
Von Gas und Öl hat sich die Stadt Iphofen schon vor Jahren weitgehend losgesagt. In Einrichtungen wie Rathaus, Sporthalle oder Hallenbad versorgt sie sich seit 2009 mit Nahwärme aus dem eigenen Biomasseheizwerk, gespeist mit Hackschnitzeln aus dem Stadtwald. Ein Musterprojekt, das inzwischen auch auf Privathaushalte und Geschäfte in der Altstadt erweitert ist und sich in der aktuellen Energiekrise bezahlt macht. Nun will die Stadt auch beim Strom so autark wie möglich werden: mithilfe einer gigantischen Photovoltaikanlage, die im Jahr bis zu 460.000 Kilowattstunden (kWh) Strom erzeugen soll und Teile der städtischen Infrastruktur auch im Falle eines Blackouts aufrechterhalten kann.
Der Blackout, jener großflächige Zusammenbruch der Stromversorgung, ist das am meisten gefürchtete Phänomen dieser Tage. Kommt es zu unerwarteten und starken Schwankungen, etwa durch einen punktuellen und zu hohen Stromverbrauch, kann das Netz aus dem Gleichgewicht geraten und kollabieren. Die Stadt Iphofen hat im Angesicht der allgemeinen Krisenlage Vorsorge getroffen und beschlossen, Notstromaggregate zu beschaffen, um kritische Infrastruktur wie Altenbetreuungszentrum, Biomasseheizwerk oder Kläranlage aufrechtzuerhalten. Längerfristig will sie aber nicht auf solche Provisorien angewiesen sein, sondern "größer denken", etwa in Form eigener Photovoltaikanlagen, die in diesem Fall auf ein relativ kleines Areal konzentriert sind und zu einer Art Energiepark zusammengespannt werden.
Das aktuelle Projekt besteht aus mehreren Komponenten, die Steffen Hoh vom Ingenieurbüro Hoh aus Biebelried am Montagabend nochmals im Stadtrat vorstellte. Da ist zum einen die Anlage selbst: Solarmodule auf den großen Dächern der Karl-Knauf-Halle und – wenn die Belastungsproben halten – auf sämtlichen verfügbaren Dachflächen der Grund- und Mittelschule. Zusammengerechnet kommt man so auf eine Erzeugerleistung von 461 Kilowatt Peak (kWp). Damit könnte die Stadt etwa die Karl-Knauf-Halle zu zwei Dritteln autark versorgen, den Rest des Stroms bezieht sie aus dem öffentlichen Netz. Und: Im Falle eines großflächigen Versorgungsausfalls wäre sie in der Lage, einige Tage zu überbrücken. Die Photovoltaikanlage könnte in jedem Fall weiterbetrieben werden und elektrische Energie liefern.
Die Batteriespeicher sind jeweils nicht größer als ein Kleiderschrank
Möglich wird das durch einen Batteriespeicher in Lithium-Ionen-Technologie, vier kleine Container, die kaum größer sind als ein Kleiderschrank. Jeder einzelne verfügt über eine Leistung von 68,5 Kilowatt und ist notstromgeeignet. Herzstück der Anlage ist eine Trafostation, die akkurat auf das Vorhaben abgestimmt ist. Der Vorteil: Die Anlage wird so geschaltet sein, dass sie nicht nur gebäudebezogen Strom erzeugt, sondern Energie für das gesamte Areal bereitstellt. Dadurch erhöht sich die Wirtschaftlichkeit. Bei Bedarf könnte später auch noch das Dach des Hallenbads mit Solarmodulen belegt werden.
Im Stadtrat zeigte man sich elektrisiert von dem Projekt. Ingenieur Hoh versetzte dem Gremium zwar einen kleinen Stromstoß, als er auf die Investitionskosten verwies: 1,57 Millionen Euro. "Wir müssen sehen, wie wir das finanzieren", sagte Bürgermeister Dieter Lenzer mit Verweis auf die anstehenden Haushaltsberatungen. Doch viele sahen es wie Jürgen Adler und Hans Brummer: Die Stadt solle das Projekt forcieren und so schnell wie möglich umsetzen. "Es kann uns in vielen Situationen helfen", sagte Adler, "und sollte deshalb auf der Liste ganz oben stehen." Jeweils rund eine Viertelmillion Euro kosten die Photovoltaikanlagen auf Sporthalle und Schule, 850.000 Euro kommen für Speicher und Trafostation dazu.
Die Photovoltaikanlagen könnten schon Ende 2023 in Betrieb gehen
Im Idealfall könnte die gesamte Anlage Ende 2023 an den Start gehen. Größere Lieferprobleme bei den Modulen erwartet Steffen Hoh nicht, der Engpass könnte eher bei der Trafostation entstehen. Die Technik sei "extrem nachgefragt" und habe Lieferzeiten von einem halben Jahr. Und wann hat sich das Projekt amortisiert? Für Hoh steht die Stadt nach etwa 18 Jahren auf der Sonnenseite. Danach trete sie – ausgehend von einem kalkulierten Netto-Strombezugspreis von 32 Cent je Kilowattstunde – in die Gewinnzone ein. Der Batteriespeicher hat seinen Angaben zufolge eine Lebenszeit von mindestens 17 bis 20 Jahren und verfüge nach 9000 Ladezyklen immer noch über eine hohe Speicherkapazität von 70 Prozent. Von diesen Zahlen zeigte sich auch der Stadtrat überzeugt: Er brachte das Projekt mit einem einstimmigen Votum auf den Weg.