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Aktuelles zu den Wölfen in der Rhön: 18 tote Hühner, mehr Welpen und warum sie auf der Autobahn unterwegs sind
Ist wieder mit Wolfsnachwuchs zu rechnen? Warum sorgt der "Elmer Isegrim" für Ärger? Sind bayerische Behörden untätig? Beim Thema Wolf bleiben manche Fragen.
Ist heuer wie im vergangenen Jahr Wolfsnachwuchs (Symbolfoto) in der Rhön zu erwarten. Das ist eine der offenen Fragen beim Thema Wolf in der Region.
Foto: Getty Images | Ist heuer wie im vergangenen Jahr Wolfsnachwuchs (Symbolfoto) in der Rhön zu erwarten. Das ist eine der offenen Fragen beim Thema Wolf in der Region.
Thomas Pfeuffer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 12:24 Uhr

Während im März und April mögliche Wolfssichtungen für Furore sorgten, ist es aktuell etwas ruhiger geworden beim Thema Wolf in der bayerischen Rhön. Die vermeintliche Ruhe ändert aber nichts daran, dass die Tiere hier heimisch geworden sind, an Zahl zunehmen und zunehmend sichtbar werden dürften - sehr zur Sorge der Weidetierhalter. So wurden erst in der vergangenen Woche in Rhön-Grabfeld 18 Hühner getötet. Verursacher: möglicherweise ein Wolf.

Wo wurden aktuell in der Region möglicherweise Wölfe gesehen?

Unter anderem entstand am 12. März ein Video, das einen Wolf zeigen soll, der durch das nächtliche Steinach streift. Wenige Tage später machten Berichte von möglichen Wolfssichtungen in der Umgebung von Hohenroth die Runde. Gleich zweimal, und zwar am 21. und 24. März, lief ein Tier im Kahlgrund (Landkreis Aschaffenburg) in eine Fotofalle, das vom zuständigen Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) eindeutig als Wolf identifiziert wurde. Nach dem 8. April ging ein Video viral, das einen Wolf auf der A70 bei Schweinfurt zeigen soll. Zwischen Mönchberg und Röllbach im Landkreis Miltenberg wurde drei Tage später, am 11. April, ein Film aufgezeichnet, auf dem ebenfalls ein Wolf zu sehen sein soll.

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Sind solche Wolfssichtungen etwas Ungewöhnliches?

Derartige Sichtungen sind in Regionen, in denen Wölfe heimisch sind, nicht ungewöhnlich, darüber sind sich alle Fachleute einig. Es werden zwei Gründe genannt, weshalb die Tiere über weitere Strecken unterwegs sind. Zum einen durchstreifen Wölfe regelmäßig ihr Territorium. Zum andern verlassen Jungtiere im Alter zwischen einem und zwei Jahren jeweils im Frühjahr ihr Rudel und machen sich auf die Suche nach einem Partner und einem eigenen Revier. Dabei legen sie täglich oft mehr als 50 Kilometer zurück. Somit besteht die Möglichkeit, dass es sich bei verschiedenen Sichtungen um das gleiche Tier handelt, das weitergewandert ist.

Aktuelles zu den Wölfen in der Rhön: 18 tote Hühner, mehr Welpen und warum sie auf der Autobahn unterwegs sind

Warum ist ein Wolf im Ort oder auf der Autobahn unterwegs?

"Wölfe sind Opportunisten, sie gehen immer den einfachsten Weg", auch darüber sind sich die Fachleute bei der Beschreibung des Verhaltens von Wölfen einig. Das betrifft nicht nur die Suche nach Beute, sondern auch ihre Wanderungen. Wenn ein Wolf von A nach B will, nimmt er die schnellste, bequemste Strecke und durchquert daher - meistens nachts - auch einmal waldnahe Siedlungen. Zwar meidet der Wolf den Menschen, in Gebäuden oder in Autos nimmt er ihn aber nicht als Gefahr wahr. Letzteres wird ihm oft zum Verhängnis. Immer wieder werden die Tiere überfahren.

Wie viele Wölfe leben in der Rhön?

Die Anzahl der Wölfe, die aktuell in den Rhöner Wäldern unterwegs sind, lässt sich nicht feststellen. Dafür sind sie zu scheu. Nach offiziellen Angaben der dafür zuständigen Landesämter in Bayern, Hessen und Thüringen wurden im vergangenen Jahr neun Tiere nachgewiesen, die in der Rhön sesshaft sind: Da ist zum einen die sogenannte Zellaer Wölfin und zum andern ein Rudel auf dem Truppenübungsplatz Wildflecken, das aus zwei Elterntieren und sechs Jungtieren bestand, die im vergangenen Frühjahr das Licht der Welt erblickten. 

Was ist aktuell von der Zellaer Wölfin und ihrem Hybrid-Nachwuchs bekannt?

Die Zellaer Wölfin mit dem Laborkürzel GW1422f ist seit 2019 in allen drei Ländern der Rhön durch Nutztierrisse aufgefallen. Im Frühjahr 2022 hat sie sich mit einem Hund verpaart, im Sommer wurden als Ergebnis fünf Hybrid-Nachkommen nachgewiesen. Diese Tiere müssen unter anderem wegen ihres nicht wolfstypischen Verhaltens "entnommen" werden. Nachdem drei der Wolf-Hund-Mischlinge getötet wurden, erklärte das Kompetenzzentrum Wolf im Thüringer Umweltministerium die Maßnahme im März 2023 in Thüringen für vorläufig beendet.

Keine Auskünfte vom bayerischen LfU?

Im November 2022 wurden in Rhön-Grabfeld mehrere Weidetiere von der Zellaer Wölfin und einem ihrer Nachkommen gerissen. Das Muttertier und ein weiblicher Hybridnachkomme wurden jetzt wieder anhand von Proben nachgewiesen, die am 11. März 2023 in Rhön-Grabfeld gesammelt wurden. Nach Angaben des LfU handelte es dabei sich um Losung und sogenanntes Oestrusblut, einer Ausscheidung, die die Paarungsbereitschaft anzeigt. Daraus ergeben sich natürlich Fragen, welche Konsequenzen eine Verpaarung der Tiere mit einem Hund oder auch einem Wolf haben würde.

Solche Fragen, die in Zusammenhang mit einer möglichen Entnahme von Wolfshybriden stehen, beantwortet das LfU allerdings nicht. Dies sei ein laufendes Verfahren. Das würde durch eine "vorzeitige öffentliche Erörterung von Details erschwert", heißt es aus dem LfU. Mit einem Verweis auf das laufende Verfahren geht man beim LfU ebenso wenig auf Vorhaltungen ein, die aktuellen Probleme seien auch darauf zurückzuführen, dass man in Bayern im Gegensatz zu Thüringen bei diesem Thema untätig geblieben sei. Bis Mitte Mai soll in der Bayerischen Rhön noch nicht einmal die erforderliche Einweisung für Jäger erfolgt sein, um überhaupt ein Hybrid-Tier töten zu dürfen.

Bei Schlüchtern lief am 17. März ein Wolf in eine Fotofalle. Ob es sich dabei um den 'Elmer Isegrim' aus dem Truppenübungsplatz Wildflecken handelt, ist nicht geklärt. 
Foto: Foto Wildkamera/Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie | Bei Schlüchtern lief am 17. März ein Wolf in eine Fotofalle. Ob es sich dabei um den "Elmer Isegrim" aus dem Truppenübungsplatz Wildflecken handelt, ist nicht geklärt. 

Was weiß man vom Rudel auf dem Truppenübungsplatz?

Im Truppenübungsplatz hat sich im vergangenen Frühjahr das erste Rudel in der Rhön gebildet, als ein dort lebendes Wolfspaar sechs Welpen bekommen hat. Eines davon, eine junge Fähe (GW3067f), wurde im vergangenen Dezember auf der A7 bei Eichenzell überfahren. Wie viele Tiere das schwierige erste Jahr überstanden haben, ist nicht genau bekannt. Auch nicht, ob sie für Sichtungen verantwortlich sind. Falls beide Elterntiere überlebt haben, ist davon auszugehen, dass dieser Tage auf dem Truppenübungsplatz wieder neuer Wolfsnachwuchs das Licht der Welt erblicken und das Rudel vergrößern wird.

Warum macht der "Elmer Isegrim" Ärger?

Ein Nachkomme des Wildfleckener Rudels jedenfalls macht sich in nahen Hessen derzeit unbeliebt. Der "Elmer Isegrim", wie GW3179m in den dortigen Medien genannt wird, ist im Raum Schlüchtern aktiv, wo er in den vergangenen Wochen bei zwei Attacken insgesamt vier Schafe gerissen hat. Ob er auch für einen Angriff dieser Tage auf Weidetiere im Schlüchtener Kloster-Gehöft Gomfritz verantwortlich ist, muss erst noch ermittelt werden. 

Was tun, wenn man einem Wolf begegnet?

Menschen gehören nicht in das Beutespektrum von Wölfen. Auch wenn in den vergangenen Jahrzehnten keine Übergriffe von Wölfen in Deutschland registriert wurden, gilt, dass eine mögliche Gefährdung durch Wildtiere wie den Wolf nie zu 100 Prozent auszuschließen ist. Sollte es zu einer Begegnung mit dem Wolf kommen, sollten folgende Regeln beachtet werden:
Nicht weglaufen: Menschen sollten nicht fliehen, wenn sie einem Wolf begegnen. Das könnte seinen Verfolgungstrieb anregen. In keinem Fall sollte man dem Wolf aber auch hinterherlaufen.
Ruhe bewahren: Meist reicht es, stehenzubleiben und Blickkontakt zu halten. In der Regel bleibt der Wolf dann auch kurz stehen und zieht sich zurück, wozu er allerdings die Möglichkeit haben muss.
Vertreiben: Wenn einem der Wolf zu nahe erscheint, sollte man sich möglichst groß machen, gestikulieren, klatschen und laut rufen. Auch Gegenstände können in seine Richtung geworfen werden. Dabei sollte man sich langsam zurückziehen.
Begegnung mit Hund: Wölfe können Hunde als Konkurrent wahrnehmen. Falls ein Hund dabei ist, sollte man ihn nahe bei sich behalten und ihn in jedem Fall anleinen und sich mit ihm gemeinsam zurückziehen.
Nicht füttern: In keinem Fall darf ein Wolf gefüttert werden. Die Tiere lernen sonst sehr schnell, die Anwesenheit von Menschen mit Futter zu verbinden und suchen dann möglicherweise die Nähe von Menschen.
Quelle: top/LfU
 
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