Auf dem fein säuberlich gedeckten Tisch steht eine Schale mit frischem Obst. Vor dem Bett liegt ein kleiner Teppich, in der Ecke steht ein Fernsehgerät und auf der Fensterbank ein kleiner Blumentopf. Olga hat sich ihr Zimmer in der Flüchtlingsunterkunft wohnlich eingerichtet, sogar eine Gardine hat sie am Fenster angebracht.
Die 58-Jährige aus der Ukraine wohnt seit dem 15. März im Gebäude 210 der ehemaligen Ledward Barracks. 119 Geflüchtete sind aktuell hier untergebracht, die Hälfte von ihnen sind Kinder. Auch Tiere gibt es in der Gemeinschaftsunterkunft: drei Hunde, eine Katze und eine Hausratte.
"Es ist eine neue Situation für uns", sagt Oberbürgermeister Sebastian Remelé. Bei der Flüchtlingswelle 2015 hatte die Stadt gemeinsam mit der Regierung von Unterfranken in der ehemaligen US-Kaserne eine Erstaufnahmeeinrichtung betrieben. Damals waren es größtenteils junge Männer aus Syrien und Afghanistan, die hier lebten, jetzt sind es überwiegend Frauen, vor allem Mütter mit Kindern. "Das stellt uns vor eine neue Herausforderung."
Wie die Stadt diese meistert, zeigt der OB gemeinsam mit Sozialreferent Jürgen Montag bei einem Rundgang durch die Gemeinschaftsunterkunft. Seit dem Umzug der Erstaufnahmeeinrichtung (später Anker-Zentrum) 2019 in die Conn-Barracks nach Geldersheim standen die Gebäude leer und waren eigentlich für den Abriss vorgesehen. Jetzt sind sie im Eiltempo als Notunterkunft für die Ukraine-Flüchtlinge wieder reaktiviert worden.
650 Wohnplätze stehen für Ukraine-Flüchtlinge zur Verfügung
Insgesamt stehen 650 Wohnplätze in drei Häusern zur Verfügung. Bislang ist nur Gebäude 210 bewohnt, längst aber nicht voll belegt. "Wir hatten mit mehr Flüchtlingen gerechnet", verweist Sozialreferent Montag auf die zwei weiteren noch leerstehenden Häuser. Gebäude 205 ist vollständig eingerichtet, Gebäude 211 wird bis zum Wochenende bezugsfertig. Hier sind noch Maler und eine Putzkolonne zugange, um die Zimmer nach dem langen Leerstand wieder bewohnbar zu machen.
Apropos Sauberkeit: Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer hatten Kritik geäußert, dass beim Einzug der ersten ukrainischen Flüchtlinge Mitte März ein Teil der Räume im Gebäude 210 sehr dreckig war und umfangreich gereinigt werden musste. OB Remelé legt Wert auf die Feststellung, dass zu diesem Zeitpunkt zwar nicht das ganze Gebäude gereinigt war, aber alle Zimmer, in die Flüchtlinge einquartiert wurden, ausreichend sauber gewesen seien.
Krankenhausküche liefert das Mittagessen
Beim Blick in die Wohngebäude gibt's nichts zu mäkeln. An den Wänden in den Gängen und Fluren hängen liebevoll gemalte Begrüßungsbilder. Informationen auf Hinweisschildern sind in ukrainischer Sprache verfasst. Auf jedem Stockwerk steht den Bewohnern eine Gemeinschaftsküche für die Zubereitung von Zwischenmahlzeiten zur Verfügung. Warmes Essen gibt es mittags im Gebäude schräg gegenüber, der ehemaligen Mensa der US-Army.
Die Verpflegung kommt aus der Krankenhausküche des Leopoldina. Sie liefert täglich ein Vollkostgericht und eine vegetarische Mahlzeit. Um die Essensausgabe kümmert sich die Diakonie, 20 Ehrenamtliche sind täglich im Einsatz. "Personell hätten wir das nicht stemmen können", ist der Geschäftsführer der Leo Service GmbH, Volker Röder, dankbar für diese Unterstützung.
Mittelfristig will die Stadt die Essensverpflegung wieder einstellen und stattdessen weitere Gemeinschaftsküchen in den Unterkunftsgebäuden einrichten, damit sich die Bewohner selbst versorgen können. Das sei möglich, so der OB, wenn Geflüchtete aus der Ukraine ab Juni Anspruch auf Hartz IV und die damit verbundene Arbeitsförderung erhalten. Verglichen mit dem bisherigen Status, bekommen sie damit auch etwas mehr Geld.
Kinderbetreuung soll weiter ausgebaut werden
Ohne die Mithilfe von Ehrenamtlichen wäre vieles für die Stadt nicht so schnell und einfach zu stemmen. Zum Beispiel die Betreuung der ukrainischen Kinder durch den Sozialdienst der katholischen Frauen (SkF) im wieder eröffneten Kinderhaus der früheren Erstaufnahmeeinrichtung. Zuletzt war hier das Corona-Testzentrum einquartiert.
"Vom ehemaligen Kinderhaus war nichts mehr zu sehen", erzählt Vorsitzende Elisabeth Maskos. Gemeinsam mit der Stadt hat der Verein innerhalb vor drei Wochen die kahlen Räume wieder zu einer schönen Kita umgestaltet. Seit 4. April ist sie geöffnet, von Montag bis Freitag, für Kinder von drei bis sechs Jahren.
Eine Pädagogin übernimmt die Koordination und Organisation, unterstützt wird sie von erfahrenem Schulpersonal des SkF und weiteren Helferinnen und Helfern. Als Sprachmittler fungieren bereits geflüchtete ukrainische Frauen. "Das Angebot wird gut angenommen", sagt Maskos. Schon jetzt kommen täglich zwischen 10 und 15 Kinder. Auch Mütter mit Babys und Kleinkindern können kommen. "Wir sind ein offenes Haus."
Die gesamte Einrichtung und Ausstattung wurde nur aus Sachspenden und Hilfsleistungen bestritten. "Die Hilfsbereitschaft war enorm", berichtet Maskos. So haben beispielsweise Schweinfurter Kindergärten Möbel und Spielsachen aus ihren Einrichtungen gespendet. Alles top in Schuss. Auch die Schweinfurter Tafel hilft, sie bringt täglich Obst und Gemüse für die kleine Essenspause vorbei.
Weil das Kinderhaus so gut angenommen wird, will SkF das Angebot weiter ausbauen. Angedacht ist, die Öffnungszeiten zu verlängern und weitere Kinder aufzunehmen. Bedarf besteht auch für einen Mutter-Kind-Treff und eine Schulkindbetreuung sowie einen Sprachkurs mit begleitender Kinderbetreuung.
Thema Sprache: Über 1000 ukrainisch-stämmige Bürgerinnen und Bürger lebten schon vor dem Krieg in Schweinfurt. Das ist von Vorteil. Sie können als Sprachmittler oder Verwaltungsmitarbeiter im Sozial- und Ausländeramt helfen, die ihre Büros ins Gebäude 209 ausgelagert haben, um den Flüchtlingen kurze Wege bei den Formalitäten zu ermöglichen. Die Stadt hat inzwischen zehn neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ukrainischen Wurzeln eingestellt. Sie arbeiten mit bei der Registrierung, bei der Auszahlung von Hilfsleistungen oder auch im Sicherheitsdienst. "Ohne ihre Unterstützung wäre das nicht zu stemmen", sagt Sozialreferent Montag.
Gleich nebenan sind die Büros für die Offenen Sozialen Dienste der Diakonie. Hier erhalten die Flüchtlinge Hilfestellung bei bürokratischen Angelegenheiten, bei der Wohnungssuche oder Arbeitsvermittlung. Auch eine ärztliche Notfallhilfe bietet die Diakonie an. Wie schon zu Zeiten der Erstaufnahmeeinrichtung hat die engagierte Schweinfurter Ruhestandsärztin Dr. Rosemarie Klingele wieder ihre Ehrenamtspraxis in der Flüchtlingsunterkunft aufgeschlagen. Unterstützung soll die inzwischen 84-jährige Ärztin eventuell von zwei ukrainischen Kolleginnen erhalten.
Der Abriss wäre schlecht:
1. für das geschlossene, repräsentative Stadtbild der Blocks entlang der Niederwerrner Straße
2. für Erhalt eines historischen Stadt-Zeugnisses (statt der heutigen Neubaukisten)
3. für die Volkswirtschaft (Vernichtung von Werten!)
4. energetisch: Abbruch & Entsorgung & Herstellung neuer Materialien kostet viel Energie!
5. für Linderung der Wohnungsnot
Die 3 Blocks wären ideal für weitere Studentenwohnplätze (großer Mangel / i-Campus!)
Schlimm genug, dass fast ganz Askren Manor abgerissen wurde - mit einem Verstoß geg. die 5 Punkte! Was denken sich die Entscheidungsträger einschl. der Stadtratsmehrheit?
Sie bringen nur grüne Worthülsen und machen Augendienerei!