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Würzburg/Schweinfurt/Lohr
Energiekrise, Corona, Personalnot: Bayerns Krankenhäuser in Gefahr - drohen auch in Unterfranken Insolvenzen?
Laut Krankenhausgesellschaft stecken bayernweit Kliniken in finanziellen Schwierigkeiten. Wie ist die Lage in der Region und was heißt das für die Patientenversorgung?
Die Energiekrise und stark steigende Preise machen vielen Krankenhäusern derzeit zu schaffen (Symbolbild).
Foto: Julian Stratenschulte, dpa | Die Energiekrise und stark steigende Preise machen vielen Krankenhäusern derzeit zu schaffen (Symbolbild).
Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:16 Uhr

Erst Corona und Personalengpässe, jetzt Inflation und Energiekrise: Bundesweit geraten immer mehr Kliniken in finanzielle Schwierigkeiten. Die bayerische Krankenhausgesellschaft warnt vor einem Kliniksterben und dem Zusammenbruch der stationären Versorgung – und fordert dringend einen Inflationsausgleich. In Unterfranken stößt das auf breite Zustimmung. Wie aber stehen die Kliniken der Region wirtschaftlich da? Droht manchen Häusern die Insolvenz? Und welche Folgen hat die Krise konkret für die Versorgung der Patientinnen und Patienten? 

In vielen unterfränkischen Krankenhäusern ist die finanzielle Lage bereits vor Beginn der Wintermonate extrem angespannt, ergibt eine stichprobenartige Umfrage dieser Redaktion. Steigende Energie- und Materialkosten machen den Kliniken zu schaffen, teils werden hohe Verluste befürchtet. Die Politik, so heißt es unisono, müsse jetzt handeln – dringend.

Uniklinikum Würzburg, Maximalversorger, mehr als 1400 Planbetten

An der Würzburger Uniklinik rechnet man für das nächste Jahr mit 800 Prozent höheren Kosten für Gas und 400 Prozent höheren Ausgaben für Strom.
Foto: Archivbild: Daniel Peter | An der Würzburger Uniklinik rechnet man für das nächste Jahr mit 800 Prozent höheren Kosten für Gas und 400 Prozent höheren Ausgaben für Strom.

Am Uniklinikum Würzburg erwartet der Vorstand einen herausfordernden Herbst und Winter: "Wir rechnen in den kälteren Monaten mit einer Zunahme von ungeplanten Krankenbehandlungen und hohen Krankenständen bei unseren Beschäftigten", heißt es auf Anfrage. Hinzu komme ein extremer Anstieg bei Material- und Energiekosten. Konkret stelle man sich für das nächste Jahr auf 800 Prozent höhere Kosten für Gas und 400 Prozent höhere Ausgaben für Strom ein.

Problematisch sei, dass diese Preissteigerungen nicht im Vergütungssystem für die Krankenversorgung abgebildet würden. "Ohne Gegenmaßnahmen wird sich die Lage für einige Häuser dramatisch darstellen." Der von der Krankenhausgesellschaft geforderte Inflationsausgleich sei daher unverzichtbar.

Gleichzeitig versuche man am Uniklinikum, Energie zu sparen, zum Beispiel durch LEDs, abgesenkte Raumtemperaturen in Verwaltungsbereichen oder einen reduzierten Leitungsdruck. Zudem würden sowohl bei Neubauten als auch bei bestehenden Gebäuden der Einsatz von Photovoltaik oder Solarthermie geprüft. Am Ende aber sei Energiesparen nicht einfach in einem "Rund-um-die-Uhr-Betrieb mit zahlreichen Vorgaben, Hygieneaspekten und Sicherheitsmaßnahmen".

Krankenhaus Markt Werneck, 40 Betten

Verluste im sechs- bis siebenstelligen Bereich fürchtet Vorstand Wolfhard Walde für das Krankenhaus Markt Werneck (Lkr. Schweinfurt)  in diesem Jahr.
Foto: Silvia Gralla | Verluste im sechs- bis siebenstelligen Bereich fürchtet Vorstand Wolfhard Walde für das Krankenhaus Markt Werneck (Lkr. Schweinfurt)  in diesem Jahr.

"Wir werden dieses Jahr Verluste im sechs- bis siebenstelligen Bereich erwirtschaften", sagt Wolfhard Walde, Vorstand des Krankenhauses Markt Werneck (Lkr. Schweinfurt). Grund für die düstere Prognose seien vor allem die steigenden Energiekosten und Preissteigerungen des medizinischen Bedarfs.

Ein Beispiel: Allein die Sachkosten würden im Krankenhaus mehr als ein Drittel der Betriebskosten ausmachen und seien im medizinischen Bedarf "um minimal acht Prozent gestiegen", so Walde. Auch die Energiekosten würden sich in dem Kommunalunternehmen je nach Szenario vervielfachen – von bisher rund zwei Prozent könnten sie auf acht Prozent des Umsatzes steigen.

Generell sei somit im Winter "eine Leistungserbringung nicht mehr ansatzweise kostendeckend durchzuführen", fürchtet Walde. "Uns schützt im Moment nur die Tatsache, dass wir als Krankenhaus als Anstalt öffentlichen Rechts den Anspruch auf Verlustausgleich durch die Trägergemeinde haben." Allerdings werde sich diese "einen so stark defizitären Betrieb" nicht lange leisten können.

Man habe vorgesorgt und Heizöl-Vorräte angeschafft, das reiche aber nur "für etwa zehn Tage", sagt Walde. Sollte es wirklich eng werden, "sehen die Katastrophenszenarien die Einstellung des elektiven OP-Betriebs vor". Wie realistisch aber ist das? "Die Pandemie hat uns gelehrt, mögliche Szenarien zumindest gedanklich durchzuspielen", sagt Walde. Die Forderungen der Krankenhausgesellschaft nach einem Inflationsausgleich seien vor diesem Hintergrund richtig – reichen aus seiner Sicht jedoch nicht aus.

Leopoldina-Krankenhaus Schweinfurt, mehr als 700 Planbetten

Versorgungsengpässe erwartet man am Leopoldina-Krankenhaus in Schweinfurt nicht, allerdings musste laut Geschäftsführer Jürgen Winter bereits auf eine Unterstützung des Trägers zurückgegriffen werden.
Foto: Archivbild: Anand Anders | Versorgungsengpässe erwartet man am Leopoldina-Krankenhaus in Schweinfurt nicht, allerdings musste laut Geschäftsführer Jürgen Winter bereits auf eine Unterstützung des Trägers zurückgegriffen werden.

Im Leopoldina-Krankenhaus in Schweinfurt seien die Behandlungszahlen im dritten Jahr nach Ausbruch der Corona-Pandemie noch immer "um mehr als 15 Prozent niedriger als vor der Krise", sagt Geschäftsführer Jürgen Winter. Ausgleichszahlungen hätten zwar geholfen, seien aber jetzt zu Ende. So werde das Krankenhaus zwar 2022 "im besten Fall" noch mit einem ausgeglichenen operativen Jahresergebnis abschließen – für 2023 aber sehe es "leider schlecht aus".

Zu schaffen machen dem Krankenhaus stark steigende Materialkosten etwa für Arznei- oder Lebensmittel sowie erste Erhöhungen des Gaspreises. "Im Bereich Energie rechnen wir im Jahr 2023 mit mehr als fünf Millionen Euro Mehrkosten alleine für die Gasversorgung und erwarten in Summe auch ein Defizit in dieser Größenordnung", sagt Winter. Die Liquiditätslage sei seit einigen Monaten stark angespannt. Man habe deshalb bereits auf eine Unterstützung des Trägers zurückgreifen müssen.

Um Betriebskosten zu sparen gebe es eine Energiesparkampagne, man habe den Energieeinkauf optimiert und prüfe Sparmaßnahmen. Zulasten der Patienten und Mitarbeiter dürfe das jedoch nicht gehen, so der Geschäftsführer.

Da Krankenhäuser zur kritischen Infrastruktur gehören, rechnet Winter auch nicht mit einem faktischen Versorgungsengpass. "Die Patienten müssen sich also keine Sorgen machen." Aufgrund der angespannten Liquidität werde man "aber wahrscheinlich weiter auf Unterstützung durch den Träger und womöglich auch den Kreditmarkt angewiesen sein".

Von der Politik seien deshalb Entlastungspakete für die Krankenhäuser dringend nötig, sagt Winter. Schließlich übe auch die Corona-Pandemie nach wie vor Druck auf die Kliniken aus. Und: "Aus unserer Sicht wird das Thema Finanzierung von Vorhaltekosten zukünftig eine größere Rolle in der Krankenhausfinanzierung spielen müssen".

Klinikum Würzburg Mitte, Standorte Missioklinik und Juliusspital, 675 Planbetten

Betriebskosten einzusparen fällt in Krankenhäusern schwer. Auch am Klinikum Würzburg Mitte blickt man deshalb mit Sorge auf die nächsten Monate.
Foto: Archivbild: Silvia Gralla | Betriebskosten einzusparen fällt in Krankenhäusern schwer. Auch am Klinikum Würzburg Mitte blickt man deshalb mit Sorge auf die nächsten Monate.

In der Regel schreibe das Klinikum Würzburg Mitte (KWM) keine Verluste – 2022 gelte das aber "voraussichtlich nicht mehr", sagt Geschäftsführer Dominik Landeck. "Die Kostenentwicklungen können aus dem Regelbetrieb einer Klinik nicht aufgefangen werden."

So hätten sich beispielsweise in diesem Juli allein die Stromkosten des Klinikums im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht. "Durch solche Entwicklungen ist die Liquidität massiv belastet", so Landeck. Der Betrieb sei jedoch durch "Liquiditätssteuerung und flexible Unterstützung unserer Gesellschafter" gesichert.

Trotzdem fürchte man im Winter weitere Kostensteigerungen und "große Probleme bei unseren Lieferanten", etwa wenn es um Lebensmittel oder Wäsche geht. Allgemein ließen sich Betriebskosten kurzfristig "kaum bis gar nicht" einsparen, sagt Landeck. Und "in Zeiten von Personalmangel Personal auszustellen, würde dem Krankenhaus mehr schaden als nutzen".

Um die Versorgung der Bevölkerung aufrecht erhalten zu können, sei deshalb ein finanzieller Ausgleich von staatlicher Seite nötig. "Einsparungen könnten ansonsten nur durch das Schließen von Stationen oder Leistungsbereichen erreicht werden. Dies kann niemand wollen."

Krankenhaus St. Josef Schweinfurt, 272 Betten

Das Krankenhaus St. Josef in Schweinfurt ist laut Krankenhausdirektor Norbert Jäger im Hinblick auf die Liquidität aktuell auf seinen Träger angewiesen.
Foto: Archivbild: Anand Anders | Das Krankenhaus St. Josef in Schweinfurt ist laut Krankenhausdirektor Norbert Jäger im Hinblick auf die Liquidität aktuell auf seinen Träger angewiesen.

Die wirtschaftliche Lage im Krankenhaus St. Josef in Schweinfurt ist laut Krankenhausdirektor Norbert Jäger "angespannt". Betriebskosten seien um etwa zehn Prozent gestiegen, Ausgleichszahlungen aus den Vorjahren kämen nur verzögert an. "Die Situation ist aktuell äußerst herausfordernd", sagt Jäger. "Im Hinblick auf unsere Liquidität sind wir aktuell auf unseren Träger, die Kongregation der Schwestern des Erlösers, angewiesen."

Dennoch sieht der Direktor die Versorgung nicht in Gefahr, das St. Josef-Krankenhaus habe langfristige Verträge mit "soliden Energieversorgern" abgeschlossen. Zugleich versuche man ressourcensparend und nachhaltig zu arbeiten und den Stromverbrauch zu senken, beispielsweise durch die Erneuerung des Blockheizkraftwerkes, eine Photovoltaikanlage, LED-Beleuchtung und Bewegungsschalter. Allerdings seien in einem Krankenhaus Einsparungen immer nur "bis zu einem gewissen Grad möglich", sagt Jäger, "da das Patientenwohl im Vordergrund steht".

Kurzfristig sei die Versorgung der Patientinnen und Patienten sichergestellt. "Mittel- und langfristig funktioniert das aber nur, wenn die Vergütungsregelungen angepasst werden, zum Beispiel durch Zuschläge", so Jäger. Nötig sei ein Inflationsausgleich, denn Krankenhäuser könnten steigende Kosten nicht direkt an die Kostenträger wie Krankenkassen weitergeben.

Klinikum Main-Spessart, 220 Akut- und Geriatriebetten

Das Klinikum Main-Spessart rechnet bereits für das aktuelle Wirtschaftsjahr mit einem Defizit von mehreren Millionen Euro.
Foto: Archivbild: Silvia Gralla | Das Klinikum Main-Spessart rechnet bereits für das aktuelle Wirtschaftsjahr mit einem Defizit von mehreren Millionen Euro.

"Auch wir spüren zusätzlich zur andauernden Belastung durch die Covid-19-Pandemie die Inflation und Kostenexplosion stark", sagt Anja Hildenbrand, Sprecherin des Klinikums Main-Spessart in Lohr (Lkr. Main-Spessart). Und das werde sich "voraussichtlich noch verschärfen".

Für das Wirtschaftsjahr 2023 rechnet das Klinikum mit einer Erhöhung der Energiekosten um 150 Prozent, bei Lebensmitteln um 40 Prozent und im pflegerischen Bedarf um 20 Prozent. Betriebskosten könnten nur begrenzt eingespart werden, da die Patientenbehandlung gesichert sein müsse. Außerdem müssten Vorgaben beispielsweise zur Helligkeit in Arbeitsbereichen eingehalten werden, sagt die Kliniksprecherin. Um dennoch zu sparen, habe man die "Heizkurven optimiert", sprich die Heizperiode nach hinten verschoben und die Beleuchtung auf LED umgestellt.

Generell blicke man "mit Sorge auf die weitere Entwicklung", so Hildenbrand. Bereits für das aktuelle Wirtschaftsjahr rechnet das Klinikum mit einem Defizit von mehreren Millionen Euro. Verschärft werde die Situation durch hohe Krankenstände und Quarantäne-Maßnahmen.

"Das Klinikum Main-Spessart kommt wie viele andere Krankenhäuser zunehmend an seine wirtschaftliche Belastungsgrenze", sagt Hildenbrand. Ohne finanzielle Unterstützungen sei "völlig offen, ob der Versorgungsauftrag aus wirtschaftlichen Gründen eingeschränkt werden muss". Für Patienten könnte das "konkret bedeuten, dass elektive, also geplante Eingriffe, verschoben oder abgesagt werden müssten".

 
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  • hemak
    Wenn die cChefärzte mal weniger Gehalt bekämen, die Klinikvorstände und die Klinikleitungsbereiche.....wie zum Beispiel Geschäftsführung...wäre genug Geld da. Da fließen Gelder, die jeder Realität trotzen. Das ist wie in der Politik. Deshalb ist das alles für mich, Jammern auf hohem Niveau.
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  • e.max.s@t-online.de
    Irgendwie passt das nicht zusammen.
    Sie schreiben im Artikel:

    ... Konkret stelle man sich für das nächste Jahr auf 800 Prozent höhere Kosten für Gas und 400 Prozent höhere Ausgaben für Strom ein.
    ...

    Und verweisen auf diesen Artikel:

    https://www.mainpost.de/regional/wuerzburg/gasumlage-was-sie-den-wuerzburgerinnen-und-wuerzburgern-kostet-art-10893095

    Hier ist dann aber von 80% die Rede, das wäre 1/10 davon.

    Wieso sollte ein Krankenhaus das 10-fache wie ein Privathaushalt zahlen müssen?
    Meiner Meinung nach stimmen beide Zahlen nicht.
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