Es war ein Paukenschlag, der auch eine Woche später noch die Stadtverwaltung erschüttert. Der Gesamtpersonalratsvorsitzende Christof Klingler erteilte in der Stadtratssitzung am 25. Januar Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) und Personalamtsleiter Armin Seebauer eine glatte Sechs für ihr Personalmanagement. Ein Urteil, das die Schweinfurter Verwaltung nachhaltig aufwühlte.
Und eines, das den Oberbürgermeister und seinen Personalchef nach Recherchen dieser Redaktion massiv ärgerte. Wörtlich sagte Klingler im Stadtrat: "Wenn der Personalrat ein Qualitätssiegel vergeben würde, würde es beim Thema Personalsachstand ungenügend lauten, beim Thema Personalentwicklung mangelhaft und insgesamt durchgefallen." Erkennbar ist die Verärgerung an einer internen Verwaltungsmitteilung, die der OB am 31. Januar an alle 1154 Mitarbeitenden in der Rathaus-Verwaltung schickte.
In dem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, kritisiert der OB den Gesamtpersonalratsvorsitzenden deutlich. Dieser habe das "Miteinander und das gegenseitige Vertrauen (...) massiv beschädigt". Er gehe davon aus, "dass dieses Verhalten die zukünftige Zusammenarbeit zwischen dem Personalrat und mir bzw. dem Personal-und Organisationsamt deutlich erschwert und belastet", so Sebastian Remelé.
Er sei von "Form und Heftigkeit der Vorwürfe" überrascht und habe bezüglich der bisherigen Zusammenarbeit die eigene Wahrnehmung, dass man "auf einem guten Weg zu einer gemeinsamen Lösung" gewesen sei. Der OB wirft Klingler vor, dessen Aussagen hätten den Ruf der Stadt als Arbeitgeber geschädigt und würden es erschweren, in Zukunft qualifiziertes Personal zu finden. Er sehe sich "in der Verantwortung, den entstandenen Schaden zu minimieren, um eine tragfähige Zukunftsperspektive zu finden".
Auf Nachfrage der Redaktion betont der OB, ihm sei die Belastung der Mitarbeitenden vor allem durch die Corona-Pandemie sehr bewusst. Er sei "stolz und dankbar" für den "überdurchschnittlichen Einsatz" der vergangenen zwei Jahre. Es sei "verständlich und nachvollziehbar", dass man an Belastungsgrenzen gestoßen sei und das Auswirkungen auf die Stimmung habe.
"Unstreitig stellt das Personal unsere wichtigste Ressource dar", so Remelé, der in den kommenden Wochen mit allen Amtsleitern sprechen möchte, "um auf diese Weise in die Verwaltung hinein zu hören." Es habe ein Gespräch mit dem Vorstand des Personalrats gegeben, auch ein weiteres Vier-Augen-Gespräch mit Christof Klingler sei geplant.
Das interne Schreiben stieß beim Gesamtpersonalrat nach Informationen dieser Redaktion auf große Irritation. Klingler betonte bereits im Stadtrat, er halte die Stadtverwaltung grundsätzlich für "einen guten Arbeitgeber". Er sei von den Räten um eine Stellungnahme zum Vortrag des Personalamtsleiters gebeten worden. Es sei "ein Weckruf, ein Wachrütteln, dass es so nicht weitergeht" gewesen.
Probleme habe der Personalrat immer wieder angesprochen. Dabei geht es um Wertschätzung, um Führungsthemen, um Ausbildung, aber auch um Themen wie ÖPNV-Zuschüsse oder Dienstrad-Leasing, um Büroausstattung oder die Tatsache, dass Mitarbeitende im Home Office während der Pandemie ihren eigenen Computer nutzen mussten, weil die Stadt für sie keine oder zu wenige Laptops zur Verfügung stellte. Klingler betont die Hoffnung auf beidseitige Gesprächsbereitschaft und gemeinsame Lösungen im Sinne der Mitarbeitenden. Man brauche aber Taten und keine Worthülsen.
Von Seiten des Oberbürgermeisters gibt es ebenso Gesprächsbereitschaft, wie er gegenüber dieser Redaktion betonte: "Der Imageschaden ist eingetreten und muss jetzt so schnell wie möglich wieder repariert werden. Für diese gemeinsame Aufgabe bleibt meine Hand ausgestreckt. Die ersten vom Gesamtpersonalratsvorsitzenden ausgesandten Signale bestärken mich in der Annahme, dass eine konstruktive, sachliche Zusammenarbeit zum Wohle des Arbeitgebers Stadt Schweinfurt, getragen von gegenseitiger Loyalität, möglich ist."
Sebastian Remelé erklärt, die von Klingler angesprochenen Sachthemen seien bekannt und würden bearbeitet oder seien schon gelöst, zum Beispiel mobiles Arbeiten, Dienstrad-Leasing oder Zuschuss zum Jobticket, das für alle drei Tarifzonen der Stadtwerke gewährt werde.
CSU-Fraktion nimmt die Aussagen der Personalvertretung sehr ernst
Die Einschätzung über die Gründe für die Vorwürfe und die Situation in der Verwaltung durch die im Stadtrat vertretenen Fraktionen ist eine grundsätzlich andere als die des Oberbürgermeisters – auch und gerade innerhalb der schwarz-grünen Koalition.
Am Montag nahm der OB an der CSU-Fraktionssitzung teil, zuvor gab es zahlreiche vertrauliche Gespräche. In der Fraktionssitzung wurde ein Antrag des Fraktionsvorsitzenden Stefan Funk sowie von Klaus Rehberger und Stefanie Stockinger-von Lackum auf den Weg gebracht, in dem eine weitere ausführliche Diskussion im Stadtrat zum Thema Personal gefordert wird.
Armin Seebauer solle die Themen ÖPNV-Ticket und Dienstrad-Leasing vorstellen. Darüber hinaus sollen die Organisationsgutachten für das Personalamt, das Büro des Oberbürgermeisters, das Amt für Sport und Schulen und das Liegenschaftsamt mit Stiftungen vorangetrieben werden. Gegen die Forderung der CSU, ein Organisationsgutachten für die gesamte Verwaltung zu erstellen, wehren sich Oberbürgermeister und Personalamtsleiter – sie halten es vor allem aus Kostengründen für unnötig.
Stefan Funk betont auf Nachfrage, es sei "wichtig, beide Seiten zu hören." Die Verwaltung habe im Stadtrat ihre Sicht erläutert, Klingler die des Personals. Die entscheidende Frage sei, was die Stadt tue, um ein "guter Arbeitgeber zu sein und für sich zu begeistern."
Grüne wollen zu einigen Personalrats-Kritikpunkten rasch Stadtratsentscheidungen herbeiführen
Als „Weckruf“ versteht die Grünen-Fraktion den Vortrag Klinglers, wie es in einer Mitteilung heißt. „Wenn sich ein Belegschaftsvertreter öffentlich derart positioniert, müssen wir das sehr ernst nehmen“, so Fraktionssprecherin Barbara Mantel. Deshalb möchte man den Problemen rasch auf den Grund gehen und Lösungen suchen, "um ein gutes Arbeitsklima sicherzustellen und den Arbeitgeber Stadt Schweinfurt zu stärken."
"Harte" Themen wie ÖPNV-Ticket, Dienstrad-Leasing oder mobiles Arbeiten möchte Fraktionssprecher Holger Laschka schnell per Stadtratsbeschluss lösen. Die dritte Bürgermeisterin Ayfer Rethschulte spreche intern mit Mitarbeitern: „Wenn sich Unzufriedenheit ausbreitet und zum dominierenden Gesprächsthema in Kollegenkreisen wird, hat der Arbeitgeber ein Problem und muss sich hiermit auseinandersetzen.“
Reginhard von Hirschhausen sieht die Corona-Pandemie als eine Mitursache für ein sich verschlechterndes Arbeitsklima: „Wir glauben, dass es überall brodelt. Die frustrierende ständige Zusatzaufgabe ‚Corona‘ bedeutet seit zwei Jahren für die Verwaltung nicht nur Mehrarbeit durch Befolgung der Corona-Auflagen, sondern auch durch die Notwendigkeit, ständig wechselnde Vorgaben ‚von oben‘ möglichst sofort umzusetzen und dafür auch noch von allen Seiten kritisiert zu werden. Deshalb brodelt es hier ebenso wie inzwischen in der gesamten Gesellschaft.“
SPD und Linke fordern, die Sorgen der Mitarbeitenden ernst zu nehmen
SPD-Fraktionsvorsitzender Ralf Hofmann betont: "Man wäre gut beraten, wenn man die Kritik ernst nehmen würde." Das Thema Überlastung und Unzufriedenheit beim Personal sei seit Monaten auf der Agenda, deswegen müsse man "genau zuhören und hellhörig sein". Gemeinsam mit der Linken-Fraktion und anderen Vertretern der Opposition werde man sich am 7. Februar treffen, um zu beraten, wie man weiter vorgehen wolle.
Für Linken-Fraktionschef Frank Firsching ist es "bezeichnend, wenn sich der Gesamtpersonalratsvorsitzende nicht mehr anders zu helfen weiß. Da muss die Verzweiflung groß gewesen sein." Klar ist für ihn, dass es nun Aufgabe des Stadtrates sei, den Mitarbeitenden so schnell wie möglich zu helfen.
Freie-Wähler-Fraktionschef Stefan Labus war über die Äußerungen des Personalrates "erstaunt". Nun sei ein "konkretes Konzept zur Personalführung" der Stadt mit dem Personalrat dringend. Der OB müsse "endlich seine Führungsverantwortung wahrnehmen und alle notwendigen Schritte unternehmen, um ein nachhaltiges Betriebsklima herbeizuführen." Die Freien Wähler wollen "die aktuellen Zustände kritisch hinterfragen", aber auch eine "schnelle und deutliche Verbesserung der Qualität der Personalführung."
AfD sieht "Fehleinschätzungen" der Personalverantwortlichen
AfD-Fraktionsvorsitzender Richard Graupner sieht "Aufklärungsbedarf" durch den OB: "Es ist kaum vorstellbar, dass dies befriedigend gelingen kann. Denn wo Rauch ist, da ist auch Feuer. Unübersehbar ist, dass die Kritik des Personalrats nicht ohne Vorgeschichte daherkommt, sondern lediglich einen vorläufigen Höhepunkt an – zurückhaltend ausgedrückt – Fehleinschätzungen der Personalverantwortlichen darstellt."
Seine Fraktion fordert eine Stellungnahme des OB, eine Analyse der Arbeitsbelastung in der Verwaltung mit Lösungsvorschlägen, sowie eine laufende unabhängige Überwachung interner Vorgänge der Verwaltung. Graupner spricht auch die seit zwei Jahren andauernde Unruhe durch den Skandal um den wegen Untreue verurteilten früheren Theaterleiter an: "Auch, dass eine Aussetzung der Gewährung einer Leistungsprämie für den Theaterleiter, gegen den bereits Ermittlungen liefen, rechtlich nicht möglich gewesen wäre, ist zu bezweifeln. Auffällig ist zudem, dass es regelmäßig Personalien aus Leitungsämtern sind, welche für Negativschlagzeilen sorgen."
Eine Schande so ein OB
Aber diesmal sollte er nicht einfach so davon kommen.
Stehen Sie doch bitte mal zu ihren Fehlentscheidungen, Herr Reméle anstatt anderen jetzt die Schuld zu geben.
Er ist wahrlich kein Bürgermeister und ich hoffe sehr, dass diese öffentliche Debatte, die jetzt losgetreten wurde und schon längst überfällig war, fruchtet.
Sicherlich ist er kein herausragender Bürgermeister der aus der Masse seiner Amtskollegen positiv heraussticht, ihm aber Unfähigkeit zu unterstellen ist auch falsch! Er führt das Amt eben so wie er es als Jurist gelernt hat: Verwalten statt gestalten!
Vielleicht täte er gut daran mit seinem Privatgeld die Hilfe eines Imageberaters in Anspruch zu nehmen und sich vor allem gleichzeitig in Selbstkritik zu üben und sich und sein Verhalten zu hinterfragen.
Durch die Nähe und auch durch die Art und Weise (denn es gehört sich einfach wenn man ernsthaftes Interesse hat, dass man zuerst mit dem Chef darüber spricht!) ist dieser Impuls ein wohlgesetzter erster Pflock um seinen Claim abzustecken!
Zumal möglicherweise sinnvolle Vorschläge der CSU-Fraktion (Organisationsgutachen) die vielleicht Besserung versprechen vom CSU-Bürgermeister abgelehnt werden.
Wenn er es jetzt tun sollte, umso besser.
Aber unser arroganter Remele geht nicht freiwillig, lieber sind die anderen Schuld.
Es fällt halt immer mal ein Satz der weggelächelt wird. Fragen Sie halt mal in der AOK nach was an den Gerüchten dran ist?
Ansonsten bin ich mit der Berichterstattung der MP zu diesem Thema sehr zufrieden. Weiss jetzt was eine" Phillipika" ist.
Hoffe aber auch, daß der Redakteur in Zukunft nicht komplett ins "Alt-Mazedonische" verfällt.
Sonst glotz ich aus Protest nur noch "Bauer sucht Frau".
Ironie aus.
Er sollte Konsequenzen ziehen, ja, er sollte gehen und sich eingestehen, dass er BÜRGER Meister nicht kann.