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Iphofen
Am Tropf des Weltkonzerns Knauf: Wie die Stadt Iphofen in wenigen Tagen um dreieinhalb Millionen Euro ärmer wurde
Ohne die Gewerbesteuern seines Weltkonzerns wäre in Iphofen vieles nicht denkbar. Doch die großzügigen Zahlungen sind für die Stadt Fluch und Segen.
Die Zentrale von Knauf in Iphofen: Die Gewerbesteuerzahlungen des Baustoffkonzerns sichern der Stadt ein verlässliches Auskommen, bergen aber manchmal auch Überraschungen. 
Foto: Andreas Brachs | Die Zentrale von Knauf in Iphofen: Die Gewerbesteuerzahlungen des Baustoffkonzerns sichern der Stadt ein verlässliches Auskommen, bergen aber manchmal auch Überraschungen. 
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 13.03.2024 02:57 Uhr

Von einem Rekordjahr ist die Stadt Iphofen 2024 ein gutes Stück entfernt, aber in diesen besonderen Zeiten dürfen Kommunen schon zufrieden sein, wenn sie auf solide Finanzen blicken können. Nachdem die Stadt vor einem Jahr zum dritten Mal die Schwelle von 50 Millionen Euro übersprungen hatte, legte Kämmerer Günther Schell jetzt einen Haushalt von 48,7 Millionen Euro vor, den der Stadtrat am Montagabend einstimmig verabschiedet hat. Dabei zeigten sich abermals die Risiken. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Welche großen Projekte packt Iphofen dieses Jahr an?

Vor allem Investitionen in die Bau- und Verkehrsinfrastruktur gehen ins Geld. Die Fertigstellung der Gaststätte und Museumspädagogik in Mönchsondheim kostet 1,6 Millionen Euro, eine Million fließt noch einmal in den Umbau des ehemaligen Kaufhauses Stöhr in Iphofen, 790.000 Euro ins neue Baugebiet Ost IV, 740.000 Euro in die Erschließung des Industriegebiets Alte Reichsstraße und zwei Millionen Euro in die Erneuerung der Ortsdurchfahrt Birklingen.

Hinzu kommen der Ausbau des Parkplatzes am Rödelseer Tor und der Bau einer Fahrradhalle am Bahnhof (je 400.000 Euro). Die viel diskutierte Weinbergsbewässerung und das Hallenbad tauchen im Finanzplan erst unter "2028 und später" auf. Bis 2028 sind Projekte für insgesamt 83 Millionen Euro gelistet. "Wir werden Prioritäten setzen müssen", sagt Dritter Bürgermeister Jörg Schanow.

Was bedeutet die Zinswende für die Stadt Iphofen?

Für eine Stadt wie Iphofen sind die gestiegenen Zinsen eine ambivalente Sache, denn zum einen hat sie sich selbst am Kreditmarkt bedient und – man glaubt es kaum – eine Schuldenlast von 3,6 Millionen Euro zu tragen. Weil es sich dabei zum größten Teil um niedrig verzinste oder sogar zinslose Darlehen handelt, liegt die gesamte Zinslast allerdings nur bei 4700 Euro im Jahr.

Auf der anderen Seite hat die Stadt ihre 16 Millionen Euro Rücklagen in mittel- bis langfristige Anlagen gesteckt und kassiert daraus jährlich 200.000 Euro Zinserträge. Für neue Kredite sind ab sofort wieder Zinsausgaben mitzudenken, wie der Kämmerer zu bedenken gibt. Eine weitere Verschuldung sei daher "kritisch zu betrachten".

Wie viel Kredit benötigt die Stadt in diesem Jahr und wofür?

Als Nettoneuverschuldung tauchen im Haushalt 1,87 Millionen Euro auf. Finanziert werden sollen damit vorrangig die städtischen Photovoltaikanlagen auf Schule und Karl-Knauf-Halle sowie die Sanierung des Wohngebäudes auf dem Schwanberg (Gutshof).

Braucht eine reiche Stadt wie Iphofen überhaupt Kredite?

Darauf gibt es keine eindeutige Antwort. Die Stadt weist zwar ein üppiges Investitionsprogramm aus. Aber erstens setzt sie immer nur einen Teil der darin gelisteten Projekte um, und zweitens fallen über die Jahre gesehen immer wieder höhere Gewerbesteuern an als kalkuliert. Deshalb ist zwar auf dem Papier oft eine Kreditaufnahme eingeplant, die der Stadtrat auch absegnet; gebraucht wird das Darlehen aber meist nicht.

Im Übrigen gibt es im Kommunalrecht eine "Rangfolge der Einnahmen". Demnach gilt, dass die Stadt im Zweifel erst ihre Rücklagen auflösen muss, ehe sie auf Kassenkredite zurückgreift. Ausnahmen gelten nur, wenn eine andere Finanzierung "wirtschaftlich unzweckmäßig" wäre.

Am Tropf des Weltkonzerns Knauf: Wie die Stadt Iphofen in wenigen Tagen um dreieinhalb Millionen Euro ärmer wurde

Wie sehr hängt die Stadt am Tropf von Knauf?

Offizielle Gewerbesteuerzahlen einzelner Unternehmen gibt es nicht. Aber ohne die Millionen von Knauf – das ist allen Beteiligten klar – könnte sich Iphofen vieles nicht leisten. Und so blickt man im Rathaus von Jahr zu Jahr mit Hoffen und Bangen auf die Geschäfte des Global Players. Steuereinbrüche hat es – das zeigen die Schwankungen seit dem Jahr 2000 – immer wieder gegeben. Sie hängen mit schlechten Geschäftszahlen oder mit Spezialeffekten, etwa Sonderabschreibungen, zusammen, und stets geht es dabei um Knauf.

In durchschnittlichen Jahren plant die Stadt mit zwölf Millionen Euro Gewerbesteuer, in guten Jahren sind es 15 Millionen und in glänzenden Jahren auch mal über 20.

Zuletzt zeigten sich wieder die Schattenseiten der Abhängigkeit. Ende 2023 erreichte die Stadt ein Rückzahlungsbescheid: Sie musste rund 2,8 Millionen Euro Gewerbesteuer erstatten. Anfang Januar waren es dann noch einmal 600.000 Euro. "Wir sind zwischen Weihnachten und Dreikönig um dreieinhalb Millionen Euro ärmer geworden", sagte Bürgermeister Dieter Lenzer am Montag. Der Haushalt musste neu berechnet werden.

Wie viel dieser Einnahmen darf Iphofen behalten – und könnte man noch mehr abschöpfen?

Die Gewerbesteuer ist und bleibt Haupteinnahmequelle der Stadt, daneben sprudeln Einnahmen aus der Grundsteuer, Hundesteuer und Grunderwerbsteuer. Außerdem wird Iphofen vom Staat an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer beteiligt. Auf rund 16,8 Millionen Euro summieren sich diese Steuereinnahmen für 2024. Davon darf die Stadt aber nur fünf Millionen Euro behalten; der Rest geht über Umlagen an den Landkreis (7,4 Millionen), Bund und Land (1,4 Millionen), die VG (1,04 Millionen), zwei Schulverbände (887.000 Euro) und verschiedene Kitas (1,1 Millionen) wieder verloren.

Über die Hebesätze hat es die Stadt selbst in der Hand, mehr Einnahmen bei der Grundsteuer und Gewerbesteuer zu generieren. Doch in den vergangenen Jahren hat sie diesen Hebel nicht angetastet. Der Gewerbesteuer-Hebesatz wurde im Jahr 1998 sogar von 313 auf 300 Prozent gesenkt, er ist damit einer der niedrigsten in ganz Bayern und beträgt in München 490 Prozent und in Nürnberg 467 Prozent. Als der Stadtrat den Hebesatz 1998 senkte, sprach der damalige Bürgermeister Josef Mend von einem "positiven Signal an die Wirtschaft", das "langfristig" zu verstehen sei. Es hält sich bis heute.

 
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  • Richard Baumann
    Iphofen wird nicht ärmer ...
    Die Überschrift ist nicht korrekt.
    Iphofen wird dadurch nicht ärmer, korrekt wäre: Iphofen verliert an Reichtum...

    Die Rücklagen steigen immer dann stark an, wenn es Kommunalkredite zum "Nulltarif" gibt.
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