Das geschichtsträchtige Gebäude wieder mit Leben füllen: das wünscht sich Georg Schirmer als Vorsitzender des Förderkreises ehemalige Synagoge Laudenbach. Rund 60 Ehrenamtliche engagieren sich seit 2013 für den Erhalt einer der ältesten noch bestehenden Dorfsynagogen in Deutschland. Denn die ist sowohl innen als auch außen in keinem guten Zustand. Die Stadt Karlstadt will das Gebäude jedoch für 770.000 Euro sanieren.
Seit dem Spätmittelalter lebten in dem Karlstadter Ortsteil Jüdinnen und Juden, von ihrer Kultur zeugen heute etwa noch der Friedhof, die Mazzenbäckerei – und das einstige Gebetshaus. Doch derzeit kann man das Gebäude, das 1657 erstmals schriftlich erwähnt und 1736 umgebaut wurde, nur von außen begutachten. Innen bröckelt der Putz von der Decke, die Treppe ins Obergeschoss und der Dachstuhl sind marode, alte Balken zerfallen.
Bis wieder Veranstaltungen mit Schulklassen oder Konzerte in der ehemaligen Synagoge stattfinden, wird aber wohl noch einige Zeit vergehen. Im November 2022 hatte der Stadtrat dem Finanzierungsplan und der Entwurfsplanung von Architekt Karl Gruber zugestimmt. 775.000 Euro soll die Sanierung des denkmalgeschützten Hauses kosten. 75 Prozent davon sollen werden gefördert. Die Eigenbeteiligung der Stadt Karlstadt als Eigentümerin liegt bei 188.000 Euro.
Aktuell ist noch nicht klar, wann die Arbeiten beginnen können
"Der Bauantrag für die Maßnahme liegt derzeit zur Bearbeitung beim Landratsamt Main-Spessart", teilt Uli Heck, geschäftsführender Beamter der Stadt, auf Anfrage mit. Es gebe diesbezüglich aktuell noch einige Fragen zu klären. Zudem liege noch kein Bescheid eines Fördergebers vor. Erst nach diesen Zusagen könnten die Arbeiten ausgeschrieben werden. "Im Anschluss wird dann auch erst der Baubeginn feststehen können."
Bis 2025 muss zumindest die auf Initiative des Bundestagsabgeordneten Bernd Rützel (SPD) in Aussicht gestellte Förderung aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm des Bundes in Höhe von 250.000 Euro abgerufen werden.
Das muss laut Planung gemacht werden
"Viele Menschen überlegen: Lohnt es sich, so viel Geld in so ein altes Haus zu stecken?", so Georg Schirmer. Nicht wenige würden sagen: Es wäre besser, die Synagoge wäre nicht mehr da. Diesen Leuten entgegne er: "Wir verarmen, wenn wir unsere Kultur zerstören – und die Synagoge ist ein Stück wechselvolle Kultur."
Ein Schwerpunkt der Arbeiten wird auf der Stabilisierung und Sicherung von Dach und Tonnengewölbe liegen: Bereits 2020 wurden die alten Ziegel entfernt und ein Notdach eingedeckt, um das Gewicht auf den alten Dachstuhl zu reduzieren. "Etliche Tonnen wurden so an Last genommen", so Schirmer. Nach der Sanierung sollen wieder Biberschwanzziegel verlegt werden.
Neue Stahlstützen und ein Fluchtweg
"1945 ist in die Außenmauer eine Granate eingeschlagen", erzählt Schirmer. "Die Wand war dann weg. Deshalb sind auch die Geschossdecken kaputt." Erhalten ist auch noch eine alte Holzsäule, die einst Teil des Altars war. Sie ist morsch, stützt jedoch als zentrales Element. Auch hier muss etwas getan werden.
Die Planungen sehen zudem unter anderem einen zweiten und barrierefreien Fluchtweg am früheren "Fraueneingang" in Richtung Mühlbacher Straße und eine neue Stahltreppe ins Obergeschoss vor. Außerdem sollen die große Öffnung zum Nachbargebäude geschlossen, Fenster und die Stützmauer zur Straße erneuert sowie der Vorplatz gestaltet werden.
Die Diskussion um die Nutzung des alten Gebäudes sei nicht immer ganz einfach gewesen, sagt Georg Schirmer. Früher habe es die Idee gegeben, die Synagoge wieder so herzurichten, wie sie einst als Gebetshaus war. "Damit wird dann aber alles retuschiert, was das Haus an Geschichte mitgebracht hat." Man wolle deshalb auch die Spuren der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und der Fremdnutzung erhalten. "Das Haus soll seine eigene Geschichte erzählen."
Die Rede ist deshalb von einer "demütigen Sanierung". Eingriffe sollen nur dort stattfinden, wo sie zwingend notwendig sind. Den Wunsch des Vereins, eine Heizung einzubauen, um auch in den kalten Monaten Veranstaltungen anbieten zu können, lehnte das Landesamt für Denkmalpflege deshalb ab. Schirmer: "So haben wir jetzt nur ein kleines Zeitfenster, in dem wir hier etwas machen können. Aber so ist es jetzt."
Die ehemalige Synagoge in Laudenbach soll wieder zum Begegnungsort werden
Er sei erst sehr erschrocken darüber gewesen, dass hier Traktoren standen. "Mittlerweile bin ich aber froh – ohne diese Nutzung würde es das Gebäude wohl nicht mehr geben", sagt Schirmer. So liegt im Inneren noch ein leichter Ölgeruch in der Luft. An den Wänden wiederum habe ein Restaurator zehn übereinanderliegende Farbschichten mit floralen Mustern aus der Synagogen-Zeit entdeckt. "In jeder Generation ist hier mit viel Liebe etwas gemacht worden. Für die jüdische Gemeinde war es das zentrale Gemeindehaus."
Und was soll nach der Sanierung mit dem Haus geschehen? "Wir verstehen uns nicht nur als Verein, der ein Gebäude erhalten will", sagt der Vorsitzende des Förderkreises. "Wir spüren einen dezidiert politischen Auftrag." Die einstige Synagoge soll wieder zum Ort der Begegnung werden, in dem nicht nur der Holocaust, sondern die ganze jüdische Geschichte in Unterfranken thematisiert wird. "Die Förderer haben ihre Zusage ja auch explizit an eine Nutzung gebunden."
Veranstaltungen für bis zu 50 Personen sind nach der Sanierung möglich
Auf der ehemaligen Frauenempore kann sich Georg Schirmer einen multimedialen Lernraum vorstellen. "Ich würde mir auch eine Belebung des kulturellen Angebots in Laudenbach und darüber hinaus wünschen." Der Verein wolle zudem das Angebot für Schulen ausbauen. Konkret denkt Schirmer dabei an Seminare zu den Themen Judentum, Antisemitismus oder Anti-Rassismus am Ort des Geschehens für verschiedene Schularten und Altersstufen. "Das Konzept erarbeiten wir gerade."
Nach der Sanierung soll dann Platz für maximal 50 Personen in der ehemaligen Synagoge sein. "Der Brandschutz muss diesbezüglich jedoch noch geprüft werden", teilt Uli Heck von der Stadt mit.
Ich möchte mal behaupten, alleine 300.000€ gehen für die denkmalschützerische Untersuchung durch das Landesamt für Denkmalpflege drauf, Grabungen, Untersuchungen zum Alter, Dokumentieren der Reste der originalen Bemalungen, evtl. Untersuchen mehrerer Farbschichten übereinander - usw.
Und diese Untersuchung hat der Bauherr zu bezahlen - nach Denkmalschutzgesetz!
Die eigentlichen Baukosten dürften also deutlich weniger kosten, aber in die Gesamtsumme fließen halt alle diese Nebenkosten für Voruntersuchungen, Dokumentationen etc. auch mit ein!