Beschimpfen lassen musste sich Herbert Pfriem schon am Telefon wegen der Preissteigerung beim Sonnenblumenöl. Genauer gesagt beim "Frankenöl" von der Erzeugergemeinschaft Kitzingen, deren Vorsitzender Pfriem ist. Sie ist eine von drei lokalen Öl-Erzeugern im Landkreis Kitzingen, neben der Ölmühle der Familie Schwanfelder in Abtswind und dem Thomasbauernhof der Gebhardts in Gnötzheim.
Dahinter stecken drei unterschiedliche Philosophien, denen eines gemeinsam ist: Die Erzeuger setzen auf kurze Wege und wollen ihre Kundinnen mit Qualität überzeugen. Und im Gespräch mit den Verbrauchern wollen sie aufklären, um dem Hamstern von Öl entgegenzutreten. Wir stellen die drei Konzepte der Direktvermarktung vor – und nennen deren aktuellen Preise.
High-Oleic-Sonnenblumen: Wie funktioniert die Erzeugergemeinschaft?
Gegründet wurde der Zusammenschluss von Landwirtinnen und Landwirten aus dem Landkreis Kitzingen bereits 1987, seit 2002 baut die "Erzeugergemeinschaft für Qualitätsgetreide und Sonnenblumenkerne Kitzingen und Umgebung" High-Oleic-Sonnenblumen an. Diese Sorte hat einen hohen Anteil an reiner, einfach ungesättigter Ölsäure. Die 400 beteiligten Betriebe stammen weitgehend aus dem Landkreis Kitzingen sowie der nahen Umgebung. Sie produzierten zuletzt rund 40.000 Flaschen à 0,5 Liter "Frankenöl" im Jahr.
Wichtig ist der Erzeugergemeinschaft die Nachhaltigkeit, die bei der Sonnenblume von Natur aus gegeben sei, erklärt Herbert Pfriem. Die Kerne werden in der Ölmühle in Rüdenhausen kalt gepresst und das Öl in regionalen Edeka-Märkten vertrieben. Der Vorsitzende sieht darin einen großen Vorteil und ist überzeugt: "Die CO²-Bilanz spielt künftig wieder eine größere Rolle."
Ölmühle Abtswind: Wie wird Öl überhaupt hergestellt?
In der Ölmühle Abtswind kann man nicht nur verschiedene Öle kaufen, sondern auch deren Produktion kennenlernen. Bei regelmäßigen Führungen bringt die Familie Schwanfelder ihren Gästen die Herstellung und Verarbeitung von Ölen und Traubenkernmehl näher. Wie Thomas Schwanfelder, neben seinen Brüdern Hans und Herbert einer der Betreiber, erläutert, stammen die Saaten dafür fast ausschließlich von Abtswinder Landwirten.
Der Betrieb, zu dem seit 2016 auch ein Gasthaus gehört, produziert rund 1000 Liter Sonnenblumenöl und ebenso viel Rapsöl pro Jahr. Die Menge an Walnuss- und Traubenkernöl ist geringer und schwankt stark. Schwanfelder verspricht "immer frisches Öl", da sie nach Bedarf und Verfügbarkeit pressen.
Bioland: Was machen Eva und Wilhelm Gebhardt vom Thomasbauernhof anders?
Eva und Wilhelm Gebhardt bewirtschaften den Thomasbauernhof in Gnötzheim seit über 30 Jahren ökologisch und gehören zum Bioland-Verband. Neben dem Ackerbau haben sie 1993 mit der Herstellung von Sonnenblumenöl begonnen, das sie selbst vor Ort aus ihren eigenen Sonnenblumenkernen pressen. Rund 4000 Liter stellen sie pro Jahr her plus eine geringe Menge Leinöl.
Neben dem eigenen Hofladen wird das Sonnenblumenöl normalerweise auch bei Geschäften bis in die Oberpfalz oder über Abos wie die Schwarzacher Öko-Kiste verkauft. Auch am Thomasbauernhof wird nach Bedarf gepresst.
Was kostet das lokal erzeugte Öl aktuell?
Das "Frankenöl" der Erzeugergemeinschaft Kitzingen ist bei regionalen Edeka-Märkten Anfang Mai für über 6 Euro pro halbem Liter zu haben. Vor den aktuellen Preissteigerungen kostete die Glasflasche 16 Jahre lang 2,99 Euro und lag damit laut Pfriem preislich am unteren Ende des höheren Segments. Er verweist auf die Kostenexplosion bei Glasflaschen und die Agrarmärkte als Preistreiber, sieht aber auch höhere Margen bei Edeka als Ursache für die Verteuerung.
In der Ölmühle Abtswind kostet ein halber Liter Sonnenblumenöl nach wie vor 3,80 Euro. Angeboten wird dort auch Rapsöl für 4,20 Euro pro 0,5 Liter. Zudem gibt es in kleinen Flaschen Öl aus Walnüssen (8 Euro für 100 ml) und aus Traubenkernen (11,20 Euro pro 100 ml) zum Verfeinern von Speisen.
Die Preise ebenfalls noch nicht erhöht haben die Gebhardts in Gnötzheim. "Aber irgendwann wird das sein müssen wegen der gestiegenen Preise für Flaschen und Energie", sagt Eva Gebhardt. Im Hofladen gibt es das High-Oleic-Bratöl für 7,70 pro 0,75 Liter. Zudem wird Leinöl (0,5 Liter für 11,90 Euro) angeboten.
Wie erleben die lokalen Erzeuger die Knappheit des Sonnenblumenöls?
Herbert Pfriem musste nicht nur einen Anruf verärgerter Leute aushalten, die sich über den Preis des "Frankenöls" beschwerten. Eine Frau schlug vor: "Dann erntet doch einfach, wenn ihr nichts mehr habt." Dass die Sonnenblumen dafür erst wachsen müssen, schien sie nicht zu wissen. Daran sehe man, so der Gemeinschaftsvorsitzende, wie entkoppelt die Verbraucher von der Landwirtschaft seien. Neben diesem grundsätzlichen Problem weist Pfriem auf den aktuellen Engpass bei Glasflaschen hin. Da deren Produktion sehr viel Energie benötigt, die wegen des Ukraine-Kriegs deutlich teurer wurde, stehen die Glasöfen teilweise still, und der Flaschenpreis zog stark an.
Auch Eva Gebhardt fragt sich, wie dieses Problem gelöst werden könnte: "Vielleicht kommen in Zukunft die Leute mit der Milchflasche zu uns und wir müssen das Öl nachfüllen. Ich weiß es nicht." Wegen der gestiegenen Nachfrage und der vielen neuen Kundinnen und Kunden beliefern die Gebhardts aktuell keine anderen Geschäfte mehr mit Sonnenblumenöl, sondern verkaufen es nur noch im eigenen Hofladen.
In Abtswind hingegen ist der Hype noch nicht angekommen, sagt Thomas Schwanfelder. Zwar hätten die Selbstvermarkter, die von ihnen beliefert werden, etwas mehr Öl bestellt, "aber es ist kein echtes Problem". Schwanfelder sieht es pragmatisch: "Wenn es weg ist, ist es eben weg." Und außerdem werde im Juli Raps gedroschen, und die neue Ernte sei demzufolge bald da.
Was empfehlen die Landwirtin und Landwirte den Verbrauchern?
Einen echten Mangel an Speiseöl befürchtet keiner der lokalen Erzeuger aus dem Landkreis Kitzingen. "Die Leute machen sich selbst verrückt", hat Thomas Schwanfelder von der Ölmühle Abtswind beobachtet. Ähnlich sieht das Herbert Pfriem, der vor Panikkäufen warnt, da sie gut funktionierende Lieferketten zerstörten. Seine Beobachtung: "Wenn über Generationen die Regale immer voll waren, können die Leute nicht damit umgehen, dass sie plötzlich leer sind."
Wie wirkt sich der Ukraine-Krieg weiterhin auf die Ölproduktion aus?
"Die große Not kommt erst ab dem nächsten Jahr, wenn sie in der Ukraine den Diesel in die Panzer schütten müssen und die Bauern nicht mehr aussäen", sagt Thomas Schwanfelder. Das Problem sieht er aber nicht auf Deutschland zukommen, sondern auf ärmere Länder.
Ähnlich beurteilt das Herbert Pfriem. Falls zudem das Wetter im Sommer nicht mitspielt, könne es eng werden – auch beim Getreide: "Dann bringen die reicheren Länder ihre Bevölkerung satt und die letzten fallen hinten runter." Aber auch auf die Erzeugergemeinschaft hätte das Einfluss. Sie kauft das Saatgut von internationalen Konzernen und verkauft es weiter an die beteiligten Betriebe. "Da ist man auf die großen Firmen angewiesen", räumt Pfriem ein – und rechnet mit steigenden Preisen.
Auf gutes Wetter hoffen auch die Gebhardts, Saaten zukaufen muss der Bioland-Betrieb aber nicht. "Nur bei einer absoluten Missernte", erklärt Eva Gebhardt. Letztes Jahr sei kalt und nass gewesen, heuer hoffe sie auf einen besseren Sommer: "Die Sonnenblume braucht Sonne und liebt es trocken."
Die Ölmühle Abtswind als auch Thomasbauernhof stellen aber kalt gepresste Öle her. Die sind für beide Einsatzzwecke absolut nicht zu gebrauchen, da sie einen viel niedrigeren Rauchpunkt haben.
Und daher ist es nur logisch, dass denen aktuell niemand die Bude einrennt, da sie nicht das haben, was fehlt - raffiniere Öle.