Vordergründig geht es um Wasser, aber es geht in dieser Geschichte, deren Ausgang gänzlich ungewiss ist, auch ein bisschen ums Prinzip und ums Rechthaben. Die Geschichte geht so: Weil es in der Gegend immer trockener wird und etliche Iphöfer Winzer sich um ihre Weinstöcke und um ihre Existenz sorgen, wollen sie Wasser herbeischaffen. Nicht mehr in Fässern oder Tanks wie bisher, sondern systematisch – mittels einer Leitung zum Main in Kitzingen. Von dort sollen im Winter bis zu 200.000 Kubikmeter entnommen und in einen oberirdischen Speichersee gepumpt werden.
Ein Megaprojekt mit gigantischen Kosten von mehr als 20 Millionen Euro, gefördert vom Freistaat Bayern als Pilotversuch, bekämpft von den Grünen in Kitzingen als "ökologischer Schildbürgerstreich" und "reine Geldverschwendung".
Iphofens Winzer und auch der dortige Stadtrat, der sich hinter das Vorhaben gestellt hat, könnten die Kritik, die ihnen in der Sache entgegenschlägt, als Theaterdonner abtun. Als den Versuch einzelner Räte oder einer ganzen Partei, sich zu profilieren. Dummerweise aber brauchen sie, um ihr Ziel zu erreichen, nicht nur Kitzingen, sondern auch Mainbernheim. So wie das Projekt konzipiert ist, wird die Leitung jeweils über öffentlichen Grund laufen, und dazu müssten beide Städte Wegerechte gewähren.
In Mainbernheim ist es die SPD, die sich vor einem Jahr offen gegen das millionenschwere Modellprojekt gestellt hat: weil nicht geklärt sei, wie sich die "erheblichen Wasserentnahmen aus dem Main langfristig" auswirkten, aber auch, weil Landwirte und Gärtner bislang nicht in den Genuss von Fördergeldern kämen.
Was die Grünen in ihrer Ablehnung so entschlossen macht, hat ihr Vertreter Klaus Sanzenbacher am Donnerstagabend im Kitzinger Bau- und Umweltausschuss noch einmal erläutert. Ursprünglich wollte Sanzenbacher den Punkt zwar vertagt wissen, weil es in der Sache "nichts Neues" gebe. Doch nachdem eine knappe Mehrheit seinen Antrag abgelehnt hatte, wiederholte er seine bekannte Kritik: dass es sich bei der Bewässerung um ein "reines Privatvorhaben" handle; dass die geplante Leitungstrasse vor allem Sickershausen treffe; dass Alternativen zur Entnahme von Mainwasser nicht ausreichend geprüft worden seien. Alles Punkte, die Sanzenbacher schon im Juli 2022 vorgebracht hatte, als die Iphöfer mit großer Delegation im Ausschuss erschienen waren und intensiv um das Projekt geworben hatten.
Seither, so Sanzenbacher, sei nicht viel passiert. "Iphofen hatte anderthalb Jahre Zeit, eine anständige Planung vorzulegen." Aber gekommen sei nur ein "stümperhafter Plan", der den Leitungsverlauf kaum erkennen lasse, und auf dieser Grundlage solle der Kitzinger Stadtrat jetzt einen "Freibrief" ausstellen. "Das wäre so, als würde ich einen Bauantrag für ein Haus einreichen, ohne überhaupt zu wissen, auf welchem Grundstück ich baue", sagte Sanzenbacher.
Oberbürgermeister Stefan Güntner (CSU) bedauerte, "leider keinen genaueren Plan" präsentieren zu können. Aber genau deshalb habe Iphofen ja die Planungsleistung für das Projekt in einem sogenannten VgV-Verfahren europaweit ausgeschrieben. Drei Fachbüros hätten sich gemeldet – für eines werde sich die Stadt jetzt entscheiden. Dass Iphofen vor einer kostspieligen Vergabe wissen sollte, wie sich Kitzingen in der Sache entscheide, hält Güntner für einen Akt der Fairness. Sanzenbacher blieb bei seiner grundsätzlichen Kritik: "Ich würde mit einer solchen Planung an keine Gemeinde herantreten und um Wegerechte bitten."
Dass in der Sache immer noch mit Zahlen aus dem Jahr 2014 argumentiert werde, kritisierte auch Umweltreferent Uwe Hartmann (Bayernpartei) scharf. Fließgeschwindigkeit, Wassertemperatur des Mains – dafür müssten "aktuelle Zahlen" auf den Tisch. "Das ist doch eine Eselei, die wir hier betreiben."
Wie eine Abstimmung über den Antrag der Grünen im Kitzinger Stadtrat ausgehen könnte, ist kaum abzuschätzen. Sanzenbacher sagte, er brauche weder ein Pilotprojekt, um zu wissen, dass es "natürlich möglich" sei, eine sieben Kilometer lange Leitung vom Main nach Iphofen zu bauen, noch erkenne er die Notwendigkeit, die Weinberge künstlich zu bewässern. "Wir hatten jetzt zwei Trockenjahre – mit jeweils guten Ernten der Winzer."
Überdies handle es sich in Iphofen um ein "reines Privatvorhaben", was der OB bestritt, weil der Freistaat bis zu zehn Millionen Euro Fördermittel in Aussicht stelle und es schon deshalb von öffentlichem Interesse sei. Güntner kündigte an, "in der nächsten, spätestens übernächsten Sitzung" ein Votum herbeiführen zu wollen; Stand heute wären das der 19. Oktober oder 16. November.
Die Weinbergsbewässerung hängt am Votum Kitzingens
In einer Mail vom 30. August an Güntner und seinen Mainbernheimer Kollegen Peter Kraus schreibt Iphofens Bürgermeister Dieter Lenzer: "Nach wie vor gehen wir davon aus, dass die Leitungsführung auf öffentlichem Grund in kooperativer und nachbarschaftlicher Abstimmung möglich ist." Dann folgt der entscheidende Satz: "Ohne Trasse kein Projekt."
Verweigert Kitzingen seine Zustimmung, die Leitung über öffentliches Terrain laufen zu lassen, wären die Iphöfer gezwungen, sich mit sämtlichen privaten Grundstückseigentümern über eine Wegenutzung zu verständigen. Auf die Frage, wie realistisch das Projekt dann noch wäre, hieß es am Donnerstag im Kitzinger Bauausschuss: gleich null.