-Camp in Würzburg

2. End Fossil Occupy: Besetzung von Universitäten und Hochschulen für das Klima

Auch in Würzburg hat die Gruppe im Mai 2023 die Universität besetzt.
Foto: Silvia Gralla | Auch in Würzburg hat die Gruppe im Mai 2023 die Universität besetzt.
Das steckt hinter der "end fossil occupy":

Die Bewegung ist vor allem durch die Besetzung von Hochschulen, Schulen und anderen Lehranstalten in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Zwar stört und unterbricht die Bewegung damit den Lehrbetrieb, ersetzt diesen jedoch nicht selten durch eigene Seminare, Podiumsdiskussionen oder Aufklärungskampagnen zum Thema Klimagerechtigkeit. "End fossil occupy" sind Teil der Klimabewegung und machen sich für soziale Gerechtigkeit stark.

"Wir schlagen nicht zurück, wir beleidigen nicht zurück, wir sind friedlich und kommunizieren deeskalierend"
Sarah Drignat - "Letzte Generation"
Das will "end fossil occupy" erreichen:

Die Bewegung fordert die Vergesellschaftung der Energieproduktion, wie zum Beispiel das Enteignen des Konzerns RWE. Damit will die Bewegung ein Ende der fossilen Industrie erreichen. Außerdem will die Bewegung einen Schuldenschnitt für die Länder im Globalen Süden. Dies könne beispielsweise durch den Erlass von Schulden, Schadensersatzzahlungen oder Klimafinanzierung passieren.

Das sind die Mitglieder:

Teil der Bewegung sind besonders junge Menschen. "End fossil occupy" besteht aus Schülerinnen, Schülern und Studierenden.

Formen des Protestes:

Die Gruppe führt ausschließlich friedlichen und gewaltfreien Protest durch. Die Hauptform des Protestes ist das Besetzen von Universitäten oder einzelnen Teilen davon.

Aktionen von "end fossil occupy" in der Region:

3. Extinction Rebellion: weltweite Gruppe, die zu zivilen Ungehorsam aufruft

Mitglieder der Gruppe 'Extinction Rebellion' sind zuletzt in München aufgefallen, als sie sich vor der IAA von einer Brücke abgeseilt haben.
Foto: Christoph Schmidt, dpa | Mitglieder der Gruppe "Extinction Rebellion" sind zuletzt in München aufgefallen, als sie sich vor der IAA von einer Brücke abgeseilt haben.
Das steckt hinter "Extinction Rebellion":

Zum ersten Mal aktiv wurde die Gruppe 2018 in Großbritannien. Inzwischen agiert sie weltweit und ist ein Teil der Klimabewegung, erklärt Pressesprecher Florian Zander. "Extinction Rebellion" bestehe aktuell in Deutschland aus rund 50 einzelnen Ortsgruppen. Der Gruppe ist es wichtig, auf den Klimanotstand aufmerksam zu machen, sich für die Umwelt einzusetzen und die Demokratie zu stärken.

Das will "Extinction Rebellion" erreichen:

"Wir wollen auf das Artensterben aufmerksam machen. Das rückt oft in den Hintergrund", sagt Zander. Die Bewegung fordert, dass die Bundesregierung Maßnahmen ergreift, um die Biodiversitäts- und die Klimakatastrophe aufzuhalten. In dem Zusammenhang wird auch das Einrichten von Bürgerräten gefordert, um die Bevölkerung mit in den Kampf gegen die Klimakrise einzubeziehen. "Das oberste Ziel ist es, unseren Planeten für alle Arten und kommenden Generationen zu erhalten", erklärt Zander.

Das sind die Mitglieder:

Die Gruppe ist offen für alle Menschen und hat Mitglieder im Alter zwischen 18 und 80 Jahren, sagt Zander. Bei "Extinction Rebellion" gibt es spezifischere Gruppen, wie "Scientists Rebellion" oder "Mothers Rebellion", die sich aber ausdrücklich als Teil der Gruppe verstehen. "Wir zeigen uns auch solidarisch mit Fridays for Future und der Letzten Generation", betont Zander. Mit letzterer schließe sich die Gruppe nicht selten für Protestaktionen zusammen. 

Form des Protestes:

Bei ihrem Protest ruft die Gruppe zu zivilem Ungehorsam auf und rechtfertigt diesen mit der Dringlichkeit, die Zukunft des Planeten zu retten. "Die Grenzüberschreitung ist eigentlich minimal im Vergleich dazu, was uns erwartet, wenn wir nicht gegen den Klimawandel aktiv werden", macht Zander deutlich. Dennoch sei der Protest immer gewaltfrei, bunt und oft auch mit einer gewissen Ironie versehen, "um die Menschen zum Nachdenken anzuregen".

Aktionen der Gruppe in der Region:
  • Demonstration zur Schließung des Unverpacktladens in Würzburg
  • Fahrrad-Protest-Tour gegen den Danone-Konzern von Würzburg nach Ochsenfurt
  • bunte Plakataktionen entlang der Straßenbahnlinie am Berliner Ring
  • Zusammenschluss mit anderen Klimabewegungen bei großen Protestaktionen

4. Letzte Generation: agiert deutschlandweit ohne feste Ortsgruppen

Rund 60 Menschen des Bündnisses „Letzte Generation“ nahmen im Juni an einem Protestmarsch vom Röntgenring über die Friedensbrücke in Würzburg teil.
Foto: Patty Varasano | Rund 60 Menschen des Bündnisses „Letzte Generation“ nahmen im Juni an einem Protestmarsch vom Röntgenring über die Friedensbrücke in Würzburg teil.
Das steckt hinter der "Letzten Generation":

"Wir alle sind die letzte Generation, die noch etwas tun kann, um die Klimakipppunkte aufzuhalten", erklärt Sarah Drignat, Mitglied aus Würzburg, den Namen. Denn wenn die von der Wissenschaft festgelegten Kipppunkte erst einmal überschritten worden seien, könne der Mensch nichts mehr tun, um den Klimawandel aufzuhalten. Die Letzte Generation versteht sich nicht als Gruppe oder Bewegung, sondern als Kampagne. Drignat erklärt: "Wir würden sofort aufhören mit den Aktionen, wenn die Bundesregierung zeigt, dass sie wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel durchsetzt."

Das will die "Letzte Generation" erreichen:

"Wir wollen, dass Deutschland bis 2030 aus der fossilen Energieversorgung aussteigt", so Drignat. Dabei sei es wichtig, dass dies sozial gerecht passiere und einkommensschwache Teile der Bevölkerung durch die Klimamaßnahmen nicht benachteiligt würden. Außerdem fordert die "Letzte Generation", dass auf allen Autobahnen ein Tempolimit von 100 Kilometer pro Stunde eingeführt wird und das Deutschlandticket auf neun Euro verbilligt wird.

Das sind die Mitglieder der "Letzten Generation":

Die "Letzte Generation" ist bemüht, ein möglichst breites Bevölkerungsspektrum abzubilden, damit sich möglichst viele Personen mit der Kampagne identifizieren und sich ihr anschließen, erklärt Drignat. "Die jüngsten unter uns sind zwölf Jahre, die ältesten circa 80." Bei der "Letzten Generation" gibt es keine Ortsgruppen oder Splittergruppen. Die Kampagne ist deutschlandweit aktiv.

Form des Protestes:

Die "Letzte Generation" ruft zu zivilem Ungehorsam auf, bleibt in ihrem Protest jedoch immer gewaltfrei. "Wir schlagen nicht zurück, wir beleidigen nicht zurück, wir sind friedlich und kommunizieren deeskalierend", fasst Drignat zusammen. Zwar würde die "Letzte Generation" nicht davor zurückschrecken, Ordnungswidrigkeiten zu begehen, respektiere dennoch das deutsche Rechtssystem. "Wir würden niemals vor der Polizei weglaufen", so das Mitglied.

Das waren Aktionen der "Letzten Generation" in der Region:
 
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Kommentare
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  • Steffen Cyran
    Diese Gruppierungen haben sich von vorneherein für jeglichen Diskurs disqualifiziert. Denn sie haben ein wesentliches Merkmal der freiheitlichen Demokratie nicht verstanden: der Zweck heiligt eben NICHT die Mittel
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  • Steffen Cyran
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  • Gerhard Duczek
    Die haben alles etwas gemeinsam, sie haben alle keine Ahnung von was Sie reden.
    Fragt man nach Zahlen, Daten, Fakten kommt nichts, widerlegt man Ihre unsinnigen Aktionen mit Zahlen, Daten,Fakten kommt auch nichts.
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  • Helga Scherendorn
    klimaaktivistischen Bewegungen?! Wenn ich als Grüne Mist baue bin in Aktivistin, wenn ich andere Meinung habe und dies zum Ausdruck bringe bin ich Extremistisch?
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  • Manfred Englert
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