Vor zwei Jahren war es Klopapier, das Menschen wie verrückt kauften. Nun wird wieder gehamstert - diesmal wegen des Krieges in der Ukraine. Klaus Rüttger vom E-Center Rüttger in Bad Kissingen gibt einen Überblick, was derzeit verstärkt in den Einkaufswagen gelegt wird: "Speiseöl, Sonnenblumenöl , Pflanzenöl. Da sind drei Regalböden leer", sagt er.
An sich gäbe es keine Lieferschwierigkeiten. "Das Öl fehlt, weil sich jeder zu arg eindeckt. Normal kauft man da ein bis zwei Flaschen, jetzt sind es manchmal zehn bis zwölf." Das sei so nicht üblich, so viel Vorrat habe auch ein Großhandel nicht. Würde nicht gehamstert, wäre das Öl vorrätig, sagt er.
Sonnenblumenöl und Rapsöl sind rationiert
Aus der Pandemie hat er gelernt: "Als wir gemerkt haben, dass die Leute kartonweise Öl raustragen, haben wir die Menge begrenzt." So gibt es nur noch zwei Flaschen pro Person.
Auch Mehl werde verstärkt gekauft, davon sei aber noch genügend vorhanden. Doch wegen des Krieges könne es sein, "dass das mal knapp werden wird. Das würde sich dann in etwa einem viertel Jahr bemerkbar machen", so Rüttger.
51 Prozent des Sonnenblumenöls aus der Urkaine
Auch bei "Tegut" ist das Sonnenblumenöl beliebt. Pressesprecher Matthias Pusch beschreibt die Situation etwas anders. Laut Branchenverbänden sei die Brotweizenversorgung in Deutschland nicht gefährdet. "Bei Sonnenblumenöl sieht es etwas anders aus. Die Ukraine steht für 51 Prozent der auf dem Weltmarkt zur Verfügung stehenden Menge an Sonnenblumenöl ", so Pusch.
Das Land gehöre für Deutschland zu den wichtigsten Importländern. Wenn ein so wichtiger Rohstofflieferant ausfalle, könne das sicher nicht lange ohne Auswirkungen auf die Märkte bleiben. Daher ist der Nachschub aktuell schwierig. Limitierungen seien aktuell noch kein Thema, das könne sich aber jederzeit ändern.
Russische Waren werden hier produziert
Die Frage an Klaus Rüttger vom E-Center, ob es Waren aus Russland gibt, die derzeit schlecht lieferbar sind, verneint er: "Direkt aus Russland kommen keine Waren. Wir haben schon russische Produkte, aber die werden in Deutschland produziert."
Vor zwei bis drei Wochen sei kurzzeitig auch das Toilettenpapier verstärkt gekauft worden. Die Nachfrage sei dann aber wieder zurückgegangen.
Spendenkäufe bis zu 1000 Euro
Bemerkbar mache sich aber noch eine andere Sache: Es wird viel für Hilfslieferungen an Flüchtende und für die bereits angekommenen Geflüchteten vor Ort eingekauft. Das seien ebenfalls Mengen, die nicht normal sind. "Viele wollen spenden und kaufen Konserven ein. Da räumen manche schon mal unsere Regale leer", berichtet er - wobei keinerlei Anklage in Rüttgers Worten liegt.
"Es ist auch schon drei bis viermal gewesen, dass Leute für 1000 Euro Spenden eingekauft haben. Das macht sich dann schon in den Regalen bemerkbar". Es sei nicht selten, dass Kundinnen und Kunden kämen und für 200, 500, 1000 Euro spenden wollen.
Gestiegene Kaufmenge in den vergangenen Wochen
Manche kündigten sich vorher an und holten dann kartonweise ab, manche gingen so in den Laden, teilweise habe der Markt das den Organisationen auch geliefert: "Wir haben selbst eine Lebensmittelspende von 4000 Euro gemacht", sagt Rüttger.
Neben Konserven würden auch Hygieneartikel verstärkt gekauft. Allgemein merke er eine gestiegene Kaufmenge. Ob das jedoch alles Spenden seien oder die Menschen sich aus Angst vor einem Krieg verstärkt eindecken, kann der Inhaber des E-Centers nicht sagen.
Die Psychologie des Hamsterns
Warum Menschen Produkte hamstern, die sie nicht täglich benötigen, erklärt Antje Woytinas, Ärztin für Psychotherapeutische Medizin in Kulmbach, als eine Art "Schneeballeffekt": Wenn Leute Lücken in den Regalen entdecken, würden sie denken: "Wenn die anderen das brauchen, dann brauch' ich es auch."
Egal, ob man das Produkt wirklich benötigt. Diesen Effekt habe es zu Beginn der Corona-Pandemie mit Toilettenpapier schonmal gegeben. Jetzt passiere es mit Sonnenblumenöl , bei dem es hieß, es werde zum großen Teil aus der Ukraine geliefert. Hier würden die Leute zugreifen, ohne sich Gedanken darüber zu machen. (jg/emue)