Der Landkreis Haßberge will bis 2030 klimaneutral sein. Es sollen dann also klimaschädliche Gase entweder gar nicht mehr ausgestoßen oder ihr Ausstoß an anderer Stelle wieder ausgeglichen werden. Seit Kurzem und zum ersten Mal in seiner Geschichte beschäftigt der Landkreis vor diesem Hintergrund nun eine eigene Klimaschutzmanagerin. Lisa Kötting hat die Stelle zum 1. August 2022 angetreten. Für die gebürtige Friesenhäuserin ist das Ganze ein Heimspiel. Mit der Redaktion hat die 26-Jährige unter anderem darüber gesprochen, warum der Landkreis gegenüber anderen schon einen Vorsprung hat, und verraten, wie sie möglichst alle für den Klimaschutz gewinnen will.
Lisa Kötting: Machbar.
Kötting: Das Gute ist, dass wir im Landkreis Haßberge nicht bei null starten, sondern meiner Meinung nach schon auf einem hohen Level sind. Es wurde in der Vergangenheit schon viel gemacht, obwohl es noch keine eigene Klimaschutzstelle gab. Da ist zum Beispiel die GUT, die den Ausbau der Erneuerbaren Energien im Landkreis vorangebracht hat und weiter anschiebt, oder auch das Regionalmanagement, die Wirtschaftsförderung und das UBiZ. In Fachkreisen gilt der Landkreis als Vorreiter in Sachen Klimaschutz und Erneuerbare Energien.
Kötting: Dazu muss ich erst etwas ausholen: Beim Klimaschutz geht es im Großen und Ganzen darum, Treibhausgase einzusparen. Besonders im Fokus steht dabei der Ausbau der Erneuerbaren Energien. Der Anteil an grün erzeugtem Strom soll erhöht und fossile Energieträger sollen dadurch ersetzt werden. Daneben spielen in Sachen Klimaschutz zum Beispiel die Sektoren Verkehr, Land- und Forstwirtschaft sowie Bauen und Sanieren zentrale Rollen. Wichtig sind aber gleichzeitig auch weiche Faktoren wie Bildung, Konsum und Ernährung. Mir ist es wichtig, Klimaschutz in dem größeren Kontext der Nachhaltigkeit zu betrachten, die auf den Bereichen Ökonomie, Ökologie und Soziales fußt. Diese drei Aspekte habe ich als Klimaschutzmanagerin somit besonders im Blick.
Kötting: Meine Aufgabe ist zunächst, eine Strategie zu erstellen, mit der das Ziel der Klimaneutralität bis 2030 erreicht werden soll. Es gilt Treibhausgas-Emissionen einzusparen oder an anderer Stelle wiedergutzumachen. Anfangen werde ich mit einer IST-Analyse, aus der dann konkrete Maßnahmen abgeleitet werden sollen, um den Landkreis bis 2030 klimaneutral zu machen. Mir ist dabei natürlich klar, dass sich zum Beispiel der Ausbau der Erneuerbaren Energien leichter umsetzen lässt als eine Verkehrswende im ländlichen Raum. Kein oder wenig Individualverkehr wäre in der Region einfach Wunschdenken. Auf vieles hat man auch nur begrenzt Einfluss, teilweise ist man komplett von den Entscheidungen auf Bundesebene abhängig. Aber es gibt immer die Möglichkeit, kleine Anreize zu setzen. Auf den Verkehrssektor bezogen wäre das zum Beispiel eine Verbesserung der Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge im Landkreis.
Kötting: Nein, das Ziel sollte vielmehr eine interkommunale Klimaschutzstrategie sein – das Einverständnis der externen Akteure vorausgesetzt. Und diese soll maßgeschneidert für die Region sein, in der wir leben. Für mich ist es eine besondere Herausforderung, den Klimaschutz in meinem Heimatlandkreis aktiv gestalten zu können und zu dürfen. Insgesamt ist das aber etwas, was sich nicht innerhalb von zwei Jahren umsetzen lässt. Es ist ein längerer Prozess, an dem viele Leute beteiligt sind. Der Ausgangspunkt ist das Klimaschutzkonzept, das nun im Kreistag beschlossen werden soll. Bis Anfang 2023 soll dann ein grobes Gerüst der Strategie für das Klimaneutralitätsziel 2030 stehen. Die IST-Analyse des Treibhausgas-Ausstoßes und die Ableitung von konkreten Maßnahmen sind nur ein erster Schritt. Solche ersten Schritte sind aber maßgeblich dafür, dass Maßnahmen für mehr Klimaschutz nicht nur in der Verwaltung bleiben, sondern in die Breite getragen werden. Andere Akteure wie Kommunen, Vereine und Unternehmen und natürlich unter dem Strich auch alle Bürgerinnen und Bürger sollen mitmachen.
Kötting: Mein Credo ist: Klimaschutz muss Spaß machen. In der öffentlichen Diskussion wird oft der Eindruck erweckt, dass Klimaschutz nur mit Verzicht und Kosten zu tun hat. Vergessen wird dabei, dass, wenn wir jetzt nichts tun, die Kosten durch die verursachten Klimaschäden noch viel größer sein werden. Meiner Meinung nach sind es schon kleine Änderungen, mit denen jede und jeder etwas für den Klimaschutz tun kann. Das kann zum Beispiel die Entscheidung sein, beim Essen mal auf Fleisch zu verzichten und regional einzukaufen oder das Auto stehenzulassen und stattdessen das Fahrrad zu nehmen. Oder einfach das Licht auszuschalten, wenn man es nicht braucht. Wer das bewusst macht, hat irgendwann Spaß daran und merkt: Ich tu' was für den Klimaschutz und es ist eigentlich ziemlich einfach. Ganz wichtig ist auch der Ansatz des Landkreises, den Klimaschutz mit regionaler Wertschöpfung zu verknüpfen, damit am Ende die Menschen, die hier leben, davon profitieren und wir in der Zukunft sagen können, die Investitionen haben sich gelohnt.
Kötting: Aus rein wissenschaftlicher Sicht würde ich jetzt sagen, dass wir zeitlich natürlich schon viel verpasst haben. Aber es wäre falsch, nur in die Vergangenheit zu blicken und zu denken: Hätte, hätte. Das Hier und Jetzt ist das, was zählt, und der Landkreis ist schon auf einem sehr guten Weg in Sachen Klimaschutz. Nicht zuletzt ist in vielen Menschen, die im Landkreis aufgewachsen sind und hier leben, eine Verbundenheit zur Natur von Haus aus verankert. Wer zum Beispiel in der Land- oder der Forstwirtschaft tätig ist, merkt schon jetzt wie drastisch die Veränderungen sind. Es ist also höchste Zeit für mehr Klimaschutz.