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Haidt
Kampf gegen Lärm und Logistikzentren: So haben 3 Bürgerinitiativen im Landkreis Kitzingen ihren Protest organisiert
Mehr Laster, mehr Lärm, mehr Logistiker: In den Autobahn-Landkreis Kitzingen kommt immer mehr Lieferverkehr. Wie drei Bürgerinitiativen jetzt dagegen mobil machen.
Kitzingen hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Laster-Landkreis entwickelt, eine Spedition nach der anderen siedelt sich an. Drei Bürgerinitiativen machen inzwischen mobil. Das Bild entstand in Kitzingen.
Foto: Michael Endres (Archiv) | Kitzingen hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Laster-Landkreis entwickelt, eine Spedition nach der anderen siedelt sich an. Drei Bürgerinitiativen machen inzwischen mobil. Das Bild entstand in Kitzingen.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 26.08.2024 02:37 Uhr

Es reicht! – das steht für drei Bürgerinitiativen im Landkreis Kitzingen fest. Sie wenden sich gegen immer mehr Laster, Lärm und Logistiker in der Region. Der Landkreis ist als Schnittpunkt der Autobahnen A3/A7 und wegen der nahen A81 ein Hotspot für Lieferverkehr-Zentralen.

Wo regt sich Widerstand? Was sind die Ziele des Protests? Und wer steckt dahinter? Ein Überblick.

1. Schwarzach, Gremium B22: Angst vor Hochwasser und den Gefahren des Verkehrs

Die Schwarzacher Bürgerinitiative 'Gremium B22' demonstriert gegen die wachsende Verkehrsbelastung auf der Bundesstraße und den Bau eines Logistikterminals bei Haidt.
Foto: Peter Pfannes | Die Schwarzacher Bürgerinitiative "Gremium B22" demonstriert gegen die wachsende Verkehrsbelastung auf der Bundesstraße und den Bau eines Logistikterminals bei Haidt.

Für die BI Gremium B22 antwortet stellvertretend Wolfgang Weber.

Seit wann gibt es die Initiative?

Seit Anfang 2023, als die Planung des Logistikterminals der Firma Geis durch die Gemeinde Kleinlangheim öffentlich gemacht wurde. 

Wogegen kämpft die BI, was sind die Befürchtungen?

Das Gremium B22 will die Versiegelung einer Fläche von fast zwölf Fußballfeldern verhindern. Die Anwohner an der B22, bis zu einem Radius von 300 Metern, befürchten eine erhöhte Lärm- und Feinstaubbelastung durch zusätzlich erwartete 120 Lastwagen und unzählige Kleintransporter pro Tag, außerdem eine Belastung durch parkende Laster in Schwarzach.

Weitere Kritikpunkte: In Schwarzach könnte die Hochwassergefahr steigen, da 84.000 Quadratmeter Fläche bei Haidt/Stephansberg versiegelt werden sollen. Und auf Radfahrer und Fußgänger könnte eine erhöhte Unfallgefahr an der Kreuzung B22/KT11 zukommen. 

Was sind die Ziele?

Die BI wünscht sich den Erhalt von Ackerland und der fränkischen Naturlandschaft und ganz allgemein den Erhalt der Lebensqualität. Sie wehrt sich gegen weiteren Lasterverkehr durch Logistiker.

Wie viele Mitstreiter hat die BI?

Fast 200 Bürgerinnen und Bürger aus Schwarzach engagieren sich in der BI. Durch eine Unterschriftenaktion können 197 Mitstreiter belegt werden.

Wer ist Ansprechpartner?

Sonja Forster, Peter und Sandra Remler, Oliver Schübert und Wolfgang Weber.

Welche Aktionen gab es bisher?

Eine Unterschriftenaktion in Schwarzach. Gespräche mit Bürgermeister Volker Schmitt. Kontakt zum Bund Naturschutz (BUND) und Vogelschutzbund (LBV), Gespräche mit allen politischen Parteien. Treffen mit Landrätin Tamara Bischof; Meeting mit der Regierung von Unterfranken; Infoabend für die Bürger. Spaziergang in Haidt am Gelände des geplanten Logistikterminals.

Gab es schon erste Erfolge?

Bisher nur verhaltene Ergebnisse. Aber die Politik und das Unternehmen Geis spüren den Widerstand der Bürger.

Was ist als nächstes geplant?

Die Sorgen und Befürchtungen in die Öffentlichkeit zu tragen.

Fühlen Sie sich ernst genommen?

Die Erfahrung mit politischen Parteien ist unterschiedlich. Manchmal ist es traurig und frustrierend, wie man mit den Interessen von Bürgern umgeht. Es gab aber auch positive Unterstützung.

2. Schwarzenau, BI Verkehrssicherheit: Für Mautsäulen und den Bau einer neuen Mainbrücke 

Die BI Verkehrssicherheit Schwarzenau in Aktion: Bürgerinnen und Bürger aus dem Schwarzacher Ortsteil warnen vor den Gefahren für Fußgänger und Radfahrer.
Foto: Peter Pfannes | Die BI Verkehrssicherheit Schwarzenau in Aktion: Bürgerinnen und Bürger aus dem Schwarzacher Ortsteil warnen vor den Gefahren für Fußgänger und Radfahrer.

Für die BI Verkehrssicherheit Schwarzenau antwortet stellvertretend Jörg Blachutzik.

Seit wann gibt es die Initiative?

Die BI Verkehrssicherheit Schwarzenau wurde 2020 ins Leben gerufen. Konkretisiert hat sich das Vorhaben nach einer Infoveranstaltung in Schwarzenau im Juli 2021.

Wogegen kämpft die BI, was sind die Befürchtungen?

Seit bekannt ist, dass auf dem ehemaligen Fulgurit-Gelände im Industriegebiet Dettelbach Ost weitere Logistikcenter entstehen, gibt es die Befürchtung, dass die Infrastruktur dem stark erhöhten Verkehrsaufkommen nicht gerecht wird. Eine sichere Einfahrt in die ehemalige B 22 – jetzt Staatsstraße 2450 – ist bei Vollauslastung ohne Risiko kaum noch möglich. Probleme dürfte es auch für Radfahrer geben, die die Staatsstraße auf dem Weg nach Dettelbach und zurück kreuzen müssen. Lkw-Flotten umfahren die Autobahnmaut und nutzen die Staatsstraße. Bei Stau auf der A3 kommt man nicht mehr zu Fuß über die Staatsstraße. Die BI will industrielle Ansiedlungen nicht verhindern, sondern die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer sicherstellen.

Was sind die Ziele?

Kurzfristig: Geschwindigkeitsbegrenzungen an den beiden Ortsausfahrten; das Ausloten rechtlicher Möglichkeiten für die Errichtung von Mautsäulen im Bereich der Abfahrt der A3 zur B22. Langfristig: Aufbau einer Infrastruktur, die dem künftigen Verkehrsaufkommen gerecht wird; Bau einer Mainbrücke zur direkten Anfahrt des Industriegebiets Dettelbach Ost via A3 mit Anbindung an den Neubau der Straße nach Mainsondheim; Beseitigung von Engpässen wie der verengten Mainbrücke zwischen Schwarzach und Schwarzenau; Veränderung der für den Schwerlastverkehr zu engen Auffahrt auf die B22 in Richtung A3 und Kitzingen. 

Wie viele Mitstreiter hat die BI?

Etwa 50 Interessierte. Momentan lässt das Interesse etwas nach, was möglicherweise daran liegt, dass die Logistikkapazitäten – nicht zuletzt aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage – nicht vollends ausgeschöpft sind. Dadurch hat sich das Verkehrsaufkommen weniger stark erhöht als befürchtet.

Wer ist Ansprechpartner?

Kontaktaufnahme per Mail: BI-Verkehrssicherheit-ST2450@gmx.de.

Welche Aktionen gab es bisher?

Versammlung mit den anderen Bürgerinitiativen in Schwarzenau; Gespräch mit Dettelbachs Bürgermeister Matthias Bielek; Ortstermin während der Bauphase des Logistikzentrums Dettelbach Ost mit der Landtagsabgeordneten Barbara Becker; Aufstellen einer Plakatwand auf Ortshöhe Schwarzenau.

Gab es schon erste Erfolge?

Einrichtung einer Geschwindigkeitsbegrenzung an der vorderen Einfahrt Schwarzenau.

Was ist als nächstes geplant?

Erstellung von Flyern und  Infobroschüren, Infos über Social Media.

Fühlen Sie sich ernst genommen?

Die Anliegen wurden von der Politik zunächst verstanden und ernst genommen. Die Umsetzung konkreter Maßnahmen braucht aber Zeit, Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen. Was unverständlich ist: Durch die Ansiedlung weiterer Speditionen wird ein drohender Verkehrskollaps wissentlich in Kauf genommen.

3. BI Haidt/Stephansberg: Gegen die Versiegelung von 84.000 Quadratmeter Ackerland 

Die Bürgerinitiative Haidt-Stephansberg macht gegen den Bau des Logistikzentrums der Firma Geis auf freiem Feld mobil. Jung und Alt der beiden Kleinlangheimer Ortsteile stehen  dabei zusammen.
Foto: Peter Pfannes | Die Bürgerinitiative Haidt-Stephansberg macht gegen den Bau des Logistikzentrums der Firma Geis auf freiem Feld mobil. Jung und Alt der beiden Kleinlangheimer Ortsteile stehen dabei zusammen.

Für die BI Haidt-Stephansberg antwortet stellvertretend Harald Schellhorn.

Seit wann gibt es die Initiative?

Unmittelbar nach der Präsentation des Bauvorhabens seitens der Firma Geis und des Marktes Kleinlangheim im Dezember 2022.

Wogegen kämpft die BI, was sind die Befürchtungen?

Die BI ist gegen die Versiegelung von etwa 84.000 Quadratmetern landwirtschaftlicher Nutzfläche und fürchtet ein das Ortsbild beeinflussendes Bauwerks mit einer Höhe von 15 bis 20 Metern. Sie warnt vor einer erhöhten Belastung der KT 11 durch Autos und Schwerlastverkehr, erwartet Lärm und Lichtverschmutzung für Anwohner und Tierwelt, und sie äußert Bedenken hinsichtlich der Folgen durch Starkregen für Stephansberg und Stadtschwarzach. Kritisiert wird ein "steuerliches Unding": Auf der einen Seite werden die Anwohner im Zuge des Autobahnausbaus mit steuerfinanzierten Lärmschutzwällen und -wänden vor Belastungen geschützt; auf der anderen Seite soll nun ebenjene Belastung provoziert werden.

Was sind die Ziele?

Erhalt der Kulturlandschaft; Ansiedlung des Betriebs in einem geeigneten Gewerbegebiet; Erhalt eines Infokanals für die betroffenen Bürger.

Wie viele Mitstreiter hat die BI?

Die Unterschriftenaktion ergab 46 Unterstützer aus Haidt und Stephansberg.

Wer ist Ansprechpartner?

Kontaktperson vom Bund Naturschutz: Dieter Hofmann. Sprecher der BI: Harald und Jonas Schellhorn.

Welche Aktionen gab es bisher?

Unterschriftenaktion, Petition im Bayerischen Landtag, Spaziergang und Kundgebung vor Ort im September 2023 zusammen mit der BI B22-Stadtschwarzach, Gespräche mit Kreisräten und überregionalen Abgeordneten, Infoveranstaltungen.

Gab es schon erste Erfolge?

Die Unterstützung der Anwohner ist erhalten geblieben.

Was ist als nächstes geplant?

Erhalt der Kommunikation mit den Bürgern von Haidt und Stephansberg sowie der öffentlichen Präsenz gegen das Projekt.

Fühlen Sie sich ernst genommen?

Die Akzeptanz der BI in der Marktgemeinde Kleinlangheim ist nur sehr gering. Mit Politikern kam es zu offenen Gesprächen, in denen diese sich auch hilfsbereit zeigten.

"Der Laster-Landkreis"

Den zunehmenden Lkw-Verkehr im Landkreis Kitzingen will die Redaktion unter der Überschrift "Der Laster-Landkreis" aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten. Die verstärkte Ansiedlung von Speditionen und Logistikern verändert vieles in einer Gegend, die auch für Urlaub und Erholung steht.
Wie ist das vereinbar? Gibt es ein Zuviel? Ersticken wir irgendwann am Verkehr? Oder brauchen wir die Logistikfirmen und ihre Arbeitsplätze?
Wir fragen nach: bei den Menschen vor Ort wie in den Firmen und bei den Politikern. Daraus entstehen weitere Berichte. Bisher erschienen ist ein Überblick, welche Logistikzenten sich in den vergangenen Jahre angesiedelt haben.
Quelle: MP
 
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  • Elisabeth Hofmann
    man sollte schon realistisch bleiben mit den geforderten Massnahmen.

    Eine zusätzliche Mainbrücke für das Gewerbegebiet in Dettelbach ist ja wohl nicht gerechtfertigt für die Schwarzenauer. Dann die Forderung nach der LKW-Maut für Bundesstrassen, ist doch schon lange Realität in Deutschland.

    Wie stehen denn die Schwarzenauer zu den nahen Arbeitsplätzen, die von der Stadt Dettelbach dort mit den Infrastrukturmassnahmen gefördert werden ? ist das nichts wert ?, oder gibt es in Schwarzenau so viele Arbeitsplätze direkt vor Ort, dass man sich da keine Gedanken machen muss, wo das Geld der Einwohner verdient wird.

    gez L. Hofmann
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