Jetzt ist es amtlich. Die Rhön ist Wolfsgebiet. Eine Wölfin, die schon seit Monaten im Raum Oberelsbach und Bischofsheim (Lkr. Rhön-Grabfeld) immer wieder gesichtet und nachgewiesen wurde, gilt nun auch offiziell als "standorttreu". Wie das dafür zuständige Landesamt für Umwelt (LfU) in Hof am Mittwoch bekannt gab, erfüllt "GW1068f", so der amtliche Name des Tieres, nun die Voraussetzungen für eine derartige Klassifizierung. Der Landkreis Rhön-Grabfeld ist damit neben dem Nationalpark Bayerischer Wald, dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr und dem Veldensteiner Forst die vierte Region in Bayern, in der ein Wolf als heimisch angesehen wird.
Wölfe werden auf Grundlage eines bundesweit einheitlichen Verfahrens als "standorttreu" eingestuft, wenn sie in einer Region über mindestens sechs Monate eindeutig genetisch nachgewiesen werden. "GW1068f", wobei „GW“ für „German Wolf“ und das „f“ am Ende für das englische „female“ (=weiblich) steht, wurde erstmalig am 23. Juli 2018 in Rhön-Grabfeld registriert. Auch wenn verschiedene weitere Wolfs-Nachweise wie Fotos oder Tierrisse nicht individuell zuordenbar waren, kam in den folgenden Monaten die Vermutung auf, dass sich die Wölfin, deren Elternrudel im brandenburgischen Storkow lebt, in der Rhön niedergelassen hat. Am 19. März wurde wieder ein gerissenes Tier entdeckt, bei dem man einen Wolf als Verursacher vermutete. Die nun abgeschlossene Analyse der Genprobe belegte eindeutig: "GW1068f". Damit ist die Voraussetzung für die "Standorttreue" erfüllt .
Bessere Fördermöglichkeiten
Diese amtliche Klassifizierung hat unter anderem zur Folge, dass für die betroffene Region vereinfachte Fördermöglichkeiten gelten. Über einem 2012 von bayerischen Umwelt- und Landwirtschaftsministerium eingerichteten Präventionsfonds ist nun die Ausleihe von Herdenschutzzäunen möglich. Auch die Einführung von Herdenschutzhunden wird unterstützt. Sobald eine noch für dieses Jahr von der Staatsregierung angekündigte "Herdenschutzrichtlinie" inkraft tritt, würde Rhön-Grabfeld in die Förderkulisse aufgenommen.
Bisher verhielt sich die Wölfin unauffällig und hat sich weitgehend von Wildtieren ernährt. Entsprechend waren bislang keine größeren Konflikten mit Schäfern oder Jägern zu verzeichnen. Dennoch hat das LfU bereits seit Januar vorsorglich mit den Behörden und Nutztierhaltern aus dem Raum Main-Rhön Informationsveranstaltungen durchgeführt. Dabei ging es insbesondere um die mögliche Gefährdung von Nutztieren und geeignete Herdenschutzmaßnahmen. Unter anderem wurden bei einem gut besuchten Seminar verschiedene Techniken vorgestellt, wie Herdenschutzzäune wolfssicher aufgestellt werden können.
Rhönschäfer Josef Kolb sieht die Entwicklung dennoch "überhaupt nicht gelassen". Seit Monaten bereiten er und seine Kollegen sich auf den Wolf vor. Für seine etwa 400-köpfige Herde von Rhönschafen hat er drei Herdenschutzhunde angeschafft - wobei er über das Geld nicht reden will. Es sind junge Tiere, weshalb es viel Arbeit bedeute, sie zu integrieren. Die Leihzäune, die er beim LfU beantragt hat, sollen in der nächsten Woche geliefert werden.
Im Landkreis Bad Kissingen fehlt der genetische Nachweis
Ob und wann eine staatliche Unterstützung für solche Vorkehrungen in Nachbarlandskreis Bad Kissingen akut wird, bleibt offen. Zwar gibt es dort seit Mitte April den Fotonachweis über einen gesichteten Wolf. Die internationalen Kriterien für die Einstufung als "standorttreu" sind mangels genetischen Nachweises mit halbjährlichem Abstand aber nicht erfüllt.
Deshalb bestätigt ein Sprecher des Landesamtes für Umwelt auch nicht die Aussage vom Bund Naturschutz, dass der im April fotografierte Wolf seit zweieinhalb Jahren auf dem Truppenübungsplatz Wildflecken beheimatet ist. Ohne Treue zum Standort habe eine Wolf einen täglichen Radius von 50 bis 70 Kilometer. Da sei eine Festlegung über den Ort der Ansiedlung verfrüht.