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Schweinfurt
Kitas in der Krise: Warum es in Schweinfurt immer noch viel zu wenige Kita- und vor allem Krippen-Plätze gibt
Neue Kitas entstehen, andere erweitern – doch unter dem Strich wird es für manche Eltern in Schweinfurt auch 2025 noch schwer sein, einen Platz zu bekommen. Und jetzt?
Wer in Schweinfurt einen Krippenplatz sucht, hat es schwer. Aktuell gibt es für unter Dreijährige keinen einzigen freien Betreuungsplatz.
Foto: Rolf Vennenbernd/dpa | Wer in Schweinfurt einen Krippenplatz sucht, hat es schwer. Aktuell gibt es für unter Dreijährige keinen einzigen freien Betreuungsplatz.
Katja Beringer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:20 Uhr

Mai 2023: Schon jetzt steht fest, dass es im September eng werden könnte. Dann, wenn das neue Kindergartenjahr beginnt. Aktuell stehen laut Stadt 16 Kindergarten- und fünf Hortplätze zur Verfügung, die dann belegt werden können. Das ist nicht viel, aber immerhin mehr als im Krippenbereich. Dort gibt es keine freien Plätze mehr. Wer einen Platz für unter Dreijährige sucht, muss entweder hoffen, dass jemand wegzieht und etwas frei wird, oder auf eine Tagesmutter setzen.

Die Situation ist angespannt. Sozialreferent Jürgen Montag und Thorsten Schubert wollen das nicht schön reden, aber erklären. Denn die Frage drängt sich auf: Warum werden die Plätze auch dann, wenn die neuen Kindertageseinrichtungen stehen, die aktuell gebaut werden, nicht reichen?

Mit der Kita in Bellevue entstehen 101 weitere Krippen, Kita- und Hortplätze; mit der Kita Gartenstraße 74 Krippen- und Kitaplätze; die Kita Maria Hilf schafft zusätzliche zwölf Krippenplätze, ebenso wie die Kreuzkirche. Bis Sommer 2025 sollen diese Pläne umgesetzt werden.

Hat die Stadt am Ende am Bedarf nach Kita- und Krippenplätzen vorbei geplant?

Wie kann es sein, dass auch dann laut Verwaltung rund 120 Plätze fehlen werden, vor allem im Krippenbereich? Hat die Stadt falsch geplant? Offensichtlich, auch wenn Jürgen Montag das so nicht sagen würde. Denn: Die Daten, die das Landesamt für Statistik zur Entwicklung der Geburten- und Kinderzahlen für Schweinfurt lange prognostiziert hat, habe die Entwicklung überholt, verdeutlicht Montag.

Statt zu sinken, ist die Zahl der Kinder, die betreut werden müssen, in Schweinfurt nahezu explodiert.  Hauptgrund, so Montag: eine höhere Geburtenquote als vorhergesagt und vor allem Zuwanderung, auch durch Flüchtlinge. Das sind zum einen Flüchtlinge aus der Ukraine, die teils von der Stadt in der ehemaligen Ledward-Kaserne untergebracht sind, zum großen Teil aber auch privat unterkamen oder selbst eine Wohnung bezogen haben.

Der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund liegt bei 67 Prozent

Zum anderen haben auch andere Flüchtlinge in Schweinfurt ein neues Zuhause gefunden. Und: Seit Januar ist ein Gebäude wieder an die Regierung von Unterfranken vermietet worden – als Übergangswohnheim für Flüchtlinge aus Afghanistan. Für bis zu 150 Personen ist diese Lösung ausgelegt, die das Ankerzentrum in Geldersheim entlastet. Auch diese Menschen haben einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für ihre Kinder.

Den zu finden, ist allerdings schwer bis unmöglich. In Ledward hat die Stadt deshalb eine Kinderbetreuung eingerichtet, übernommen hat sie der Sozialdienst katholischer Frauen Schweinfurt. Doch eigentlich, meint der Jugendamtsleiter, sollen die Menschen integriert werden, ihre Kinder in ganz normale Kitas gehen. Dort liegt der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund bei 67 Prozent und damit etwas höher als bei den Grundschulen (64 Prozent).

Das Thema Personal ist auch in Schweinfurt ein großes: Wie die Stadt helfen will

Für das Personal in den Kitas und Horten ist das eine Herausforderung. Ebenso wie der Umstand, dass man feststelle, dass die Corona-Pandemie Spuren bei Kindern allgemein hinterlassen habe, sagt Jugendamtsleiter Schubert. Es gebe Defizite in der Entwicklung, auch im motorischen Bereich. All das trifft auf eine personell angespannte Situation.

Auch in Schweinfurt ist das Thema Personal eines, das bewegt: Nicht nur die Träger von Kitas und Horten, sondern auch die Stadt Schweinfurt. Die ist zwar Bauträger (Bellevue und Gartenstadt), betreibt aber – anders als viele Städte in Deutschland – keinen Kindergarten selbst. Letztlich muss sie aber daran interessiert sein, dass die Träger der Einrichtungen gut aufgestellt sind. Schließlich besteht der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz ab dem ersten Lebensjahr gegenüber der Kommune.

Was also tun? Aktuell arbeitet die Stadt an einem Konzept, sagt Schubert. Da gehe es beispielsweise darum, wie die Stadt bei der Ausbildung unterstützen könne. In dem Punkt sei es von Vorteil, dass Schweinfurt eine Fachakademie für Sozialpädagogik vor Ort habe – und damit ein höheres Potenzial an künftigen Erzieherinnen und Erziehern. Reichen wird es vermutlich dennoch nicht, schließlich werden immer mehr pädagogische Kräfte gebraucht. Erst recht, wenn ab 2026 schrittweise ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in den Grundschulen kommt.

Weitere Ausbaupläne für Betreuungsplätze, dennoch bleibt eine Lücke

Auch in puncto Kita-, Hort- und Krippenplätze gibt es weitere Ausbaupläne – unter anderem für die AWO-Kita am Bergl oder auch die Kita der Lebenshilfe. Etwa 80 weitere Plätze sollen damit noch dazu kommen. Unterm Strich, so Schubert, "wird es auf eine Erweiterung der bestehenden Kitas herauslaufen müssen". Der Raum, auf dem in der Stadt neue Einrichtungen entstehen könnten, sei begrenzt. Außerdem: Um neue Einrichtungen auf den Weg zu bringen, brauche es fünf bis sechs Jahre.

Was können Eltern tun, die keinen Platz in einer Kita oder Kinderkrippe finden?

Wer sich früh genug gekümmert hat, laut Schubert "ein viertel bis ein halbes Jahr zuvor", dem helfe das Jugendamt, einen Platz zu finden. Entweder über eine Tagesmutter, von denen Schweinfurt neun hat, in Waldkindergärten oder über Notfallplätze in Kitas. Bisher, so Schubert, habe man das immer hingekriegt. Eltern müssten allerdings flexibel sein, etwa in dem Punkt, dass die Kita vielleicht nicht um die Ecke liege und der Platz eventuell erst zum neuen Kita-Jahr im September oder ab dem zweiten Halbjahr verfügbar sei.

Welche Betreuungsangebote gibt es für Kinder in der Stadt Schweinfurt?

Für Kinder unter drei Jahren gibt es in Schweinfurt 389 Betreuungsplätze; für Kinder ab drei Jahren bis zur Einschulung 1842 Plätze; in den Schülerhorten sind es 225.
Angeboten werden sie in 25 Kindergärten, zwei Kinderkrippen und vier Horten. Träger sind neben der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde und den katholischen Kirchenstiftungen das Haus Marienthal (Horte und eine Kinderkrippe), der Montessoriverein Schweinfurt e.V., der Förderverein für Waldorfpädagogik und der AWO Ortsverband Schweinfurt.
Aktuell betreut werden in den Einrichtungen 464 Kinder unter drei Jahren; 1593 Kinder zwischen drei und sechs Jahren und 195 Kinder im Grundschulalter.
Die Quote von Drei- bis Sechsjährigen, die eine Kita besuchen, ist hoch: Sie liegt zwischen 96 und 97 Prozent.
Quelle: Stadt Schweinfurt
 
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  • Frank.Pfeffermann@gmx.de
    Leider finde ich keine konstruktiven Vorschläge, sondern nur pauschale Äußerungen, dass früher alles besser war. Wir leben in einer pluralen Welt; das typische Model "Frau daheim am Herde - Mann arbeitet" ist nicht mehr das einzig Seligmachende. Wir haben den demographischen Wandel zu bewältigen und dafür ist es auch wichtig, dass Männer und Frauen arbeiten können - auch wenn es dem einen oder anderen nicht in sein konservatives Weltbild passt.
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  • Ente29
    Genau. Sind dann die Kinder alt genug, wird ihnen jede Selbständigkeit verwehrt: zur Schule und (gelenkten) Freizeitaktivitäten gefahren, falls doch selbst unterwegs mit Handy und SmartWatch überwacht. Sind Ferien, wird selbstverständlich verreist. Wochenende übernehmen Omas und Opas, die das Enkelkind mal nach Strich und Faden verwöhnen. Die Kinder kennen kein normales (Familien -) Leben mehr! Treppensteigen, Radfahren, Purzelbaum, Tischdecken, Staubsaugen, Schuheputzen, Bettenbeziehen- nie oder selten und spät gesehen, geschweige denn gemacht.
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  • tabima
    Finde den Fehler - immer mehr Kinder, viele mit Migrationshintergrund, treffen auf immer weniger Personal. Kleinkinder sollen, damit Eltern arbeiten können, schon möglichst bald in die Krippe.....
    Viele Kinder auf wenige Erzieher und jeder erwartet dann, dass da perfekt erzogene Menschlein aufwachsen? Wie soll das gehen?
    Die Erziehung, die früher in Elternarbeit stattfand, gibt es kaum noch. Erzieher aus Kita oder Krippe KÖNNEN diese nicht leisten, wie denn auch?
    Was für eine Gesellschaft hier geschaffen wird zeigt sich bereits seit vielen Jahren. Ein - Wir -gibt es kaum noch, viele Kinder kennen ein normales Familienleben nicht mehr. Sind sie daheim, werden sie oft vor dem TV oder am Handy "geparkt", damit sie nicht stören.
    Die Entwicklung geht in die völlig falsche Richtung.
    Was hatten wir da in den 70er und 80er Jahren doch für eine schöne Kindheit. Die meisten kannten Familie und Freizeit fand mit Freunden dann im Freien statt.
    Ich frage mich oft, wo das alles enden soll.....
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