Der Landkreis Haßberge hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 klimaneutral zu werden. Ein erster Schritt hierzu wurde jetzt in der jüngsten Sitzung des Kreistags gemacht: Die Kreisrätinnen und -räte verabschiedeten einstimmig ein Klimaschutzkonzept für den Landkreis Haßberge, das zuvor im Umwelt- und Werkausschuss sowie auf Grundlage einzelner Anträge verschiedener Parteien erarbeitet worden war. Das Papier umfasst insgesamt 14 Seiten, auf denen in der Hauptsache unmittelbare und mittelbare Maßnahmen für mehr Klimaschutz zusammengetragen sind. Das Konzept im Überblick:
Welche unmittelbaren Maßnahmen der Landkreis in Sachen Klimaschutz ergreifen will
Als kommunale Gebietskörperschaft hat der Landkreis – im Rahmen seines Aufgabenbereichs – die Möglichkeit, Klimaschutzmaßnahmen in der Kernverwaltung des Landratsamts, dem Abfallwirtschaftsbetrieb und den Haßberg-Kliniken umzusetzen, wie es im Konzept einleitend heißt. "Sie betreffen insbesondere die eigenen Liegenschaften sowie deren Bewirtschaftung und Energieversorgung. Darüber hinaus allgemein den Dienstbetrieb oder Auftragsvergaben."
1. Interner Dienstbetrieb
Das Klimaschutzkonzept sieht unter anderem vor, dass in der Dienstwagenflotte des Landkreises der Anteil reiner E-Fahrzeuge erhöht werden soll. Passend dazu will man die kreiseigenen Liegenschaften mit entsprechenden Schnellladepunkten ausstatten. Des Weiteren soll sowohl intern wie extern "soweit möglich und zulässig" papierlos kommuniziert werden. Außerdem sollen dem Klimaschutzkonzept nach bei Veranstaltungen, Sitzungen oder der Bewirtung von Gästen künftig nachhaltig erzeugte Produkte zum Einsatz kommen – als Beispiele genannt werden hier unter anderem Fairtrade-Erzeugnisse oder Mehrweggeschirr.
2. Schulverwaltung
Der Landkreis Haßberge ist Sachaufwandsträger mehrerer weiterführender und berufsbildender Schulen. Von diesen sollen – soweit noch nicht der Fall – bei Veranstaltungen im Sinne der Nachhaltigkeit nun Fairtrade-, Mehrweg- und Recyclingprodukte verwendet werden. Das Klimaschutzkonzept sieht außerdem ein anteiliges Angebot von Fairtrade-Produkten im Pausenverkauf und in den Snackautomaten vor. Zudem sollen die Schulen in puncto Energieverbrauch, etwa durch Schulungen des UBiZ, sensibilisiert werden.
3. Hochbauverwaltung
Im Klimaschutzkonzept festgehalten ist, dass auf allen landkreiseigenen Gebäuden das Potenzial für Dachflächen-Photovoltaikanlagen ausgeschöpft werden soll. Gleichzeitig will man in den Gebäuden den Energieverbrauch sowie den Anteil fossiler Energieträger beim Heizen verringern. Bei Baumaßnahmen soll vermehrt auf nachhaltige Baustoffe gesetzt werden. Ebenso spielt bei den Außenanlagen der Gebäude nun deren klimafreundliche und ökologisch wertvolle Gestaltung eine zentrale Rolle. Vorgesehen sind hier beispielsweise auch Zisternen, um Regenwasser auffangen und nutzen zu können.
4. Tiefbauverwaltung und Grünpflegebetrieb
Wie es im Klimaschutzkonzept heißt, besteht bereits seit Jahren ein Grünpflegekonzept für Straßen, das den Artenschutz entlang der Kreisstraßen fördert. Bei anstehenden Straßensanierungen werde auf das Verkehrsaufkommen und die Bedeutung der Straße geachtet, "sodass stets eine angemessene Art der Sanierung gewählt wird". Ist ein Streckenausbau erforderlich, werde ein Leitfaden des Bayerischen Bauministeriums zum umwelt- und ressourcenschonenden Planen und Bauen herangezogen. Dem Klimaschutzkonzept nach soll zudem in Sachen Grünpflege der Einsatz von akkubetriebenen Kleingeräten geprüft werden.
5. Abfallwirtschaft
Mit dem Möbel-ZAK-Projekt und den Wühlkisten werde im Landkreis bereits großes Augenmerk auf die Abfallvermeidung gelegt. Um diese weiter zu verbessern, sieht das Klimaschutzkonzept unter anderem vor, dass die Einrichtung von "Recyclinghof-Läden" geprüft werden soll. Die Idee dahinter: In den Läden könnten am Wertstoffhof abgegebene, funktionstüchtige Altgeräte direkt an andere Bürgerinnen und Bürger abverkauft werden. Ferner soll das bereits bestehende Abfallkonzept des Landkreises aktualisiert werden. Auch die Sammlung von Altfett zur Gewinnung von Bio-Treibstoff ist im Klimaschutzkonzept aufgeführt.
6. Öffentlichkeit und Breitenwirkung
Seit den 1990er-Jahren fördert der Landkreis den Betrieb des UBiZ und dessen Energieberatung. Das Klimaschutzkonzept sieht nun eine Stärkung des Umweltbildungszentrums vor: Die Fördermittel sollen angehoben werden, um so die Bildungs- und Beratungsarbeit ausweiten zu können. Darüber hinaus soll ein gesamtgesellschaftlicher Dialog entstehen, geplant ist hier etwa die Schaffung einer neuen Plattform in Form einer "Landkreis-Klimakonferenz" mit Akteurinnen und Akteuren aus Kommunalpolitik, Wirtschaft, sonstigen Organisationen und Umweltverbänden. Auch die Geschäftsordnung des Kreistags soll geändert werden: Anträge von Fraktionen und Mitgliedern des Gremiums "müssen neben einem finanziellen Deckungsvorschlag regelmäßig nachhaltig sein und eine Bewertung zur Klimaauswirkung umfassen", heißt es im Konzept.
7. Naturschutz
Neben den bereits laufenden Maßnahmen in Sachen Naturschutz, etwa zum Erhalt der Artenvielfalt, führt das Klimaschutzkonzept die Umsetzung des Zonierungskonzepts für Windkraftanlagen im Landschaftsschutzgebiet an. Diese soll zunächst in den Haßbergen, später auch im Steigerwald beziehungsweise den Bereichen, die dort in der Zuständigkeit des Landkreises liegen, erfolgen.
8. Öffentliche Aufträge
Dienstleistungen, bei denen der Landkreis private Anbieter beauftragt, sollen fortan klimafreundlich eingekauft werden. Das heißt zum Beispiel, dass, wenn Postdienstleistungen vergeben werden, hierbei nun der CO₂-Ausstoß der Transportfahrzeuge berücksichtigt wird. Für den ÖPNV nennt das Klimaschutzkonzept die Vorgabe, dass ein Teil der Fahrzeuge des Dienstleisters mit Biokraftstoff, Wasserstoff oder batterieelektrisch angetrieben wird. Gleiches soll für die Müllentsorgung gelten. Auch die Beschaffung allgemein will der Landkreis in Zukunft nachhaltig gestalten.
Welche mittelbaren Maßnahmen der Landkreis in Sachen Klimaschutz ergreifen will
"In vielen Bereichen der Klima- und Energiewende hat der Landkreis selbst kommunalrechtlich keine Zuständigkeit", heißt es im nächsten Teil des Klimaschutzkonzepts. Der Landkreis könne hier aber eine Koordinierungs- und Beratungsfunktion einnehmen oder über seinen Spitzenverband versuchen, politisch Einfluss zu nehmen.
1. Energieversorgung
Um bis 2030 klimaneutral zu werden, setzt der Landkreis auf den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien. So sollen bis dahin Photovoltaik-Freiflächenanlagen mit einer Leistung von 600 Megawatt Peak (MWp) errichtet und gleichzeitig die Wertschöpfung im Landkreis gehalten werden. Ebenfalls angestrebt ist ein Ausbau der Windenergie. Das Klimaschutzkonzept sieht außerdem die Gründung eines gemeinsamen Regionalwerks der Kommunen im Landkreis sowie eine gemeindeübergreifende Wasserstoffstrategie vor.
Weitere Punkte: Konzepte für ein landkreisweites Projekt zur CO2-Speicherung in Bio-Kohle sowie zur Erweiterung der Biogasproduktion um massereiche Blühwiesen. Zudem soll es eine Wärmestrategie für den Landkreis geben und auch einen Ausbau der Stromnetze. Hierbei ist der Landkreis allerdings insgesamt auf das Mitwirken anderer Akteure, wie etwa der GUT oder der Kommunen, angewiesen. Letzteren empfiehlt der Landkreis im Klimaschutzkonzept, zur Umsetzung der Klimaneutralität bis 2030 einen gemeinsamen Klimaschutzpakt zu verabschieden.
2. Ökologische Bewirtschaftung von öffentlichen und privaten Grünflächen
Zusätzlich zu bereits bestehenden Projekten, wie beispielsweise der Streuobstbörse, will der Landkreis alte Streuobstbestände erhalten und ergänzen, wie es im Klimaschutzkonzept heißt. Unter anderem soll es daher eine Initiative zur Anlage eines Sortengartens geben. Die Gartenkultur insgesamt soll durch den Ausbau des Netzwerkes "Gartenparadiese Haßberge" gefördert werden. Was die ökologische Bewirtschaftung von Grünflächen betrifft, sollen dem Klimaschutzkonzept nach die bereits gesetzten Ziele weitergeführt und ausgebaut werden.
3. Förderprogramme durch den Landkreis
Der Landkreis will den Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur für E-Autos weiter unterstützen. Vorgesehen ist dazu unter anderem, dass das Klimaschutzmanagement anhand des zu erwartenden Bedarfs an Ladepunkten die notwendigen Standorte sowie die Anzahl derselben ermittelt und Stadtwerke sowie Gemeinden berät. Bereits vor einigen Jahren hat der Landkreis eine ergänzende Förderung in Sachen Ladeinfrastruktur für E-Mobile zu den staatlichen Förderprogrammen für Kommunen und kommunale Betriebe aufgelegt. Hier stünden noch Mittel zur Verfügung.
Im Klimaschutzkonzept ist außerdem festgeschrieben, dass Empfänger kreislicher Zuschüsse Aufträge nachhaltig und klimafreundlich vergeben sollen. Das Klimaschutzmanagement soll hier zunächst bei sinnvollen Vorgaben für die kreislichen Förderrichtlinien helfen. Ferner will der Landkreis Klimaschutzprojekte in der Region unterstützen und dazu dem "Fonds für Klimaschutz und Nachhaltige Entwicklung der Europäischen Metropolregion Nürnberg" beitreten.
Das Klimaschutzkonzept tritt zum 1. November 2022 in Kraft und wird jährlich fortgeschrieben.